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Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699.

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Die Eilffte Geistliche Lection
halten werdest; als diese/ daß du nicht trachtest von an-
dern geehrt zu werden.
Diese ist sonsten die höchste Vollkommenheit/
daß du von andern übel gehalten zu werden verlangest. Unter andern/ die solche
Pelag. L.
15 n.
52.
Verschmähung eifferig suchten/ ware auch der fromme Abt Ammon/ so von
einem Weib ein Narr gescholten wurde/ und zur Verantwort gabe diese
Frag: Wieviel Arbeit vermeinstu/ daß ich in unterschiedlichen Cinnöden an-
gewendet habe/ umb diese Narrheit zu erwerben? Von einem andern Einsid-
ler schreibt Ruffinus also im Leben der H.H. Alt-Vätter.

Lib. 2. n.
118.
Historia.

16. Ein alter Einsidler in dem unteren Theil der Wüsten sasse und ruhe-
te in seiner Hölen/ und ein weltlicher Mensch wartete ihm auff. Unterdessen
truge sichs zu/ daß ein Sohn eines andern Weltlichen kranck wurde/ der dan
diesen Alten eyfferig ersuchete/ daß in sein Hauß kommen/ und für die Ge-
nesung deß Patienten GOtt bitten mögte: auff dieses Begehren deß Vat-
ters stunde der Einsidler auff und gienge mit ihm: da sie nun auff dem Weeg
wahren/ eilete dieser Weltliche vorauß/ und befahle seinen Haußgenossen/
daß sie mit ihm dem Alten Einsidler solten entgegen gehen: dieser aber/ da er
von Weitem die mit brennenden Lampen sahe her auß kommen/ vermerckte er/
daß dieses umb ihn zu empfangen geschähe; derhalben/ damit er diesen Ehren
ent gehen/ und für einen thorächtigtigten Menschen mögte gehalten werden;
zoge er seine Kleider auß/ und liesse sich in den Fluß/ in dem er gantz nackend
sich zu waschen anfienge. Da dieses der vorgedachte Auffwarter sahe/ wurde
er schamroth/ und begehrte von den andern/ sie wolten doch wiederumb nach
Hauß kehren/ dieweil der Alte seine Vernunfft verlohren habe. Nachdem
er aber hernach den Einsidler fragte/ warumb er sich also verstellet habe/ daß
die Leute ihn für einen Besessenen geurtheilet? bekam er zur Antwort: deß-
wegen hab ich dieses gethan/ damit ich für einen solchen gehalten würde. Jm
übrigen können wir von der H.Maria Magdalena de Pazis erfahren/ wie
sehr diese Thorheit und Verachtung seiner selbsten von GOtt geliebet wer-
de. Diese H. Jungfrau hat einsmals gesehen die Allerseeligste Mutter deß
HErrn in ihren Händen tragen ein kostbares Geschirr/ so mit dem Safft
der Göttlichen Gaben erfüllet ware: und ist auch gewürdiget worden von
derselben zu vernehmen diesen Jnhalt: solcher reine/ süsse und an sich ziehen-
de Safft wird den jenigen mitgetheilet/ welche die menschliche Weißheit und
Klugheit fahren lassen: diesen ziehen an sich die jenige/ so mit grossem Eyf-
fer suchen die Gerechtigkeit und Reinigkeit deß Hertzens/ und die thorächtig
seynd worden umb Christi Willen.

17. Aber-

Die Eilffte Geiſtliche Lection
halten werdeſt; als dieſe/ daß du nicht trachteſt von an-
dern geehrt zu werden.
Dieſe iſt ſonſten die hoͤchſte Vollkommenheit/
daß du von andern uͤbel gehalten zu werden verlangeſt. Unter andern/ die ſolche
Pelag. L.
15 n.
52.
Verſchmaͤhung eifferig ſuchten/ ware auch der fromme Abt Ammon/ ſo von
einem Weib ein Narr geſcholten wurde/ und zur Verantwort gabe dieſe
Frag: Wieviel Arbeit vermeinſtu/ daß ich in unterſchiedlichen Cinnoͤden an-
gewendet habe/ umb dieſe Narrheit zu erwerben? Von einem andern Einſid-
ler ſchreibt Ruffinus alſo im Leben der H.H. Alt-Vaͤtter.

Lib. 2. n.
118.
Hiſtoria.

16. Ein alter Einſidler in dem unteren Theil der Wuͤſten ſaſſe und ruhe-
te in ſeiner Hoͤlen/ und ein weltlicher Menſch wartete ihm auff. Unterdeſſen
truge ſichs zu/ daß ein Sohn eines andern Weltlichen kranck wurde/ der dan
dieſen Alten eyfferig erſuchete/ daß in ſein Hauß kommen/ und fuͤr die Ge-
neſung deß Patienten GOtt bitten moͤgte: auff dieſes Begehren deß Vat-
ters ſtunde der Einſidler auff und gienge mit ihm: da ſie nun auff dem Weeg
wahren/ eilete dieſer Weltliche vorauß/ und befahle ſeinen Haußgenoſſen/
daß ſie mit ihm dem Alten Einſidler ſolten entgegen gehen: dieſer aber/ da er
von Weitem die mit brennenden Lampen ſahe her auß kommen/ vermerckte er/
daß dieſes umb ihn zu empfangen geſchaͤhe; derhalben/ damit er dieſen Ehren
ent gehen/ und fuͤr einen thoraͤchtigtigten Menſchen moͤgte gehalten werden;
zoge er ſeine Kleider auß/ und lieſſe ſich in den Fluß/ in dem er gantz nackend
ſich zu waſchen anfienge. Da dieſes der vorgedachte Auffwarter ſahe/ wurde
er ſchamroth/ und begehrte von den andern/ ſie wolten doch wiederumb nach
Hauß kehren/ dieweil der Alte ſeine Vernunfft verlohren habe. Nachdem
er aber hernach den Einſidler fragte/ warumb er ſich alſo verſtellet habe/ daß
die Leute ihn fuͤr einen Beſeſſenen geurtheilet? bekam er zur Antwort: deß-
wegen hab ich dieſes gethan/ damit ich fuͤr einen ſolchen gehalten wuͤrde. Jm
uͤbrigen koͤnnen wir von der H.Maria Magdalena de Pazis erfahren/ wie
ſehr dieſe Thorheit und Verachtung ſeiner ſelbſten von GOtt geliebet wer-
de. Dieſe H. Jungfrau hat einsmals geſehen die Allerſeeligſte Mutter deß
HErrn in ihren Haͤnden tragen ein koſtbares Geſchirr/ ſo mit dem Safft
der Goͤttlichen Gaben erfuͤllet ware: und iſt auch gewuͤrdiget worden von
derſelben zu vernehmen dieſen Jnhalt: ſolcher reine/ ſuͤſſe und an ſich ziehen-
de Safft wird den jenigen mitgetheilet/ welche die menſchliche Weißheit und
Klugheit fahren laſſen: dieſen ziehen an ſich die jenige/ ſo mit groſſem Eyf-
fer ſuchen die Gerechtigkeit und Reinigkeit deß Hertzens/ und die thoraͤchtig
ſeynd worden umb Chriſti Willen.

17. Aber-
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[126/0154] Die Eilffte Geiſtliche Lection halten werdeſt; als dieſe/ daß du nicht trachteſt von an- dern geehrt zu werden. Dieſe iſt ſonſten die hoͤchſte Vollkommenheit/ daß du von andern uͤbel gehalten zu werden verlangeſt. Unter andern/ die ſolche Verſchmaͤhung eifferig ſuchten/ ware auch der fromme Abt Ammon/ ſo von einem Weib ein Narr geſcholten wurde/ und zur Verantwort gabe dieſe Frag: Wieviel Arbeit vermeinſtu/ daß ich in unterſchiedlichen Cinnoͤden an- gewendet habe/ umb dieſe Narrheit zu erwerben? Von einem andern Einſid- ler ſchreibt Ruffinus alſo im Leben der H.H. Alt-Vaͤtter. Pelag. L. 15 n. 52. 16. Ein alter Einſidler in dem unteren Theil der Wuͤſten ſaſſe und ruhe- te in ſeiner Hoͤlen/ und ein weltlicher Menſch wartete ihm auff. Unterdeſſen truge ſichs zu/ daß ein Sohn eines andern Weltlichen kranck wurde/ der dan dieſen Alten eyfferig erſuchete/ daß in ſein Hauß kommen/ und fuͤr die Ge- neſung deß Patienten GOtt bitten moͤgte: auff dieſes Begehren deß Vat- ters ſtunde der Einſidler auff und gienge mit ihm: da ſie nun auff dem Weeg wahren/ eilete dieſer Weltliche vorauß/ und befahle ſeinen Haußgenoſſen/ daß ſie mit ihm dem Alten Einſidler ſolten entgegen gehen: dieſer aber/ da er von Weitem die mit brennenden Lampen ſahe her auß kommen/ vermerckte er/ daß dieſes umb ihn zu empfangen geſchaͤhe; derhalben/ damit er dieſen Ehren ent gehen/ und fuͤr einen thoraͤchtigtigten Menſchen moͤgte gehalten werden; zoge er ſeine Kleider auß/ und lieſſe ſich in den Fluß/ in dem er gantz nackend ſich zu waſchen anfienge. Da dieſes der vorgedachte Auffwarter ſahe/ wurde er ſchamroth/ und begehrte von den andern/ ſie wolten doch wiederumb nach Hauß kehren/ dieweil der Alte ſeine Vernunfft verlohren habe. Nachdem er aber hernach den Einſidler fragte/ warumb er ſich alſo verſtellet habe/ daß die Leute ihn fuͤr einen Beſeſſenen geurtheilet? bekam er zur Antwort: deß- wegen hab ich dieſes gethan/ damit ich fuͤr einen ſolchen gehalten wuͤrde. Jm uͤbrigen koͤnnen wir von der H.Maria Magdalena de Pazis erfahren/ wie ſehr dieſe Thorheit und Verachtung ſeiner ſelbſten von GOtt geliebet wer- de. Dieſe H. Jungfrau hat einsmals geſehen die Allerſeeligſte Mutter deß HErrn in ihren Haͤnden tragen ein koſtbares Geſchirr/ ſo mit dem Safft der Goͤttlichen Gaben erfuͤllet ware: und iſt auch gewuͤrdiget worden von derſelben zu vernehmen dieſen Jnhalt: ſolcher reine/ ſuͤſſe und an ſich ziehen- de Safft wird den jenigen mitgetheilet/ welche die menſchliche Weißheit und Klugheit fahren laſſen: dieſen ziehen an ſich die jenige/ ſo mit groſſem Eyf- fer ſuchen die Gerechtigkeit und Reinigkeit deß Hertzens/ und die thoraͤchtig ſeynd worden umb Chriſti Willen. 17. Aber-

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Zitationshilfe: Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699, S. 126. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/santaclara_grammatica_1699/154>, abgerufen am 30.04.2024.