Wird eine juristische Person verurtheilt, so geschieht die Execution durch dieselben Mittel, wie gegen eine na- türliche Person: durch missio in possessionem, Concurs, Verkauf ihres Vermögens, Einziehung ihrer Forderungen von den Schuldnern (m).
Eine besondere Schwierigkeit entsteht, wenn eine juri- stische Person in ihrem eigenen Rechtsstreit einen Eid zu schwören hat, da der Eid eigentlich nicht auf die juristi- sche, sondern auf die rein menschliche Persönlichkeit der Partey (die Gewissenhaftigkeit des einzelnen Menschen) be- rechnet ist. Das Römische Recht erwähnt diesen Fall des Prozeßeides nicht; allein in dem ganz ähnlichen Fall eines durch Testament auferlegten Eides bestimmt es, daß der- selbe, wenn er einer Stadtgemeinde (also einer Corpora- tion mit ausgebildeter Verfassung) auferlegt wird, von ihren Vorstehern geschworen werden soll (n). Die neueren Praktiker nehmen an, der Eid müsse stets von einigen Mitgliedern der Corporation geschworen werden; über die Anzahl derselben, so wie über die Art ihrer Auswahl,
(m)L. 7 § 2 L. 8 quod cuj. un. (3. 4.).
(n)L. 97 de condit. (35. 1.). "Municipibus, si jurassent, le- gatum est: haec conditio non est impossibilis. Paulus: quem- admodum ergo pareri potest? Per eos itaque jurabunt, per quos municipii res geruntur." -- Ganz in demselben Sinn sagt L. 14 ad munic. (50. 1). "Mu- nicipes intelliguntur scire, quod sciant hi, quibus summa Rei- publicae commissa est." -- Der Landfriede von 1521. VII. 9 ver- ordnet, der Reinigungseid einer geistlichen oder weltlichen Com- mune müsse von zwey Dritthei- len der Commun-Räth ge- leistet werden; es ist im Wesent- lichen die Römische Bestimmung, nur etwas näher ausgebildet.
Wird eine juriſtiſche Perſon verurtheilt, ſo geſchieht die Execution durch dieſelben Mittel, wie gegen eine na- türliche Perſon: durch missio in possessionem, Concurs, Verkauf ihres Vermögens, Einziehung ihrer Forderungen von den Schuldnern (m).
Eine beſondere Schwierigkeit entſteht, wenn eine juri- ſtiſche Perſon in ihrem eigenen Rechtsſtreit einen Eid zu ſchwören hat, da der Eid eigentlich nicht auf die juriſti- ſche, ſondern auf die rein menſchliche Perſönlichkeit der Partey (die Gewiſſenhaftigkeit des einzelnen Menſchen) be- rechnet iſt. Das Römiſche Recht erwähnt dieſen Fall des Prozeßeides nicht; allein in dem ganz ähnlichen Fall eines durch Teſtament auferlegten Eides beſtimmt es, daß der- ſelbe, wenn er einer Stadtgemeinde (alſo einer Corpora- tion mit ausgebildeter Verfaſſung) auferlegt wird, von ihren Vorſtehern geſchworen werden ſoll (n). Die neueren Praktiker nehmen an, der Eid müſſe ſtets von einigen Mitgliedern der Corporation geſchworen werden; über die Anzahl derſelben, ſo wie über die Art ihrer Auswahl,
(m)L. 7 § 2 L. 8 quod cuj. un. (3. 4.).
(n)L. 97 de condit. (35. 1.). „Municipibus, si jurassent, le- gatum est: haec conditio non est impossibilis. Paulus: quem- admodum ergo pareri potest? Per eos itaque jurabunt, per quos municipii res geruntur.“ — Ganz in demſelben Sinn ſagt L. 14 ad munic. (50. 1). „Mu- nicipes intelliguntur scire, quod sciant hi, quibus summa Rei- publicae commissa est.“ — Der Landfriede von 1521. VII. 9 ver- ordnet, der Reinigungseid einer geiſtlichen oder weltlichen Com- mune müſſe von zwey Dritthei- len der Commun-Räth ge- leiſtet werden; es iſt im Weſent- lichen die Römiſche Beſtimmung, nur etwas näher ausgebildet.
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§. 92. Juriſtiſche Perſonen. Rechte. (Fortſetzung.)
Wird eine juriſtiſche Perſon verurtheilt, ſo geſchieht
die Execution durch dieſelben Mittel, wie gegen eine na-
türliche Perſon: durch missio in possessionem, Concurs,
Verkauf ihres Vermögens, Einziehung ihrer Forderungen
von den Schuldnern (m).
Eine beſondere Schwierigkeit entſteht, wenn eine juri-
ſtiſche Perſon in ihrem eigenen Rechtsſtreit einen Eid zu
ſchwören hat, da der Eid eigentlich nicht auf die juriſti-
ſche, ſondern auf die rein menſchliche Perſönlichkeit der
Partey (die Gewiſſenhaftigkeit des einzelnen Menſchen) be-
rechnet iſt. Das Römiſche Recht erwähnt dieſen Fall des
Prozeßeides nicht; allein in dem ganz ähnlichen Fall eines
durch Teſtament auferlegten Eides beſtimmt es, daß der-
ſelbe, wenn er einer Stadtgemeinde (alſo einer Corpora-
tion mit ausgebildeter Verfaſſung) auferlegt wird, von
ihren Vorſtehern geſchworen werden ſoll (n). Die neueren
Praktiker nehmen an, der Eid müſſe ſtets von einigen
Mitgliedern der Corporation geſchworen werden; über die
Anzahl derſelben, ſo wie über die Art ihrer Auswahl,
(m) L. 7 § 2 L. 8 quod cuj.
un. (3. 4.).
(n) L. 97 de condit. (35. 1.).
„Municipibus, si jurassent, le-
gatum est: haec conditio non
est impossibilis. Paulus: quem-
admodum ergo pareri potest?
Per eos itaque jurabunt, per
quos municipii res geruntur.“
— Ganz in demſelben Sinn ſagt
L. 14 ad munic. (50. 1). „Mu-
nicipes intelliguntur scire, quod
sciant hi, quibus summa Rei-
publicae commissa est.“ — Der
Landfriede von 1521. VII. 9 ver-
ordnet, der Reinigungseid einer
geiſtlichen oder weltlichen Com-
mune müſſe von zwey Dritthei-
len der Commun-Räth ge-
leiſtet werden; es iſt im Weſent-
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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 2. Berlin, 1840, S. 297. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system02_1840/311>, abgerufen am 16.06.2024.
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