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Clara, Abraham a Sancta: Judas Der Ertz-Schelm. Bd. 4. Salzburg, 1695.

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Judas Jscarioth würcket gleich andern Aposteln
vollzogen/ und mit heller Stimm aufgeschryen: Peter/ ich sa-
ge dirs/ stehe auff: Es wolt sich aber der Peter an diese Wort
nit kehren. Der ander widerholt seine Wort/ schreyt/ daß ihme
schier das Maul aus dem Angl gangen/ aber der Peter zaigt
sich stützig/ und wolte seine Persohn recht vertretten. Endlich
zieht ihn der Gesell bey der Nasen/ da find er bald/ daß er ein
rotziges Miracul begangen/ zumahlen der Kerl in der Warheit
Steintodt gewesen. Worüber jedermann mit auffgehebten
Händen GOtt und seine Allmacht geprisen/ die Rädelführer
aber diser Tragoedi haben sich ohne Verzug zu den Füssen des
Heil. Manns geworffen/ den wahren allein seeligmachenden
Glauben urbiethig angenommen/ und nachgehends sich nacher
An. Mi-
nor An.

1552.
Rom begeben/ daselbst die gantze Geschicht allerseits verkündi-
get. Die Stadt Preßlau in Schlesien/ wann sie will ihr altes
Archivium durchblättern/ kan hiervon die beste Zeugnus geben.

Dergleichen Mackel und nicht Miracul kunte man die
Menge beybringen/ so aber allzu sehr bekant/ oder etwann dem
Leser möchten mehrern Verdruß/ als contento verursachen.
Es ist schon sattsam hieraus abzunehmen/ wie daß die warhaff-
te Wunderwerck die Göttliche Allmacht allein würcke durch
die Rechtglaubige/ nit aber durch die böse Feind/ noch durch
dero gewidmete Zauberer/ oder hartneckige Ketzer.

Es fählen aber auch viel fromme/ auch anbey Gottsförch-
tige Christen/ wann sie gleich ein jede seltzame Sach mit dem
Miracul-Klaid anlegen; dann zuweilen geschicht es/ daß ein
lächerlicher Ausgang erfolget/ wodurch nachmahlens unsere
Glaubens-Widersacher in ihrem Jrrthum gestärckt werden/ und
folgsam die wahre Wunderwerck ein kleinen Glauben gewin-
nen: ich kenne selbst einen Geistlichen Medicanten-Ordens/
welcher in seiner gewöhnlichen Traidsamlung von einer Bäurin
etwas zu essen begehrt/ die aber neben aller Christlichen Will-
fährigkeit sich entschuldigt/ daß sie gantz und gar nichts zu Haus
habe: er bittet ferner/ wenigst nur um ein Ayrschmaltz: auch nit

ein

Judas Jſcarioth wuͤrcket gleich andern Apoſteln
vollzogen/ und mit heller Stimm aufgeſchryen: Peter/ ich ſa-
ge dırs/ ſtehe auff: Es wolt ſich aber der Peter an dieſe Wort
nit kehren. Der ander widerholt ſeine Wort/ ſchreyt/ daß ihme
ſchier das Maul aus dem Angl gangen/ aber der Peter zaigt
ſich ſtuͤtzig/ und wolte ſeine Perſohn recht vertretten. Endlich
zieht ihn der Geſell bey der Naſen/ da find er bald/ daß er ein
rotziges Miracul begangen/ zumahlen der Kerl in der Warheit
Steintodt geweſen. Woruͤber jedermann mit auffgehebten
Haͤnden GOtt und ſeine Allmacht gepriſen/ die Raͤdelfuͤhrer
aber diſer Tragœdi haben ſich ohne Verzug zu den Fuͤſſen des
Heil. Manns geworffen/ den wahren allein ſeeligmachenden
Glauben urbiethig angenom̃en/ und nachgehends ſich nacher
An. Mi-
nor An.

1552.
Rom begeben/ daſelbſt die gantze Geſchicht allerſeits verkuͤndi-
get. Die Stadt Preßlau in Schleſien/ wann ſie will ihr altes
Archivium durchblaͤttern/ kan hiervon die beſte Zeugnus gebẽ.

Dergleichen Mackel und nicht Miracul kunte man die
Menge beybringen/ ſo aber allzu ſehr bekant/ oder etwann dem
Leſer moͤchten mehrern Verdruß/ als contento verurſachen.
Es iſt ſchon ſattſam hieraus abzunehmen/ wie daß die warhaff-
te Wunderwerck die Goͤttliche Allmacht allein wuͤrcke durch
die Rechtglaubige/ nit aber durch die boͤſe Feind/ noch durch
dero gewıdmete Zauberer/ oder hartneckige Ketzer.

Es faͤhlen aber auch viel fromme/ auch anbey Gottsfoͤrch-
tige Chriſten/ wann ſie gleich ein jede ſeltzame Sach mit dem
Miracul-Klaid anlegen; dann zuweilen geſchicht es/ daß ein
laͤcherlicher Ausgang erfolget/ wodurch nachmahlens unſere
Glaubens-Widerſacher in ihrem Jrꝛthum geſtaͤrckt werdẽ/ uñ
folgſam die wahre Wunderwerck ein kleinen Glauben gewin-
nen: ich kenne ſelbſt einen Geiſtlichen Medicanten-Ordens/
welcher in ſeiner gewoͤhnlichẽ Traidſamlung von einer Baͤurin
etwas zu eſſen begehrt/ die aber neben aller Chriſtlichen Will-
faͤhrigkeit ſich entſchuldigt/ daß ſie gantz uñ gar nichts zu Haus
habe: er bittet ferner/ wenigſt nur um ein Ayrſchmaltz: auch nit

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[190/0202] Judas Jſcarioth wuͤrcket gleich andern Apoſteln vollzogen/ und mit heller Stimm aufgeſchryen: Peter/ ich ſa- ge dırs/ ſtehe auff: Es wolt ſich aber der Peter an dieſe Wort nit kehren. Der ander widerholt ſeine Wort/ ſchreyt/ daß ihme ſchier das Maul aus dem Angl gangen/ aber der Peter zaigt ſich ſtuͤtzig/ und wolte ſeine Perſohn recht vertretten. Endlich zieht ihn der Geſell bey der Naſen/ da find er bald/ daß er ein rotziges Miracul begangen/ zumahlen der Kerl in der Warheit Steintodt geweſen. Woruͤber jedermann mit auffgehebten Haͤnden GOtt und ſeine Allmacht gepriſen/ die Raͤdelfuͤhrer aber diſer Tragœdi haben ſich ohne Verzug zu den Fuͤſſen des Heil. Manns geworffen/ den wahren allein ſeeligmachenden Glauben urbiethig angenom̃en/ und nachgehends ſich nacher Rom begeben/ daſelbſt die gantze Geſchicht allerſeits verkuͤndi- get. Die Stadt Preßlau in Schleſien/ wann ſie will ihr altes Archivium durchblaͤttern/ kan hiervon die beſte Zeugnus gebẽ. An. Mi- nor An. 1552. Dergleichen Mackel und nicht Miracul kunte man die Menge beybringen/ ſo aber allzu ſehr bekant/ oder etwann dem Leſer moͤchten mehrern Verdruß/ als contento verurſachen. Es iſt ſchon ſattſam hieraus abzunehmen/ wie daß die warhaff- te Wunderwerck die Goͤttliche Allmacht allein wuͤrcke durch die Rechtglaubige/ nit aber durch die boͤſe Feind/ noch durch dero gewıdmete Zauberer/ oder hartneckige Ketzer. Es faͤhlen aber auch viel fromme/ auch anbey Gottsfoͤrch- tige Chriſten/ wann ſie gleich ein jede ſeltzame Sach mit dem Miracul-Klaid anlegen; dann zuweilen geſchicht es/ daß ein laͤcherlicher Ausgang erfolget/ wodurch nachmahlens unſere Glaubens-Widerſacher in ihrem Jrꝛthum geſtaͤrckt werdẽ/ uñ folgſam die wahre Wunderwerck ein kleinen Glauben gewin- nen: ich kenne ſelbſt einen Geiſtlichen Medicanten-Ordens/ welcher in ſeiner gewoͤhnlichẽ Traidſamlung von einer Baͤurin etwas zu eſſen begehrt/ die aber neben aller Chriſtlichen Will- faͤhrigkeit ſich entſchuldigt/ daß ſie gantz uñ gar nichts zu Haus habe: er bittet ferner/ wenigſt nur um ein Ayrſchmaltz: auch nit ein

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Zitationshilfe: Clara, Abraham a Sancta: Judas Der Ertz-Schelm. Bd. 4. Salzburg, 1695, S. 190. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/santa_judas04_1695/202>, abgerufen am 30.04.2024.