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Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 2. Leipzig, 1886.

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III. Kunstgewerbe und Verwandtes.
Friede gesichert war, kamen auch die andern Zweige der Metall-
industrie, wie des Kunsthandwerks überhaupt, wieder zu grösserer
Geltung. Die Störung, welche sie vor bald 20 Jahren durch Beseiti-
gung des Feudalismus und die Restauration der Mikadoherrschaft er-
fuhr, ist nur für die Waffenschmiede zur dauernden geworden. Da-
gegen hat seitdem gerade die Metallindustrie in verschiedenen ihrer
kunstgewerblichen Zweige sich neue, gute Wege angebahnt und auf
denselben grossartige Fortschritte zu verzeichnen, wie dies für ein-
zelne Fälle noch besonders hervorgehoben werden soll.

Es gibt kaum irgend eine Art der Metallverzierung, mit Ausnahme
der galvanischen, welche der Japaner vor der Eröffnung des Landes
nicht bereits gekannt und geübt, ja in der seine hervorragenden
Leistungen nicht schon die Bewunderung europäischer Sachverständigen
hervorgerufen hätten. Edelmetalle, Kupfer, Bronze, Gusseisen, so
verschieden ihre Eigenschaften auch sein mögen, fügen sich seiner
geschickten Hand und seinen vielerlei kleinen Kunstgriffen, welche
die Einfachheit der Werkzeuge wirksam ergänzen. Seine Verzierungen
des Gusseisens und der Bronze gehören weitaus zu dem kostbarsten,
was je auf diesem Gebiete geleistet wurde. Das wunderbare Geschick,
mit welchem man in Japan scheinbar unübersteigbare Schwierigkeiten
im Tauschieren, Ciselieren und andern Arbeiten überwindet, überrascht
nicht minder, als das grosse Verständniss für wirksame Farbenverbin-
dungen und die Mittel ihrer Herstellung.

Bevor ich nun zur Erläuterung der hervorragendsten Erscheinun-
gen auf den einzelnen Gebieten der japanischen Metallindustrie über-
gehe, will ich, -- vornehmlich im Interesse solcher Leser, welchen die
dabei gebräuchlichen Kunstausdrücke weniger geläufig sind, -- diese hier
kurz erklären. Die gewöhnlichsten Werkzeuge, deren sich der Japaner
bei seiner verschiedenartigen Metallverzierung bedient, sind folgende:

1. Der Amboss, Kana-shiki oder Kana-toko.

2. Die Zange, und zwar a) Yattoko, die Pincette, b) Kana-
hibashi
, die Feuerzange zum Anfassen des heissen Metalls, und
c) Kugi-nuki, die Nagelzange.

3. Der eiserne Hammer, Kana-dzuchi (Sai-dzuchi ist der Holz-
hammer, welcher beim Ausmeisseln von Holz und andern weicheren
Substanzen benutzt wird).

4. Die Feile oder Yasuri.

5. Der Meissel oder Nomi in vielerlei Gestalten und Grössen.

6. Der Stichel, Grabstichel oder Tagane, ein kleines finger- bis
handlanges Stück Eisen, im Allgemeinen von Nagelform, am oberen
Ende wenig kopfartig erweitert, am unteren entweder zugespitzt oder

III. Kunstgewerbe und Verwandtes.
Friede gesichert war, kamen auch die andern Zweige der Metall-
industrie, wie des Kunsthandwerks überhaupt, wieder zu grösserer
Geltung. Die Störung, welche sie vor bald 20 Jahren durch Beseiti-
gung des Feudalismus und die Restauration der Mikadoherrschaft er-
fuhr, ist nur für die Waffenschmiede zur dauernden geworden. Da-
gegen hat seitdem gerade die Metallindustrie in verschiedenen ihrer
kunstgewerblichen Zweige sich neue, gute Wege angebahnt und auf
denselben grossartige Fortschritte zu verzeichnen, wie dies für ein-
zelne Fälle noch besonders hervorgehoben werden soll.

Es gibt kaum irgend eine Art der Metallverzierung, mit Ausnahme
der galvanischen, welche der Japaner vor der Eröffnung des Landes
nicht bereits gekannt und geübt, ja in der seine hervorragenden
Leistungen nicht schon die Bewunderung europäischer Sachverständigen
hervorgerufen hätten. Edelmetalle, Kupfer, Bronze, Gusseisen, so
verschieden ihre Eigenschaften auch sein mögen, fügen sich seiner
geschickten Hand und seinen vielerlei kleinen Kunstgriffen, welche
die Einfachheit der Werkzeuge wirksam ergänzen. Seine Verzierungen
des Gusseisens und der Bronze gehören weitaus zu dem kostbarsten,
was je auf diesem Gebiete geleistet wurde. Das wunderbare Geschick,
mit welchem man in Japan scheinbar unübersteigbare Schwierigkeiten
im Tauschieren, Ciselieren und andern Arbeiten überwindet, überrascht
nicht minder, als das grosse Verständniss für wirksame Farbenverbin-
dungen und die Mittel ihrer Herstellung.

Bevor ich nun zur Erläuterung der hervorragendsten Erscheinun-
gen auf den einzelnen Gebieten der japanischen Metallindustrie über-
gehe, will ich, — vornehmlich im Interesse solcher Leser, welchen die
dabei gebräuchlichen Kunstausdrücke weniger geläufig sind, — diese hier
kurz erklären. Die gewöhnlichsten Werkzeuge, deren sich der Japaner
bei seiner verschiedenartigen Metallverzierung bedient, sind folgende:

1. Der Amboss, Kana-shiki oder Kana-toko.

2. Die Zange, und zwar a) Yattoko, die Pincette, b) Kana-
hibashi
, die Feuerzange zum Anfassen des heissen Metalls, und
c) Kugi-nuki, die Nagelzange.

3. Der eiserne Hammer, Kana-dzuchi (Sai-dzuchi ist der Holz-
hammer, welcher beim Ausmeisseln von Holz und andern weicheren
Substanzen benutzt wird).

4. Die Feile oder Yasuri.

5. Der Meissel oder Nomi in vielerlei Gestalten und Grössen.

6. Der Stichel, Grabstichel oder Tagane, ein kleines finger- bis
handlanges Stück Eisen, im Allgemeinen von Nagelform, am oberen
Ende wenig kopfartig erweitert, am unteren entweder zugespitzt oder

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[510/0554] III. Kunstgewerbe und Verwandtes. Friede gesichert war, kamen auch die andern Zweige der Metall- industrie, wie des Kunsthandwerks überhaupt, wieder zu grösserer Geltung. Die Störung, welche sie vor bald 20 Jahren durch Beseiti- gung des Feudalismus und die Restauration der Mikadoherrschaft er- fuhr, ist nur für die Waffenschmiede zur dauernden geworden. Da- gegen hat seitdem gerade die Metallindustrie in verschiedenen ihrer kunstgewerblichen Zweige sich neue, gute Wege angebahnt und auf denselben grossartige Fortschritte zu verzeichnen, wie dies für ein- zelne Fälle noch besonders hervorgehoben werden soll. Es gibt kaum irgend eine Art der Metallverzierung, mit Ausnahme der galvanischen, welche der Japaner vor der Eröffnung des Landes nicht bereits gekannt und geübt, ja in der seine hervorragenden Leistungen nicht schon die Bewunderung europäischer Sachverständigen hervorgerufen hätten. Edelmetalle, Kupfer, Bronze, Gusseisen, so verschieden ihre Eigenschaften auch sein mögen, fügen sich seiner geschickten Hand und seinen vielerlei kleinen Kunstgriffen, welche die Einfachheit der Werkzeuge wirksam ergänzen. Seine Verzierungen des Gusseisens und der Bronze gehören weitaus zu dem kostbarsten, was je auf diesem Gebiete geleistet wurde. Das wunderbare Geschick, mit welchem man in Japan scheinbar unübersteigbare Schwierigkeiten im Tauschieren, Ciselieren und andern Arbeiten überwindet, überrascht nicht minder, als das grosse Verständniss für wirksame Farbenverbin- dungen und die Mittel ihrer Herstellung. Bevor ich nun zur Erläuterung der hervorragendsten Erscheinun- gen auf den einzelnen Gebieten der japanischen Metallindustrie über- gehe, will ich, — vornehmlich im Interesse solcher Leser, welchen die dabei gebräuchlichen Kunstausdrücke weniger geläufig sind, — diese hier kurz erklären. Die gewöhnlichsten Werkzeuge, deren sich der Japaner bei seiner verschiedenartigen Metallverzierung bedient, sind folgende: 1. Der Amboss, Kana-shiki oder Kana-toko. 2. Die Zange, und zwar a) Yattoko, die Pincette, b) Kana- hibashi, die Feuerzange zum Anfassen des heissen Metalls, und c) Kugi-nuki, die Nagelzange. 3. Der eiserne Hammer, Kana-dzuchi (Sai-dzuchi ist der Holz- hammer, welcher beim Ausmeisseln von Holz und andern weicheren Substanzen benutzt wird). 4. Die Feile oder Yasuri. 5. Der Meissel oder Nomi in vielerlei Gestalten und Grössen. 6. Der Stichel, Grabstichel oder Tagane, ein kleines finger- bis handlanges Stück Eisen, im Allgemeinen von Nagelform, am oberen Ende wenig kopfartig erweitert, am unteren entweder zugespitzt oder

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Zitationshilfe: Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 2. Leipzig, 1886, S. 510. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rein_japan02_1886/554>, abgerufen am 30.04.2024.