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Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 2. Leipzig, 1886.

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I. Land- und Forstwirthschaft.
Ame-no-mochi. Die kleinen Teigkuchen dieses Namens, etwa von
der Gestalt und Grösse eines frischen Handkäses, blos aus dem Mehl
von Mochi-gome, oder vermischt mit etwas Gersten- oder Weizenmehl
und mit Bienenhonig (Hachi-midzu) oder Zucker überdeckt, bietet man
u. A. an verschiedenen Stellen der alten Landstrassen, z. B. dem To-
kaido, feil und macht in den japanischen Beschreibungen des Weges
ganz besonders darauf aufmerksam.

13) Sato, Zucker, wird in den wärmeren Provinzen Japans
(Satsuma, Hizen, Tosa, Sanuki, Awa, Aki, Kii, Ise, Owai, Mikawa,
Totomi und Suruga), besonders aber auf den Riu-kiu-Inseln aus Zucker-
rohr, jap. Sato-kibi, d. h. Zuckerhirse gewonnen. Es ist das so-
genannte chinesische Zuckerrohr (Saccharum sinense Roxb.), eine aus
China stammende, kleine, aber niedrigen Temperaturen gegenüber
harte und widerstandsfähige Sorte, welche man in den angeführten
Provinzen in bescheidenem Umfang baut. Indess ist diese Widerstands-
fähigkeit nicht so gross, um auch die Nachtfröste, wie sie selbst noch
in Satsuma den Winter über gar nicht selten sind, auszuhalten. Da-
her beschränkt sich dann die Cultur des Zuckerrohrs in Japan auf die
Sommermonate, indem man es im 3. oder 4. Monat pflanzt und im 9.,
also nach nur sechsmonatlicher Vegetationsdauer, erntet. Es kann
während dieser Zeit nicht zur Blüthe kommen, noch so reichlich
Zucker entwickeln, wie Rohre von höherem Alter in geeigneteren Kli-
maten. Das zur Vermehrung bestimmte Rohr wird den Winter über
in einem frostfreien trocknen Raume in Erde und Sand eingeschlagen
und dann im Frühjahr in Stücke geschnitten und auf bekannte Weise
als Ableger verpflanzt. Die Zuckergewinnung bietet nichts bemerkens-
werthes. Sie reicht für den Bedarf nicht aus, so dass noch ansehn-
liche Mengen Rohzucker (weiss, gelb, dunkelbraun) aus Südchina
(Swatau, Amoi und Canton), vornehmlich aber aus Formosa eingeführt
werden müssen. Eine Raffinierung findet nicht statt.

14) Su, Essig, wird vornehmlich aus Sake bereitet. Geschätzter
ist derjenige aus Mume-Pflaumen und mehr noch solcher aus Orangen.

15) Kanten oder Tokoroten, franz. Colle du Japon, Gelatine
Vegetale, engl. Japanese Isinglass, ist ein Präparat aus verschiedenen
Algen, das wir als Algengallerte bezeichnen können. Es kommt
von Japan aus viel nach China und in der Neuzeit auch zu uns in
den Handel. Man benutzt es statt Gelatine, Hausenblase und ver-
wandter Stoffe sowohl im Haushalte, wie auch in den Gewerben,
z. B. als Appreturmittel bei Geweben. Zur Darstellung werden die
Kanten-so oder Kanten-gusa (d. h. Kanten-Kräuter) (Gelidium
corneum Lamour. und verschiedene andere Florideen), nachdem man

I. Land- und Forstwirthschaft.
Ame-no-mochi. Die kleinen Teigkuchen dieses Namens, etwa von
der Gestalt und Grösse eines frischen Handkäses, blos aus dem Mehl
von Mochi-gome, oder vermischt mit etwas Gersten- oder Weizenmehl
und mit Bienenhonig (Hachi-midzu) oder Zucker überdeckt, bietet man
u. A. an verschiedenen Stellen der alten Landstrassen, z. B. dem Tô-
kaidô, feil und macht in den japanischen Beschreibungen des Weges
ganz besonders darauf aufmerksam.

13) Satô, Zucker, wird in den wärmeren Provinzen Japans
(Satsuma, Hizen, Tosa, Sanuki, Awa, Aki, Kii, Ise, Owai, Mikawa,
Tôtômi und Suruga), besonders aber auf den Riu-kiu-Inseln aus Zucker-
rohr, jap. Satô-kibi, d. h. Zuckerhirse gewonnen. Es ist das so-
genannte chinesische Zuckerrohr (Saccharum sinense Roxb.), eine aus
China stammende, kleine, aber niedrigen Temperaturen gegenüber
harte und widerstandsfähige Sorte, welche man in den angeführten
Provinzen in bescheidenem Umfang baut. Indess ist diese Widerstands-
fähigkeit nicht so gross, um auch die Nachtfröste, wie sie selbst noch
in Satsuma den Winter über gar nicht selten sind, auszuhalten. Da-
her beschränkt sich dann die Cultur des Zuckerrohrs in Japan auf die
Sommermonate, indem man es im 3. oder 4. Monat pflanzt und im 9.,
also nach nur sechsmonatlicher Vegetationsdauer, erntet. Es kann
während dieser Zeit nicht zur Blüthe kommen, noch so reichlich
Zucker entwickeln, wie Rohre von höherem Alter in geeigneteren Kli-
maten. Das zur Vermehrung bestimmte Rohr wird den Winter über
in einem frostfreien trocknen Raume in Erde und Sand eingeschlagen
und dann im Frühjahr in Stücke geschnitten und auf bekannte Weise
als Ableger verpflanzt. Die Zuckergewinnung bietet nichts bemerkens-
werthes. Sie reicht für den Bedarf nicht aus, so dass noch ansehn-
liche Mengen Rohzucker (weiss, gelb, dunkelbraun) aus Südchina
(Swatau, Amoi und Canton), vornehmlich aber aus Formosa eingeführt
werden müssen. Eine Raffinierung findet nicht statt.

14) Su, Essig, wird vornehmlich aus Sake bereitet. Geschätzter
ist derjenige aus Mume-Pflaumen und mehr noch solcher aus Orangen.

15) Kanten oder Tokoroten, franz. Colle du Japon, Gélatine
Végetale, engl. Japanese Isinglass, ist ein Präparat aus verschiedenen
Algen, das wir als Algengallerte bezeichnen können. Es kommt
von Japan aus viel nach China und in der Neuzeit auch zu uns in
den Handel. Man benutzt es statt Gelatine, Hausenblase und ver-
wandter Stoffe sowohl im Haushalte, wie auch in den Gewerben,
z. B. als Appreturmittel bei Geweben. Zur Darstellung werden die
Kanten-sô oder Kanten-gusa (d. h. Kanten-Kräuter) (Gelidium
corneum Lamour. und verschiedene andere Florideen), nachdem man

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[128/0148] I. Land- und Forstwirthschaft. Ame-no-mochi. Die kleinen Teigkuchen dieses Namens, etwa von der Gestalt und Grösse eines frischen Handkäses, blos aus dem Mehl von Mochi-gome, oder vermischt mit etwas Gersten- oder Weizenmehl und mit Bienenhonig (Hachi-midzu) oder Zucker überdeckt, bietet man u. A. an verschiedenen Stellen der alten Landstrassen, z. B. dem Tô- kaidô, feil und macht in den japanischen Beschreibungen des Weges ganz besonders darauf aufmerksam. 13) Satô, Zucker, wird in den wärmeren Provinzen Japans (Satsuma, Hizen, Tosa, Sanuki, Awa, Aki, Kii, Ise, Owai, Mikawa, Tôtômi und Suruga), besonders aber auf den Riu-kiu-Inseln aus Zucker- rohr, jap. Satô-kibi, d. h. Zuckerhirse gewonnen. Es ist das so- genannte chinesische Zuckerrohr (Saccharum sinense Roxb.), eine aus China stammende, kleine, aber niedrigen Temperaturen gegenüber harte und widerstandsfähige Sorte, welche man in den angeführten Provinzen in bescheidenem Umfang baut. Indess ist diese Widerstands- fähigkeit nicht so gross, um auch die Nachtfröste, wie sie selbst noch in Satsuma den Winter über gar nicht selten sind, auszuhalten. Da- her beschränkt sich dann die Cultur des Zuckerrohrs in Japan auf die Sommermonate, indem man es im 3. oder 4. Monat pflanzt und im 9., also nach nur sechsmonatlicher Vegetationsdauer, erntet. Es kann während dieser Zeit nicht zur Blüthe kommen, noch so reichlich Zucker entwickeln, wie Rohre von höherem Alter in geeigneteren Kli- maten. Das zur Vermehrung bestimmte Rohr wird den Winter über in einem frostfreien trocknen Raume in Erde und Sand eingeschlagen und dann im Frühjahr in Stücke geschnitten und auf bekannte Weise als Ableger verpflanzt. Die Zuckergewinnung bietet nichts bemerkens- werthes. Sie reicht für den Bedarf nicht aus, so dass noch ansehn- liche Mengen Rohzucker (weiss, gelb, dunkelbraun) aus Südchina (Swatau, Amoi und Canton), vornehmlich aber aus Formosa eingeführt werden müssen. Eine Raffinierung findet nicht statt. 14) Su, Essig, wird vornehmlich aus Sake bereitet. Geschätzter ist derjenige aus Mume-Pflaumen und mehr noch solcher aus Orangen. 15) Kanten oder Tokoroten, franz. Colle du Japon, Gélatine Végetale, engl. Japanese Isinglass, ist ein Präparat aus verschiedenen Algen, das wir als Algengallerte bezeichnen können. Es kommt von Japan aus viel nach China und in der Neuzeit auch zu uns in den Handel. Man benutzt es statt Gelatine, Hausenblase und ver- wandter Stoffe sowohl im Haushalte, wie auch in den Gewerben, z. B. als Appreturmittel bei Geweben. Zur Darstellung werden die Kanten-sô oder Kanten-gusa (d. h. Kanten-Kräuter) (Gelidium corneum Lamour. und verschiedene andere Florideen), nachdem man

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Zitationshilfe: Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 2. Leipzig, 1886, S. 128. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rein_japan02_1886/148>, abgerufen am 30.04.2024.