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Gustav Rose: Reise nach dem Ural, dem Altai und dem Kaspischen Meere. Band 1. Berlin, 1837.

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zu gebrauchen, nicht sehr breit. Kein Baum ist in dem N002
ganzen Dorfe zu sehen, kein Garten trennt die Häu- N003
ser voneinander, deren Abwechselung den Dörfern N004
Deutschlands oft ein so heitres Ansehen giebt. Alles N005
ist eng zusammengebaut, und offenbar mehr auf den N006
Winter, als auf den Sommer berechnet; aber man kann N007
sich des Grauens nicht erwehren, wenn man bedenkt, N008
wie schnell ein entstehendes Feuer um sich greifen N009
und wie gross dann die Gefahr sein muss, da nicht N010
allein die Häuser, sondern auch die Strassen brennen. N011
Man wird zu dieser Betrachtung um so mehr veran- N012
lasst, wenn man die Unvorsichtigkeit sieht, mit welcher N013
die Bauern mit dem Feuer umgehen, da sie sich sel- N014
ten der Lichter oder Laternen, sondern gewöhnlich N015
eines brennenden Holzspans zum Leuchten bedienen.

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Bei einbrechender Nacht waren wir in dem Städt- N002
chen Waldai, das auf dem kleinen Höhenzuge gleiches N003
Namens liegt, welcher die Wasserscheide für die in N004
die Ostsee und das Kaspische Meer fallenden Gewäs- N005
ser bildet. Um denselben etwas näher kennen zu ler- N006
nen, blieben wir den Rest der Nacht in der etwa eine N007
Stunde von Waldai entlegenen Station Simogorie und N008
wandten den folgenden Vormittag dazu an, die bedeu- N009
tendsten Höhen zu besuchen und barometrisch zu be- N010
stimmen. Wir gingen wieder nach Waldai zurück, N011
besuchten von da aus zuerst den See im Osten und N012
sodann die grossen Höhen im Westen der Stadt. Der N013
See war noch mit Eis bedeckt; seine südlichen Ufer N014
sind flach, die östlichen dagegen mit bewaldeten Hü- N015
geln umgeben; an seinem nördlichen Ende liegt auf N016
einer Insel ein Kloster, das im Sommer eine sehr an- N017
genehme Lage haben muss. Den grössten Hügel im N018
Westen der Stadt bildet die Popowa Gora, welche N019
jedoch nur die geringe Höhe von ungefähr 800 Fussen N020
über dem Meere hat, wie gleich näher angeführt wer- N021
den wird. Etwas weiter südlich liegt der Seliger - N022
See, der sein Wasser der Wolga zuführt.

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zu gebrauchen, nicht sehr breit. Kein Baum ist in dem N002
ganzen Dorfe zu sehen, kein Garten trennt die Häu- N003
ser voneinander, deren Abwechselung den Dörfern N004
Deutschlands oft ein so heitres Ansehen giebt. Alles N005
ist eng zusammengebaut, und offenbar mehr auf den N006
Winter, als auf den Sommer berechnet; aber man kann N007
sich des Grauens nicht erwehren, wenn man bedenkt, N008
wie schnell ein entstehendes Feuer um sich greifen N009
und wie gross dann die Gefahr sein muss, da nicht N010
allein die Häuser, sondern auch die Strassen brennen. N011
Man wird zu dieser Betrachtung um so mehr veran- N012
lasst, wenn man die Unvorsichtigkeit sieht, mit welcher N013
die Bauern mit dem Feuer umgehen, da sie sich sel- N014
ten der Lichter oder Laternen, sondern gewöhnlich N015
eines brennenden Holzspans zum Leuchten bedienen.

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Bei einbrechender Nacht waren wir in dem Städt- N002
chen Waldai, das auf dem kleinen Höhenzuge gleiches N003
Namens liegt, welcher die Wasserscheide für die in N004
die Ostsee und das Kaspische Meer fallenden Gewäs- N005
ser bildet. Um denselben etwas näher kennen zu ler- N006
nen, blieben wir den Rest der Nacht in der etwa eine N007
Stunde von Waldai entlegenen Station Simogorie und N008
wandten den folgenden Vormittag dazu an, die bedeu- N009
tendsten Höhen zu besuchen und barometrisch zu be- N010
stimmen. Wir gingen wieder nach Waldai zurück, N011
besuchten von da aus zuerst den See im Osten und N012
sodann die grossen Höhen im Westen der Stadt. Der N013
See war noch mit Eis bedeckt; seine südlichen Ufer N014
sind flach, die östlichen dagegen mit bewaldeten Hü- N015
geln umgeben; an seinem nördlichen Ende liegt auf N016
einer Insel ein Kloster, das im Sommer eine sehr an- N017
genehme Lage haben muss. Den grössten Hügel im N018
Westen der Stadt bildet die Popowa Gora, welche N019
jedoch nur die geringe Höhe von ungefähr 800 Fussen N020
über dem Meere hat, wie gleich näher angeführt wer- N021
den wird. Etwas weiter südlich liegt der Seliger - N022
See, der sein Wasser der Wolga zuführt.

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[66/0100] N001 zu gebrauchen, nicht sehr breit. Kein Baum ist in dem N002 ganzen Dorfe zu sehen, kein Garten trennt die Häu- N003 ser voneinander, deren Abwechselung den Dörfern N004 Deutschlands oft ein so heitres Ansehen giebt. Alles N005 ist eng zusammengebaut, und offenbar mehr auf den N006 Winter, als auf den Sommer berechnet; aber man kann N007 sich des Grauens nicht erwehren, wenn man bedenkt, N008 wie schnell ein entstehendes Feuer um sich greifen N009 und wie gross dann die Gefahr sein muss, da nicht N010 allein die Häuser, sondern auch die Strassen brennen. N011 Man wird zu dieser Betrachtung um so mehr veran- N012 lasst, wenn man die Unvorsichtigkeit sieht, mit welcher N013 die Bauern mit dem Feuer umgehen, da sie sich sel- N014 ten der Lichter oder Laternen, sondern gewöhnlich N015 eines brennenden Holzspans zum Leuchten bedienen. N001 Bei einbrechender Nacht waren wir in dem Städt- N002 chen Waldai, das auf dem kleinen Höhenzuge gleiches N003 Namens liegt, welcher die Wasserscheide für die in N004 die Ostsee und das Kaspische Meer fallenden Gewäs- N005 ser bildet. Um denselben etwas näher kennen zu ler- N006 nen, blieben wir den Rest der Nacht in der etwa eine N007 Stunde von Waldai entlegenen Station Simogorie und N008 wandten den folgenden Vormittag dazu an, die bedeu- N009 tendsten Höhen zu besuchen und barometrisch zu be- N010 stimmen. Wir gingen wieder nach Waldai zurück, N011 besuchten von da aus zuerst den See im Osten und N012 sodann die grossen Höhen im Westen der Stadt. Der N013 See war noch mit Eis bedeckt; seine südlichen Ufer N014 sind flach, die östlichen dagegen mit bewaldeten Hü- N015 geln umgeben; an seinem nördlichen Ende liegt auf N016 einer Insel ein Kloster, das im Sommer eine sehr an- N017 genehme Lage haben muss. Den grössten Hügel im N018 Westen der Stadt bildet die Popowa Gora, welche N019 jedoch nur die geringe Höhe von ungefähr 800 Fussen N020 über dem Meere hat, wie gleich näher angeführt wer- N021 den wird. Etwas weiter südlich liegt der Seliger - N022 See, der sein Wasser der Wolga zuführt.

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Zitationshilfe: Gustav Rose: Reise nach dem Ural, dem Altai und dem Kaspischen Meere. Band 1. Berlin, 1837, S. 66. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rose_ural01_1837/100>, abgerufen am 27.04.2024.