den konnte: die Anerkennung und Bestätigung jener mit den Bischöfen geschlossenen Verträge.
Schon öfter haben wir gesehen, wozu der Kaiser, wenn- gleich nicht ohne tieferen Vorbehalt, doch für den Augen- blick, in dringenden Umständen zu bringen war; was er al- les einst den Protestanten bewilligte, um sie von Cleve zu trennen; wie er, im Begriff zur Erhaltung der hierarchischen Ordnungen das Schwert zu ergreifen, dennoch dem Churfür- sten Moritz den Schutz über ein paar große Reichsstifter anvertraute: von allem aber was er gethan hat, wohl das Stärkste, ist das Zugeständniß das er jetzt dem Markgra- fen machte. Die Verträge waren eben Denen abgezwungen welche man für seine Anhänger hielt, und allein auf den Grund, daß sie sich seinen Feinden nicht zugesellen wollten; er hatte sie selbst für ungültig erklärt, und sie waren bereits von den frühern Verbündeten des Markgrafen aufgegeben worden: jetzt bestätigte er sie, und setzte fest, daß sie "voll- kommen, ganz und gar, ohne alle Ein- und Widerrede zu vollziehen seyen." 1
Dem Markgrafen glückte es noch einen französischen Prinzen, Herzog von Aumale, der ihn feindselig beobach- tete und ihm seine Hauptleute abtrünnig zu machen suchte, mit seiner Reiterei zur günstigen Stunde zu überraschen und sogar zum Gefangenen zu machen. Dann im Glanze ei- nes neuen Sieges stellte er sich dem Kaiser dar, der ihn
1 "Wöllen, -- was sich die bischof und derselben Capittel ge- gen s. Lieb sampt und sonders verbrieft und verschrieben, das die- selbe verschreibung und Contract vollkommen ganz und gar ohne alle Ein und Widerrede gehalten und vollzogen werden sollen." -- Metzi- scher Hauptvertrag 10 Nov. 1552 (der erste v. 24 October). Hort- leder II, vi, ii, nr. 45.
Zehntes Buch. Drittes Capitel.
den konnte: die Anerkennung und Beſtätigung jener mit den Biſchöfen geſchloſſenen Verträge.
Schon öfter haben wir geſehen, wozu der Kaiſer, wenn- gleich nicht ohne tieferen Vorbehalt, doch für den Augen- blick, in dringenden Umſtänden zu bringen war; was er al- les einſt den Proteſtanten bewilligte, um ſie von Cleve zu trennen; wie er, im Begriff zur Erhaltung der hierarchiſchen Ordnungen das Schwert zu ergreifen, dennoch dem Churfür- ſten Moritz den Schutz über ein paar große Reichsſtifter anvertraute: von allem aber was er gethan hat, wohl das Stärkſte, iſt das Zugeſtändniß das er jetzt dem Markgra- fen machte. Die Verträge waren eben Denen abgezwungen welche man für ſeine Anhänger hielt, und allein auf den Grund, daß ſie ſich ſeinen Feinden nicht zugeſellen wollten; er hatte ſie ſelbſt für ungültig erklärt, und ſie waren bereits von den frühern Verbündeten des Markgrafen aufgegeben worden: jetzt beſtätigte er ſie, und ſetzte feſt, daß ſie „voll- kommen, ganz und gar, ohne alle Ein- und Widerrede zu vollziehen ſeyen.“ 1
Dem Markgrafen glückte es noch einen franzöſiſchen Prinzen, Herzog von Aumale, der ihn feindſelig beobach- tete und ihm ſeine Hauptleute abtrünnig zu machen ſuchte, mit ſeiner Reiterei zur günſtigen Stunde zu überraſchen und ſogar zum Gefangenen zu machen. Dann im Glanze ei- nes neuen Sieges ſtellte er ſich dem Kaiſer dar, der ihn
1 „Woͤllen, — was ſich die biſchof und derſelben Capittel ge- gen ſ. Lieb ſampt und ſonders verbrieft und verſchrieben, das die- ſelbe verſchreibung und Contract vollkommen ganz und gar ohne alle Ein und Widerrede gehalten und vollzogen werden ſollen.“ — Metzi- ſcher Hauptvertrag 10 Nov. 1552 (der erſte v. 24 October). Hort- leder II, vi, ii, nr. 45.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0316"n="304"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#g">Zehntes Buch. Drittes Capitel</hi>.</fw><lb/>
den konnte: die Anerkennung und Beſtätigung jener mit den<lb/>
Biſchöfen geſchloſſenen Verträge.</p><lb/><p>Schon öfter haben wir geſehen, wozu der Kaiſer, wenn-<lb/>
gleich nicht ohne tieferen Vorbehalt, doch für den Augen-<lb/>
blick, in dringenden Umſtänden zu bringen war; was er al-<lb/>
les einſt den Proteſtanten bewilligte, um ſie von Cleve zu<lb/>
trennen; wie er, im Begriff zur Erhaltung der hierarchiſchen<lb/>
Ordnungen das Schwert zu ergreifen, dennoch dem Churfür-<lb/>ſten Moritz den Schutz über ein paar große Reichsſtifter<lb/>
anvertraute: von allem aber was er gethan hat, wohl das<lb/>
Stärkſte, iſt das Zugeſtändniß das er jetzt dem Markgra-<lb/>
fen machte. Die Verträge waren eben Denen abgezwungen<lb/>
welche man für ſeine Anhänger hielt, und allein auf den<lb/>
Grund, daß ſie ſich ſeinen Feinden nicht zugeſellen wollten;<lb/>
er hatte ſie ſelbſt für ungültig erklärt, und ſie waren bereits<lb/>
von den frühern Verbündeten des Markgrafen aufgegeben<lb/>
worden: jetzt beſtätigte er ſie, und ſetzte feſt, daß ſie „voll-<lb/>
kommen, ganz und gar, ohne alle Ein- und Widerrede zu<lb/>
vollziehen ſeyen.“<noteplace="foot"n="1">„Woͤllen, — was ſich die biſchof und derſelben Capittel ge-<lb/>
gen ſ. Lieb ſampt und ſonders verbrieft und verſchrieben, das die-<lb/>ſelbe verſchreibung und Contract vollkommen ganz und gar ohne alle<lb/>
Ein und Widerrede gehalten und vollzogen werden ſollen.“— Metzi-<lb/>ſcher Hauptvertrag 10 Nov. 1552 (der erſte v. 24 October). Hort-<lb/>
leder <hirendition="#aq">II, <hirendition="#k">vi, ii</hi>, nr.</hi> 45.</note></p><lb/><p>Dem Markgrafen glückte es noch einen franzöſiſchen<lb/>
Prinzen, Herzog von Aumale, der ihn feindſelig beobach-<lb/>
tete und ihm ſeine Hauptleute abtrünnig zu machen ſuchte,<lb/>
mit ſeiner Reiterei zur günſtigen Stunde zu überraſchen und<lb/>ſogar zum Gefangenen zu machen. Dann im Glanze ei-<lb/>
nes neuen Sieges ſtellte er ſich dem Kaiſer dar, der ihn<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[304/0316]
Zehntes Buch. Drittes Capitel.
den konnte: die Anerkennung und Beſtätigung jener mit den
Biſchöfen geſchloſſenen Verträge.
Schon öfter haben wir geſehen, wozu der Kaiſer, wenn-
gleich nicht ohne tieferen Vorbehalt, doch für den Augen-
blick, in dringenden Umſtänden zu bringen war; was er al-
les einſt den Proteſtanten bewilligte, um ſie von Cleve zu
trennen; wie er, im Begriff zur Erhaltung der hierarchiſchen
Ordnungen das Schwert zu ergreifen, dennoch dem Churfür-
ſten Moritz den Schutz über ein paar große Reichsſtifter
anvertraute: von allem aber was er gethan hat, wohl das
Stärkſte, iſt das Zugeſtändniß das er jetzt dem Markgra-
fen machte. Die Verträge waren eben Denen abgezwungen
welche man für ſeine Anhänger hielt, und allein auf den
Grund, daß ſie ſich ſeinen Feinden nicht zugeſellen wollten;
er hatte ſie ſelbſt für ungültig erklärt, und ſie waren bereits
von den frühern Verbündeten des Markgrafen aufgegeben
worden: jetzt beſtätigte er ſie, und ſetzte feſt, daß ſie „voll-
kommen, ganz und gar, ohne alle Ein- und Widerrede zu
vollziehen ſeyen.“ 1
Dem Markgrafen glückte es noch einen franzöſiſchen
Prinzen, Herzog von Aumale, der ihn feindſelig beobach-
tete und ihm ſeine Hauptleute abtrünnig zu machen ſuchte,
mit ſeiner Reiterei zur günſtigen Stunde zu überraſchen und
ſogar zum Gefangenen zu machen. Dann im Glanze ei-
nes neuen Sieges ſtellte er ſich dem Kaiſer dar, der ihn
1 „Woͤllen, — was ſich die biſchof und derſelben Capittel ge-
gen ſ. Lieb ſampt und ſonders verbrieft und verſchrieben, das die-
ſelbe verſchreibung und Contract vollkommen ganz und gar ohne alle
Ein und Widerrede gehalten und vollzogen werden ſollen.“ — Metzi-
ſcher Hauptvertrag 10 Nov. 1552 (der erſte v. 24 October). Hort-
leder II, vi, ii, nr. 45.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 5. Berlin, 1843, S. 304. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation05_1843/316>, abgerufen am 17.06.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.