In Metz, das noch seinen Ehrgeiz darin sah zu den deut- schen Reichsstädten zu gehören, hatte dieselbe so früh wie in irgend einer andern von diesen begonnen. Auch dort fand sie ihre vornehmste Unterstützung an dem Widerstreit der Magi- strate gegen die geistliche Macht. Es bildete sich eine prote- stantische Partei, der das Glück so wohl wollte, daß eins ihrer Oberhäupter, Gaspard von Heu, zur Würde eines Maitre Echevin, überhaupt der vornehmsten in der Stadt, gelangte. Einen andern Rückhalt gewährte ihr Graf Wilhelm von Für- stenberg, dem damals das benachbarte Gorze eingeräumt war. Hierauf wagte sie es Farel von Genf zu berufen, der nun eine Zeitlang in Metz predigte und allmählig ein paar tau- send Gläubige um sich sammelte. 1 Zugleich suchte sie die Aufnahme in den schmalkaldischen Bund nach. 2
Landgraf Philipp war nicht abgeneigt, es auf den Grund, daß das Oberhaupt der Stadt evangelisch gesinnt sey, zu wagen. 3
Die übrigen Mitglieder fanden jedoch daß das noch nicht angehe. Den Familien Heu, Barisei, Coucy, welche sich evan- gelisch erklärt, standen mit noch überlegenem Ansehen andre, wie die Molin, Roussel, Raigecourt, Gournay, Talange, An- gerville entgegen; noch andre, z. B. die Serriere, hielten
2 Schreiben von Johann Nidprucker Dr und Joh. Karquiem aus Metz, o. D. (Weim. Arch.) "der Scheffenmeister, als das ei- nig Haupt der Stadt Metz, zusampt etlichen vom Rath und der Ge- meine, deren denn nit der geringste Theil", bitten "in das christliche Religionsbündniß gnädigst aufgenommen zu werden."
3 In einem Schreiben Philipps Dienstag nach Galli 1542 find die Namen nur nicht wenig verstümmelt: z. B. Hoye statt Heu, Gornau statt Gournay.
Siebentes Buch. Neuntes Capitel.
In Metz, das noch ſeinen Ehrgeiz darin ſah zu den deut- ſchen Reichsſtädten zu gehören, hatte dieſelbe ſo früh wie in irgend einer andern von dieſen begonnen. Auch dort fand ſie ihre vornehmſte Unterſtützung an dem Widerſtreit der Magi- ſtrate gegen die geiſtliche Macht. Es bildete ſich eine prote- ſtantiſche Partei, der das Glück ſo wohl wollte, daß eins ihrer Oberhäupter, Gaspard von Heu, zur Würde eines Maitre Echevin, überhaupt der vornehmſten in der Stadt, gelangte. Einen andern Rückhalt gewährte ihr Graf Wilhelm von Für- ſtenberg, dem damals das benachbarte Gorze eingeräumt war. Hierauf wagte ſie es Farel von Genf zu berufen, der nun eine Zeitlang in Metz predigte und allmählig ein paar tau- ſend Gläubige um ſich ſammelte. 1 Zugleich ſuchte ſie die Aufnahme in den ſchmalkaldiſchen Bund nach. 2
Landgraf Philipp war nicht abgeneigt, es auf den Grund, daß das Oberhaupt der Stadt evangeliſch geſinnt ſey, zu wagen. 3
Die übrigen Mitglieder fanden jedoch daß das noch nicht angehe. Den Familien Heu, Bariſei, Coucy, welche ſich evan- geliſch erklärt, ſtanden mit noch überlegenem Anſehen andre, wie die Molin, Rouſſel, Raigecourt, Gournay, Talange, An- gerville entgegen; noch andre, z. B. die Serriere, hielten
2 Schreiben von Johann Nidprucker Dr und Joh. Karquiem aus Metz, o. D. (Weim. Arch.) „der Scheffenmeiſter, als das ei- nig Haupt der Stadt Metz, zuſampt etlichen vom Rath und der Ge- meine, deren denn nit der geringſte Theil“, bitten „in das chriſtliche Religionsbuͤndniß gnaͤdigſt aufgenommen zu werden.“
3 In einem Schreiben Philipps Dienſtag nach Galli 1542 find die Namen nur nicht wenig verſtuͤmmelt: z. B. Hoye ſtatt Heu, Gornau ſtatt Gournay.
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Siebentes Buch. Neuntes Capitel.
In Metz, das noch ſeinen Ehrgeiz darin ſah zu den deut-
ſchen Reichsſtädten zu gehören, hatte dieſelbe ſo früh wie in
irgend einer andern von dieſen begonnen. Auch dort fand ſie
ihre vornehmſte Unterſtützung an dem Widerſtreit der Magi-
ſtrate gegen die geiſtliche Macht. Es bildete ſich eine prote-
ſtantiſche Partei, der das Glück ſo wohl wollte, daß eins ihrer
Oberhäupter, Gaspard von Heu, zur Würde eines Maitre
Echevin, überhaupt der vornehmſten in der Stadt, gelangte.
Einen andern Rückhalt gewährte ihr Graf Wilhelm von Für-
ſtenberg, dem damals das benachbarte Gorze eingeräumt war.
Hierauf wagte ſie es Farel von Genf zu berufen, der nun
eine Zeitlang in Metz predigte und allmählig ein paar tau-
ſend Gläubige um ſich ſammelte. 1 Zugleich ſuchte ſie die
Aufnahme in den ſchmalkaldiſchen Bund nach. 2
Landgraf Philipp war nicht abgeneigt, es auf den
Grund, daß das Oberhaupt der Stadt evangeliſch geſinnt
ſey, zu wagen. 3
Die übrigen Mitglieder fanden jedoch daß das noch nicht
angehe. Den Familien Heu, Bariſei, Coucy, welche ſich evan-
geliſch erklärt, ſtanden mit noch überlegenem Anſehen andre,
wie die Molin, Rouſſel, Raigecourt, Gournay, Talange, An-
gerville entgegen; noch andre, z. B. die Serriere, hielten
1 Calmet Histoire de Lorraine II, 1241.
2 Schreiben von Johann Nidprucker Dr und Joh. Karquiem
aus Metz, o. D. (Weim. Arch.) „der Scheffenmeiſter, als das ei-
nig Haupt der Stadt Metz, zuſampt etlichen vom Rath und der Ge-
meine, deren denn nit der geringſte Theil“, bitten „in das chriſtliche
Religionsbuͤndniß gnaͤdigſt aufgenommen zu werden.“
3 In einem Schreiben Philipps Dienſtag nach Galli 1542
find die Namen nur nicht wenig verſtuͤmmelt: z. B. Hoye ſtatt Heu,
Gornau ſtatt Gournay.
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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 4. Berlin, 1843, S. 326. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation04_1843/338>, abgerufen am 15.06.2024.
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