trauen lassen, ehe wir in das verfluchte Haus ge- kommen sind? Und wie kränckt es demnach mei- nen Hochmuth, daß diese erhabene Schöne nicht durch Liebe würde können regieret werden, wenn ich heyrathete, sondern entweder blos durch Edel- müthigkeit oder durch blinden Gehorsam gegen ih- re Pflichten, und daß sie das einzelne Leben einer Verbindung mit mir vorziehet!
Das ist mir unerträglich. Wenn ich jemahls in meinem Leben ein Frauenzimmer durch Mit- theilung meines Nahmens ehre, so verlange ich, daß es so gar seine Pflichten gegen Gott um mei- netwillen aus den Augen setzen soll. Wenn ich ausgehe, so soll es mir nachsehen, so lange es mich sehen kann, wie mein Rosenknöspchen dem Häns- chen: und es soll mich mit Entzückung empfan- gen, wenn ich nach Hause komme. Es soll von mir träumen und den gantzen Tag an mich geden- cken. Es soll alle Augenblicke vor verlohren hal- ten, die es ohne mich zubringet: es soll mir vor- singen, vorlesen, vorspielen wenn ich Lust dazu ha- be: und seine größte Freude soll in Gehorsam ge- gen mich bestehen. Wenn ich Lust habe zu lieben, so soll es mich in der Liebe übertreffen: wenn ich die Einsamkeit suche, und es will sich zu mir drän- gen, so muß es mit Ehrfurcht geschehen; mache ich eine krause Stirne, so muß es weggehen, und sich mir nähern, wenn ich lächele. Es muß sich stillschweigend zu mir stehlen, und leise weggehen, wenn ich ihm den Scepter nicht reiche. Es muß mit allen meinen Vergnügungen zufrieden seyn,
und
trauen laſſen, ehe wir in das verfluchte Haus ge- kommen ſind? Und wie kraͤnckt es demnach mei- nen Hochmuth, daß dieſe erhabene Schoͤne nicht durch Liebe wuͤrde koͤnnen regieret werden, wenn ich heyrathete, ſondern entweder blos durch Edel- muͤthigkeit oder durch blinden Gehorſam gegen ih- re Pflichten, und daß ſie das einzelne Leben einer Verbindung mit mir vorziehet!
Das iſt mir unertraͤglich. Wenn ich jemahls in meinem Leben ein Frauenzimmer durch Mit- theilung meines Nahmens ehre, ſo verlange ich, daß es ſo gar ſeine Pflichten gegen Gott um mei- netwillen aus den Augen ſetzen ſoll. Wenn ich ausgehe, ſo ſoll es mir nachſehen, ſo lange es mich ſehen kann, wie mein Roſenknoͤspchen dem Haͤns- chen: und es ſoll mich mit Entzuͤckung empfan- gen, wenn ich nach Hauſe komme. Es ſoll von mir traͤumen und den gantzen Tag an mich geden- cken. Es ſoll alle Augenblicke vor verlohren hal- ten, die es ohne mich zubringet: es ſoll mir vor- ſingen, vorleſen, vorſpielen wenn ich Luſt dazu ha- be: und ſeine groͤßte Freude ſoll in Gehorſam ge- gen mich beſtehen. Wenn ich Luſt habe zu lieben, ſo ſoll es mich in der Liebe uͤbertreffen: wenn ich die Einſamkeit ſuche, und es will ſich zu mir draͤn- gen, ſo muß es mit Ehrfurcht geſchehen; mache ich eine krauſe Stirne, ſo muß es weggehen, und ſich mir naͤhern, wenn ich laͤchele. Es muß ſich ſtillſchweigend zu mir ſtehlen, und leiſe weggehen, wenn ich ihm den Scepter nicht reiche. Es muß mit allen meinen Vergnuͤgungen zufrieden ſeyn,
und
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trauen laſſen, ehe wir in das verfluchte Haus ge-
kommen ſind? Und wie kraͤnckt es demnach mei-
nen Hochmuth, daß dieſe erhabene Schoͤne nicht
durch Liebe wuͤrde koͤnnen regieret werden, wenn
ich heyrathete, ſondern entweder blos durch Edel-
muͤthigkeit oder durch blinden Gehorſam gegen ih-
re Pflichten, und daß ſie das einzelne Leben einer
Verbindung mit mir vorziehet!
Das iſt mir unertraͤglich. Wenn ich jemahls
in meinem Leben ein Frauenzimmer durch Mit-
theilung meines Nahmens ehre, ſo verlange ich,
daß es ſo gar ſeine Pflichten gegen Gott um mei-
netwillen aus den Augen ſetzen ſoll. Wenn ich
ausgehe, ſo ſoll es mir nachſehen, ſo lange es mich
ſehen kann, wie mein Roſenknoͤspchen dem Haͤns-
chen: und es ſoll mich mit Entzuͤckung empfan-
gen, wenn ich nach Hauſe komme. Es ſoll von
mir traͤumen und den gantzen Tag an mich geden-
cken. Es ſoll alle Augenblicke vor verlohren hal-
ten, die es ohne mich zubringet: es ſoll mir vor-
ſingen, vorleſen, vorſpielen wenn ich Luſt dazu ha-
be: und ſeine groͤßte Freude ſoll in Gehorſam ge-
gen mich beſtehen. Wenn ich Luſt habe zu lieben,
ſo ſoll es mich in der Liebe uͤbertreffen: wenn ich
die Einſamkeit ſuche, und es will ſich zu mir draͤn-
gen, ſo muß es mit Ehrfurcht geſchehen; mache
ich eine krauſe Stirne, ſo muß es weggehen, und
ſich mir naͤhern, wenn ich laͤchele. Es muß ſich
ſtillſchweigend zu mir ſtehlen, und leiſe weggehen,
wenn ich ihm den Scepter nicht reiche. Es muß
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 4. Göttingen, 1749, S. 304. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa04_1749/310>, abgerufen am 16.06.2024.
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