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Ramdohr, Basilius von: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredlung und Verschönerung. Dritten Theils zweyte Abtheilung: Neuere Geschichte der Geschlechtsverbindung und Liebe. Leipzig, 1798.

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Er theilt die Liebe der Menschen zu einander ein, in die himmlische oder Seelenliebe, in die thierische, und in die zusammengesetzte, wenn Körper und Seele zugleich geliebt werden. "Diese letzte Liebe hat mehrere Stufen. Erstlich: man liebt vorzüglich die Seele und den Körper in untergeordneter Maße, als einen Abglanz der Seele, durch die edleren Sinne. Dieß ist die anständige und tugendhafte Liebe (amore cortese o honesto, virtuoso, gentile.)

"Oder man liebt die Seele zuerst, und dann den Körper, aber den letztern mit allen Sinnen. Hält man sich nun hier in den Grenzen der Ehrbarkeit und der Mäßigung, so ist dieß eine gut bürgerliche Liebe: (amore civile.) Liebt man aber hauptsächlich den Körper, und die Seele nur beyher, so ist dieß eine gemeine pöbelhafte Liebe (amore volgare o plebejo.)"

"Varchi hält in der himmlischen Liebe den Liebenden für edler als den Geliebten. In her gewöhnlichen hingegen hat nach seiner Meinung der Geliebte den Vorzug. In der ersten findet der Liebende immer Gegenliebe, seine Neigung schränkt sich auf einen Gegenstand ein, zieht diesen seiner eigenen Person vor, und ist keinem Wechsel und keinem Ende unterworfen. Alles, was der Körper an Reizen verliert, wächst der Seele zu!"

"Die Liebe überhaupt erklärt er für das Verlangen, das Schöne im Schönen hervorzubringen, entweder in

Lione 1560, und dann Lezzioni d'amore di Benedetto Varchi; Fiorenza 1561 vor mir.

Er theilt die Liebe der Menschen zu einander ein, in die himmlische oder Seelenliebe, in die thierische, und in die zusammengesetzte, wenn Körper und Seele zugleich geliebt werden. „Diese letzte Liebe hat mehrere Stufen. Erstlich: man liebt vorzüglich die Seele und den Körper in untergeordneter Maße, als einen Abglanz der Seele, durch die edleren Sinne. Dieß ist die anständige und tugendhafte Liebe (amore cortese o honesto, virtuoso, gentile.)

„Oder man liebt die Seele zuerst, und dann den Körper, aber den letztern mit allen Sinnen. Hält man sich nun hier in den Grenzen der Ehrbarkeit und der Mäßigung, so ist dieß eine gut bürgerliche Liebe: (amore civile.) Liebt man aber hauptsächlich den Körper, und die Seele nur beyher, so ist dieß eine gemeine pöbelhafte Liebe (amore volgare o plebejo.)

„Varchi hält in der himmlischen Liebe den Liebenden für edler als den Geliebten. In her gewöhnlichen hingegen hat nach seiner Meinung der Geliebte den Vorzug. In der ersten findet der Liebende immer Gegenliebe, seine Neigung schränkt sich auf einen Gegenstand ein, zieht diesen seiner eigenen Person vor, und ist keinem Wechsel und keinem Ende unterworfen. Alles, was der Körper an Reizen verliert, wächst der Seele zu!“

„Die Liebe überhaupt erklärt er für das Verlangen, das Schöne im Schönen hervorzubringen, entweder in

Lione 1560, und dann Lezzioni d’amore di Benedetto Varchi; Fiorenza 1561 vor mir.
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[182/0182] Er theilt die Liebe der Menschen zu einander ein, in die himmlische oder Seelenliebe, in die thierische, und in die zusammengesetzte, wenn Körper und Seele zugleich geliebt werden. „Diese letzte Liebe hat mehrere Stufen. Erstlich: man liebt vorzüglich die Seele und den Körper in untergeordneter Maße, als einen Abglanz der Seele, durch die edleren Sinne. Dieß ist die anständige und tugendhafte Liebe (amore cortese o honesto, virtuoso, gentile.) „Oder man liebt die Seele zuerst, und dann den Körper, aber den letztern mit allen Sinnen. Hält man sich nun hier in den Grenzen der Ehrbarkeit und der Mäßigung, so ist dieß eine gut bürgerliche Liebe: (amore civile.) Liebt man aber hauptsächlich den Körper, und die Seele nur beyher, so ist dieß eine gemeine pöbelhafte Liebe (amore volgare o plebejo.)“ „Varchi hält in der himmlischen Liebe den Liebenden für edler als den Geliebten. In her gewöhnlichen hingegen hat nach seiner Meinung der Geliebte den Vorzug. In der ersten findet der Liebende immer Gegenliebe, seine Neigung schränkt sich auf einen Gegenstand ein, zieht diesen seiner eigenen Person vor, und ist keinem Wechsel und keinem Ende unterworfen. Alles, was der Körper an Reizen verliert, wächst der Seele zu!“ „Die Liebe überhaupt erklärt er für das Verlangen, das Schöne im Schönen hervorzubringen, entweder in 15) 15) Lione 1560, und dann Lezzioni d’amore di Benedetto Varchi; Fiorenza 1561 vor mir.

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Zitationshilfe: Ramdohr, Basilius von: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredlung und Verschönerung. Dritten Theils zweyte Abtheilung: Neuere Geschichte der Geschlechtsverbindung und Liebe. Leipzig, 1798, S. 182. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_venus0302_1798/182>, abgerufen am 26.04.2024.