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Reichardt, Christian: Land- u. Garten-Schatzes. Bd. 2. Erfurt, 1753.

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5. Cap. Vom Pfropfen.
guten Säge abgeschnitten, und die Oberfläche
desselben mit einem scharfen Messer recht glat ge-
macht. Zum andern muß das Pfropf-Reis von
zweyen Seiten her, so weit es eingeschoben wird,
recht keilicht und glat zugeschnitten werden. Be-
siehe Tab. I. B. Drittens wird der Spalt mit ei-
nem Meisel gemacht, und mit einem Elfenbeinern
oder hölzern Keile von einander gehalten, damit das
Reis kan eingeschoben werden, welches mit der an-
noch daran gelassenen Rinde und mit der Rinde des
Stammes zusammen passen muß, damit der Saft
desto füglicher umlaufen kan. Tab. I. C. Viertens
wird an das Reis, so weit es in den Spalt des Stam-
mes eingeschoben worden, ein Stücklein abgelöste
Weiden-Schale geleget, und alsdenn mit Weiden
oder Bast recht wohl umwunden. Endlich muß
sowohl der Stam als das Reis mit Baum-Wachs
oder mit Pfropf-Leimen wohl verwahret werden,
damit der Regen und die Luft nicht hinein dringen
kan.

Eine unrichtige Vorschrift ist es aber, wenn
in den mehresten Garten-Büchern angegeben
wird, daß man die Reiser auf einen Stam nicht
nach der Mittags-Seite einsetzen solle, weil die
Sonne sie alzu sehr austrockne, daß sie dadurch
Schaden leiden könten. Wer das Pfropfen nicht
recht verstehet, wird dieses Angeben gar leicht
glauben; allein diejenigen, welche nur einiger
massen mit dem Pfropfen umgegangen sind, wer-
den mir gewiß bevpflichten, daß es nicht möglich
ist das Reis allemahl nach der Mittags-Seite

aufzu-

5. Cap. Vom Pfropfen.
guten Saͤge abgeſchnitten, und die Oberflaͤche
deſſelben mit einem ſcharfen Meſſer recht glat ge-
macht. Zum andern muß das Pfropf-Reis von
zweyen Seiten her, ſo weit es eingeſchoben wird,
recht keilicht und glat zugeſchnitten werden. Be-
ſiehe Tab. I. B. Drittens wird der Spalt mit ei-
nem Meiſel gemacht, und mit einem Elfenbeinern
oder hoͤlzern Keile von einander gehalten, damit das
Reis kan eingeſchoben werden, welches mit der an-
noch daran gelaſſenen Rinde und mit der Rinde des
Stammes zuſammen paſſen muß, damit der Saft
deſto fuͤglicher umlaufen kan. Tab. I. C. Viertens
wird an das Reis, ſo weit es in den Spalt des Stam-
mes eingeſchoben worden, ein Stuͤcklein abgeloͤſte
Weiden-Schale geleget, und alsdenn mit Weiden
oder Baſt recht wohl umwunden. Endlich muß
ſowohl der Stam als das Reis mit Baum-Wachs
oder mit Pfropf-Leimen wohl verwahret werden,
damit der Regen und die Luft nicht hinein dringen
kan.

Eine unrichtige Vorſchrift iſt es aber, wenn
in den mehreſten Garten-Buͤchern angegeben
wird, daß man die Reiſer auf einen Stam nicht
nach der Mittags-Seite einſetzen ſolle, weil die
Sonne ſie alzu ſehr austrockne, daß ſie dadurch
Schaden leiden koͤnten. Wer das Pfropfen nicht
recht verſtehet, wird dieſes Angeben gar leicht
glauben; allein diejenigen, welche nur einiger
maſſen mit dem Pfropfen umgegangen ſind, wer-
den mir gewiß bevpflichten, daß es nicht moͤglich
iſt das Reis allemahl nach der Mittags-Seite

aufzu-
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[63/0095] 5. Cap. Vom Pfropfen. guten Saͤge abgeſchnitten, und die Oberflaͤche deſſelben mit einem ſcharfen Meſſer recht glat ge- macht. Zum andern muß das Pfropf-Reis von zweyen Seiten her, ſo weit es eingeſchoben wird, recht keilicht und glat zugeſchnitten werden. Be- ſiehe Tab. I. B. Drittens wird der Spalt mit ei- nem Meiſel gemacht, und mit einem Elfenbeinern oder hoͤlzern Keile von einander gehalten, damit das Reis kan eingeſchoben werden, welches mit der an- noch daran gelaſſenen Rinde und mit der Rinde des Stammes zuſammen paſſen muß, damit der Saft deſto fuͤglicher umlaufen kan. Tab. I. C. Viertens wird an das Reis, ſo weit es in den Spalt des Stam- mes eingeſchoben worden, ein Stuͤcklein abgeloͤſte Weiden-Schale geleget, und alsdenn mit Weiden oder Baſt recht wohl umwunden. Endlich muß ſowohl der Stam als das Reis mit Baum-Wachs oder mit Pfropf-Leimen wohl verwahret werden, damit der Regen und die Luft nicht hinein dringen kan. Eine unrichtige Vorſchrift iſt es aber, wenn in den mehreſten Garten-Buͤchern angegeben wird, daß man die Reiſer auf einen Stam nicht nach der Mittags-Seite einſetzen ſolle, weil die Sonne ſie alzu ſehr austrockne, daß ſie dadurch Schaden leiden koͤnten. Wer das Pfropfen nicht recht verſtehet, wird dieſes Angeben gar leicht glauben; allein diejenigen, welche nur einiger maſſen mit dem Pfropfen umgegangen ſind, wer- den mir gewiß bevpflichten, daß es nicht moͤglich iſt das Reis allemahl nach der Mittags-Seite aufzu-

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Zitationshilfe: Reichardt, Christian: Land- u. Garten-Schatzes. Bd. 2. Erfurt, 1753, S. 63. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/reichart_landschatz02_1753/95>, abgerufen am 30.04.2024.