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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 3. Berlin, 1840.

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§. 138. Error in substantia. (Fortsetzung.)
aequitas, die zu dieser etwas künstlichen Behandlung bey
dem Kauf geführt habe, dürfe bey der streng buchstäbli-
chen Natur der Stipulation nicht gelten. Daraus folgt
denn, daß auch die Stipulation gelten mußte, worin der
Schuldner das versprochene Gefäß für vergoldet hielt,
welches in der That Gold war. Für unser heutiges Recht
übrigens kann dieses gleichgültig seyn.

Endlich wird noch diese Art des Irrthums erwähnt
bey der Verpfändung. Empfängt der Glaubiger als Pfand
ein vergoldetes Gefäß, das der Verpfänder für Gold aus-
giebt, so soll das Pfandrecht dennoch begründet seyn (v).
Dieses folgt wieder aus der Natur des einseitigen Ver-
trags, da das vergoldete Gefäß mehr Sicherheit giebt als
gar Nichts. Es wird aber hinzugesetzt, gegen den Ver-
pfänder gehe eine pignoraticia contraria actio, und außer-
dem habe er sich eines Stellionats schuldig gemacht (vor-
ausgesetzt, daß er in dolo war, welches aus der Zusage
allein nicht nothwendig folgt). Die pignoraticia contra-
ria,
die durch die Zusage unzweifelhaft begründet ist
(§ 137. w), geht darauf, daß ein Pfand von gleichem
Werth mit dem versprochnen goldnen Gefäß gegeben

1.), die offenbar dieselbe Ansicht
voraussetzt, wie die vorhergehende
L. 9 eod.
(v) L. 1 § 2 de pign. act.
(13. 7.). -- Ein ganz verschiede-
ner, nicht hierher gehörender Fall
ist es, wenn ein goldnes Gefäß
wirklich verpfändet, diesem aber
nachher bey der Übergabe ein
vergoldetes untergeschoben wird.
Hier ist das Rechtsgeschäft ohne
Irrthum vollendet, und die Ver-
tauschung gilt als Diebstahl. L. 1
§ 1 de pign. act. (13. 7.), L. 20
pr. de furtis
(47. 2.).

§. 138. Error in substantia. (Fortſetzung.)
aequitas, die zu dieſer etwas künſtlichen Behandlung bey
dem Kauf geführt habe, dürfe bey der ſtreng buchſtäbli-
chen Natur der Stipulation nicht gelten. Daraus folgt
denn, daß auch die Stipulation gelten mußte, worin der
Schuldner das verſprochene Gefäß für vergoldet hielt,
welches in der That Gold war. Für unſer heutiges Recht
übrigens kann dieſes gleichgültig ſeyn.

Endlich wird noch dieſe Art des Irrthums erwähnt
bey der Verpfändung. Empfängt der Glaubiger als Pfand
ein vergoldetes Gefäß, das der Verpfänder für Gold aus-
giebt, ſo ſoll das Pfandrecht dennoch begründet ſeyn (v).
Dieſes folgt wieder aus der Natur des einſeitigen Ver-
trags, da das vergoldete Gefäß mehr Sicherheit giebt als
gar Nichts. Es wird aber hinzugeſetzt, gegen den Ver-
pfänder gehe eine pignoraticia contraria actio, und außer-
dem habe er ſich eines Stellionats ſchuldig gemacht (vor-
ausgeſetzt, daß er in dolo war, welches aus der Zuſage
allein nicht nothwendig folgt). Die pignoraticia contra-
ria,
die durch die Zuſage unzweifelhaft begründet iſt
(§ 137. w), geht darauf, daß ein Pfand von gleichem
Werth mit dem verſprochnen goldnen Gefäß gegeben

1.), die offenbar dieſelbe Anſicht
vorausſetzt, wie die vorhergehende
L. 9 eod.
(v) L. 1 § 2 de pign. act.
(13. 7.). — Ein ganz verſchiede-
ner, nicht hierher gehörender Fall
iſt es, wenn ein goldnes Gefäß
wirklich verpfändet, dieſem aber
nachher bey der Übergabe ein
vergoldetes untergeſchoben wird.
Hier iſt das Rechtsgeſchäft ohne
Irrthum vollendet, und die Ver-
tauſchung gilt als Diebſtahl. L. 1
§ 1 de pign. act. (13. 7.), L. 20
pr. de furtis
(47. 2.).
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[301/0313] §. 138. Error in substantia. (Fortſetzung.) aequitas, die zu dieſer etwas künſtlichen Behandlung bey dem Kauf geführt habe, dürfe bey der ſtreng buchſtäbli- chen Natur der Stipulation nicht gelten. Daraus folgt denn, daß auch die Stipulation gelten mußte, worin der Schuldner das verſprochene Gefäß für vergoldet hielt, welches in der That Gold war. Für unſer heutiges Recht übrigens kann dieſes gleichgültig ſeyn. Endlich wird noch dieſe Art des Irrthums erwähnt bey der Verpfändung. Empfängt der Glaubiger als Pfand ein vergoldetes Gefäß, das der Verpfänder für Gold aus- giebt, ſo ſoll das Pfandrecht dennoch begründet ſeyn (v). Dieſes folgt wieder aus der Natur des einſeitigen Ver- trags, da das vergoldete Gefäß mehr Sicherheit giebt als gar Nichts. Es wird aber hinzugeſetzt, gegen den Ver- pfänder gehe eine pignoraticia contraria actio, und außer- dem habe er ſich eines Stellionats ſchuldig gemacht (vor- ausgeſetzt, daß er in dolo war, welches aus der Zuſage allein nicht nothwendig folgt). Die pignoraticia contra- ria, die durch die Zuſage unzweifelhaft begründet iſt (§ 137. w), geht darauf, daß ein Pfand von gleichem Werth mit dem verſprochnen goldnen Gefäß gegeben (u) (v) L. 1 § 2 de pign. act. (13. 7.). — Ein ganz verſchiede- ner, nicht hierher gehörender Fall iſt es, wenn ein goldnes Gefäß wirklich verpfändet, dieſem aber nachher bey der Übergabe ein vergoldetes untergeſchoben wird. Hier iſt das Rechtsgeſchäft ohne Irrthum vollendet, und die Ver- tauſchung gilt als Diebſtahl. L. 1 § 1 de pign. act. (13. 7.), L. 20 pr. de furtis (47. 2.). (u) 1.), die offenbar dieſelbe Anſicht vorausſetzt, wie die vorhergehende L. 9 eod.

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 3. Berlin, 1840, S. 301. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system03_1840/313>, abgerufen am 30.04.2024.