Gräfin zu Reventlow, Fanny: Herrn Dames Aufzeichnungen oder Begebenheiten aus einem merkwürdigen Stadtteil. München, 1913.man erst nachher beurteilen können. Der Herr Professor denkt es sich vielleicht doch zu einfach, kosmische Feste zu feiern, und man kann nicht alles auf einmal wollen. -- Es soll übrigens auch ein Umzug des Cäsars stattfinden, bei dem der Dionysos selbst erscheint." "Ja, der Professor sieht als Dionysos sehr schön aus," sagte Konstantin. "So -- wo hat er sich denn schon als solcher gezeigt?" fragte Delius mißbilligend. "O, er hat das Kostüm gestern anprobiert und ging den ganzen Abend in seiner Wohnung darin herum." "Wissen Sie vielleicht, wer noch dabei war?" "Irgendein Besuch -- ich glaube, ein Privatdozent aus Berlin." "So -- so," Delins schien etwas verstimmt, aber nun wurde Maria ungeduldig: "So laßt doch endlich den Professor -- er macht es ja doch niemand recht, ob er nun seine Gäste im Frack oder als Dionysos empfängt. Aber unsere Kostüme -- Delius? -- Wir wollen nämlich als Hermaphroditen kommen -- Susanna und Adrian haben sich's ausgedacht -- die beiden, Konstantin und ich -- --" Delius horchte auf: "Nun, im alten Rom hat es wohl schwerlich Umzüge gegeben, an denen Hermaphroditen teilnahmen, eher noch in Hellas und auf den Inseln, -- bei den Festen der großen Mutter." man erst nachher beurteilen können. Der Herr Professor denkt es sich vielleicht doch zu einfach, kosmische Feste zu feiern, und man kann nicht alles auf einmal wollen. — Es soll übrigens auch ein Umzug des Cäsars stattfinden, bei dem der Dionysos selbst erscheint.“ „Ja, der Professor sieht als Dionysos sehr schön aus,“ sagte Konstantin. „So — wo hat er sich denn schon als solcher gezeigt?“ fragte Delius mißbilligend. „O, er hat das Kostüm gestern anprobiert und ging den ganzen Abend in seiner Wohnung darin herum.“ „Wissen Sie vielleicht, wer noch dabei war?“ „Irgendein Besuch — ich glaube, ein Privatdozent aus Berlin.“ „So — so,“ Delins schien etwas verstimmt, aber nun wurde Maria ungeduldig: „So laßt doch endlich den Professor — er macht es ja doch niemand recht, ob er nun seine Gäste im Frack oder als Dionysos empfängt. Aber unsere Kostüme — Delius? — Wir wollen nämlich als Hermaphroditen kommen — Susanna und Adrian haben sich’s ausgedacht — die beiden, Konstantin und ich — —“ Delius horchte auf: „Nun, im alten Rom hat es wohl schwerlich Umzüge gegeben, an denen Hermaphroditen teilnahmen, eher noch in Hellas und auf den Inseln, — bei den Festen der großen Mutter.“ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="1"> <p><pb facs="#f0116" n="112"/> man erst nachher beurteilen können. Der Herr Professor denkt es sich vielleicht doch zu einfach, kosmische Feste zu feiern, und man kann nicht alles auf einmal wollen. — Es soll übrigens auch ein Umzug des Cäsars stattfinden, bei dem der Dionysos selbst erscheint.“</p> <p>„Ja, der Professor sieht als Dionysos sehr schön aus,“ sagte Konstantin.</p> <p>„So — wo hat er sich denn schon als solcher gezeigt?“ fragte Delius mißbilligend.</p> <p>„O, er hat das Kostüm gestern anprobiert und ging den ganzen Abend in seiner Wohnung darin herum.“</p> <p>„Wissen Sie vielleicht, wer noch dabei war?“</p> <p>„Irgendein Besuch — ich glaube, ein Privatdozent aus Berlin.“</p> <p>„So — so,“ Delins schien etwas verstimmt, aber nun wurde Maria ungeduldig:</p> <p>„So laßt doch endlich den Professor — er macht es ja doch niemand recht, ob er nun seine Gäste im Frack oder als Dionysos empfängt. Aber unsere Kostüme — Delius? — Wir wollen nämlich als Hermaphroditen kommen — Susanna und Adrian haben sich’s ausgedacht — die beiden, Konstantin und ich — —“</p> <p>Delius horchte auf:</p> <p>„Nun, im alten Rom hat es wohl schwerlich Umzüge gegeben, an denen Hermaphroditen teilnahmen, eher noch in Hellas und auf den Inseln, — bei den Festen der großen Mutter.“</p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [112/0116]
man erst nachher beurteilen können. Der Herr Professor denkt es sich vielleicht doch zu einfach, kosmische Feste zu feiern, und man kann nicht alles auf einmal wollen. — Es soll übrigens auch ein Umzug des Cäsars stattfinden, bei dem der Dionysos selbst erscheint.“
„Ja, der Professor sieht als Dionysos sehr schön aus,“ sagte Konstantin.
„So — wo hat er sich denn schon als solcher gezeigt?“ fragte Delius mißbilligend.
„O, er hat das Kostüm gestern anprobiert und ging den ganzen Abend in seiner Wohnung darin herum.“
„Wissen Sie vielleicht, wer noch dabei war?“
„Irgendein Besuch — ich glaube, ein Privatdozent aus Berlin.“
„So — so,“ Delins schien etwas verstimmt, aber nun wurde Maria ungeduldig:
„So laßt doch endlich den Professor — er macht es ja doch niemand recht, ob er nun seine Gäste im Frack oder als Dionysos empfängt. Aber unsere Kostüme — Delius? — Wir wollen nämlich als Hermaphroditen kommen — Susanna und Adrian haben sich’s ausgedacht — die beiden, Konstantin und ich — —“
Delius horchte auf:
„Nun, im alten Rom hat es wohl schwerlich Umzüge gegeben, an denen Hermaphroditen teilnahmen, eher noch in Hellas und auf den Inseln, — bei den Festen der großen Mutter.“
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Zitationshilfe: | Gräfin zu Reventlow, Fanny: Herrn Dames Aufzeichnungen oder Begebenheiten aus einem merkwürdigen Stadtteil. München, 1913, S. 112. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/reventlow_dames_1913/116>, abgerufen am 16.06.2024. |