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Sailer, Johann Michael: Kurzgefaßte Erinnerungen an junge Prediger. München, 1791.

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anbeten -- und das Kleinod festhalten.

Die christliche Sittenlehre bedarf 3) nicht erst
Gottes Daseyn und des Menschengeistes Unsterblichkeit
mühsam zu postuliren, oder noch mühsamer zu de-
monstriren; sie kann Gottes Güte, Weisheit und Macht
in Jesus Christus, und die Unsterblichkeit der mensch-
lichen Natur in seiner Auferstehung etc. sichtbar ma-
chen -- für alle, die gut und selig genug sind, an Je-
sus Christus von ganzem Herzen zu glauben. Und
diese Gnade, an Christus von ganzem Herzen zu glau-
ben, beut die Liebe so vielen Menschen an, und sie sagen
zu ihr: wir wollen dich nicht. Heilige Wahrheit! was
thun wir doch, um deiner los zu werden? Wollen
wir denn immer lernen, um nur dich nicht zu finden?
Werden wir dich immer in der Nähe finden können
und nicht suchen, und in der Ferne suchen, und nicht
finden können? Ich wiederhole: Lasset uns das Klei-
nod, die Geschichte, festbehalten, denn es ruht viel Gu-
tes darauf
.

In der christlichen Sittenlehre sind 4) alle ein-
zele Lehren so v ele Radien, die von Gott ausgehen,
und den Menschen mit sich zu Gott als dem Mittel-
punkte zurückführen:
und auch in dieser Hinsicht ist sie
die vollkommenste Lehre. Solche Radien sind alle
Gesetze;
weil sie von Gott gegeben, von Gott geoffen-
bart
, von Gott in das Herz geschrieben -- und dazu
gegeben, geoffenbart und ins Herz geschrieben wer-

den,

belohnenden Seite der allerreinſten Tugend. Laſst uns
anbeten — und das Kleinod feſthalten.

Die chriſtliche Sittenlehre bedarf 3) nicht erſt
Gottes Daſeyn und des Menſchengeiſtes Unſterblichkeit
mühſam zu poſtuliren, oder noch mühſamer zu de-
monſtriren; ſie kann Gottes Güte, Weisheit und Macht
in Jeſus Chriſtus, und die Unſterblichkeit der menſch-
lichen Natur in ſeiner Auferſtehung etc. ſichtbar ma-
chen — für alle, die gut und ſelig genug ſind, an Je-
ſus Chriſtus von ganzem Herzen zu glauben. Und
dieſe Gnade, an Chriſtus von ganzem Herzen zu glau-
ben, beut die Liebe ſo vielen Menſchen an, und ſie ſagen
zu ihr: wir wollen dich nicht. Heilige Wahrheit! was
thun wir doch, um deiner los zu werden? Wollen
wir denn immer lernen, um nur dich nicht zu finden?
Werden wir dich immer in der Nähe finden können
und nicht ſuchen, und in der Ferne ſuchen, und nicht
finden können? Ich wiederhole: Laſſet uns das Klei-
nod, die Geſchichte, feſtbehalten, denn es ruht viel Gu-
tes darauf
.

In der chriſtlichen Sittenlehre ſind 4) alle ein-
zele Lehren ſo v ele Radien, die von Gott ausgehen,
und den Menſchen mit ſich zu Gott als dem Mittel-
punkte zurückführen:
und auch in dieſer Hinſicht iſt ſie
die vollkommenſte Lehre. Solche Radien ſind alle
Geſetze;
weil ſie von Gott gegeben, von Gott geoffen-
bart
, von Gott in das Herz geſchrieben — und dazu
gegeben, geoffenbart und ins Herz geſchrieben wer-

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[88/0102] belohnenden Seite der allerreinſten Tugend. Laſst uns anbeten — und das Kleinod feſthalten. Die chriſtliche Sittenlehre bedarf 3) nicht erſt Gottes Daſeyn und des Menſchengeiſtes Unſterblichkeit mühſam zu poſtuliren, oder noch mühſamer zu de- monſtriren; ſie kann Gottes Güte, Weisheit und Macht in Jeſus Chriſtus, und die Unſterblichkeit der menſch- lichen Natur in ſeiner Auferſtehung etc. ſichtbar ma- chen — für alle, die gut und ſelig genug ſind, an Je- ſus Chriſtus von ganzem Herzen zu glauben. Und dieſe Gnade, an Chriſtus von ganzem Herzen zu glau- ben, beut die Liebe ſo vielen Menſchen an, und ſie ſagen zu ihr: wir wollen dich nicht. Heilige Wahrheit! was thun wir doch, um deiner los zu werden? Wollen wir denn immer lernen, um nur dich nicht zu finden? Werden wir dich immer in der Nähe finden können und nicht ſuchen, und in der Ferne ſuchen, und nicht finden können? Ich wiederhole: Laſſet uns das Klei- nod, die Geſchichte, feſtbehalten, denn es ruht viel Gu- tes darauf. In der chriſtlichen Sittenlehre ſind 4) alle ein- zele Lehren ſo v ele Radien, die von Gott ausgehen, und den Menſchen mit ſich zu Gott als dem Mittel- punkte zurückführen: und auch in dieſer Hinſicht iſt ſie die vollkommenſte Lehre. Solche Radien ſind alle Geſetze; weil ſie von Gott gegeben, von Gott geoffen- bart, von Gott in das Herz geſchrieben — und dazu gegeben, geoffenbart und ins Herz geſchrieben wer- den,

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Zitationshilfe: Sailer, Johann Michael: Kurzgefaßte Erinnerungen an junge Prediger. München, 1791, S. 88. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sailer_prediger_1791/102>, abgerufen am 30.04.2024.