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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 6. Berlin, 1847.

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Buch II. Rechtsverhältnisse. Kap. IV. Verletzung.

Da jene Verhandlung dazu bestimmt war, den Streit
vollständig festzustellen, so durfte sie sich nicht auf eine
bloße Erklärung über die Thatsachen beschränken, sie mußte
vielmehr auch die Exceptionen, Replicationen und Dupli-
cationen umfassen, also den ganzen Inhalt der formula in
sich aufnehmen, so daß die formula unmittelbar aus der
Verhandlung entnommen werden konnte (b).

Der Name der L. C. ist von einem einzelnen Bestand-
theil der ganzen Handlung hergenommen. Beide Par-
teien riefen dabei gemeinschaftlich Zeugen auf, mit dem
Ausdruck: testes estote. -- Diese Zeugen nun dürfen
durchaus nicht als die Beweiszeugen gedacht werden, nach
deren Aussage künftig der Juder entscheiden sollte; solche
kommen in vielen Prozessen überhaupt nicht vor, und in
keinem Fall war jetzt schon die Zeit zu ihrer Vernehmung,
also auch kein Bedürfniß zu ihrer Vorführung, gekommen.
Vielmehr sollten die Zeugen, die bei der L. C. erwähnt
werden, den Inhalt der gegenwärtigen Verhandlung an-
hören und künftig, wenn darüber Zweifel entstände, be-

konnte man eben sowohl die for-
mula concepta,
als die L. C.,
angeben, oder auch mit beiden
Ausdrücken abwechseln. Daß dieses
nicht geschehen, sondern stets nur
die L. C. genannt worden ist, er-
klärt sich aus ihrer Vertragsnatur
(§ 258), von welcher sogleich die
Rede sein wird.
(b) Auf diesen erschöpfenden In-
halt der L. C darf jedoch nicht
allzu großes Gewicht gelegt wer-
den, da er in der That nur für
die strengen Klagen als allgemein
durchgeführt angesehen werden kann.
In den freyen Klagen konnte sich
der Beklagte vorläufig mit einem
allgemeinen Widerspruch begnügen,
und dennoch vor dem Juder Ex-
ceptionen geltend machen. (B. 5
S. 466).
Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. IV. Verletzung.

Da jene Verhandlung dazu beſtimmt war, den Streit
vollſtändig feſtzuſtellen, ſo durfte ſie ſich nicht auf eine
bloße Erklärung über die Thatſachen beſchränken, ſie mußte
vielmehr auch die Exceptionen, Replicationen und Dupli-
cationen umfaſſen, alſo den ganzen Inhalt der formula in
ſich aufnehmen, ſo daß die formula unmittelbar aus der
Verhandlung entnommen werden konnte (b).

Der Name der L. C. iſt von einem einzelnen Beſtand-
theil der ganzen Handlung hergenommen. Beide Par-
teien riefen dabei gemeinſchaftlich Zeugen auf, mit dem
Ausdruck: testes estote. — Dieſe Zeugen nun dürfen
durchaus nicht als die Beweiszeugen gedacht werden, nach
deren Ausſage künftig der Juder entſcheiden ſollte; ſolche
kommen in vielen Prozeſſen überhaupt nicht vor, und in
keinem Fall war jetzt ſchon die Zeit zu ihrer Vernehmung,
alſo auch kein Bedürfniß zu ihrer Vorführung, gekommen.
Vielmehr ſollten die Zeugen, die bei der L. C. erwähnt
werden, den Inhalt der gegenwärtigen Verhandlung an-
hören und künftig, wenn darüber Zweifel entſtände, be-

konnte man eben ſowohl die for-
mula concepta,
als die L. C.,
angeben, oder auch mit beiden
Ausdrücken abwechſeln. Daß dieſes
nicht geſchehen, ſondern ſtets nur
die L. C. genannt worden iſt, er-
klärt ſich aus ihrer Vertragsnatur
(§ 258), von welcher ſogleich die
Rede ſein wird.
(b) Auf dieſen erſchöpfenden In-
halt der L. C darf jedoch nicht
allzu großes Gewicht gelegt wer-
den, da er in der That nur für
die ſtrengen Klagen als allgemein
durchgeführt angeſehen werden kann.
In den freyen Klagen konnte ſich
der Beklagte vorläufig mit einem
allgemeinen Widerſpruch begnügen,
und dennoch vor dem Juder Ex-
ceptionen geltend machen. (B. 5
S. 466).
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[10/0028] Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. IV. Verletzung. Da jene Verhandlung dazu beſtimmt war, den Streit vollſtändig feſtzuſtellen, ſo durfte ſie ſich nicht auf eine bloße Erklärung über die Thatſachen beſchränken, ſie mußte vielmehr auch die Exceptionen, Replicationen und Dupli- cationen umfaſſen, alſo den ganzen Inhalt der formula in ſich aufnehmen, ſo daß die formula unmittelbar aus der Verhandlung entnommen werden konnte (b). Der Name der L. C. iſt von einem einzelnen Beſtand- theil der ganzen Handlung hergenommen. Beide Par- teien riefen dabei gemeinſchaftlich Zeugen auf, mit dem Ausdruck: testes estote. — Dieſe Zeugen nun dürfen durchaus nicht als die Beweiszeugen gedacht werden, nach deren Ausſage künftig der Juder entſcheiden ſollte; ſolche kommen in vielen Prozeſſen überhaupt nicht vor, und in keinem Fall war jetzt ſchon die Zeit zu ihrer Vernehmung, alſo auch kein Bedürfniß zu ihrer Vorführung, gekommen. Vielmehr ſollten die Zeugen, die bei der L. C. erwähnt werden, den Inhalt der gegenwärtigen Verhandlung an- hören und künftig, wenn darüber Zweifel entſtände, be- (a) (b) Auf dieſen erſchöpfenden In- halt der L. C darf jedoch nicht allzu großes Gewicht gelegt wer- den, da er in der That nur für die ſtrengen Klagen als allgemein durchgeführt angeſehen werden kann. In den freyen Klagen konnte ſich der Beklagte vorläufig mit einem allgemeinen Widerſpruch begnügen, und dennoch vor dem Juder Ex- ceptionen geltend machen. (B. 5 S. 466). (a) konnte man eben ſowohl die for- mula concepta, als die L. C., angeben, oder auch mit beiden Ausdrücken abwechſeln. Daß dieſes nicht geſchehen, ſondern ſtets nur die L. C. genannt worden iſt, er- klärt ſich aus ihrer Vertragsnatur (§ 258), von welcher ſogleich die Rede ſein wird.

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 6. Berlin, 1847, S. 10. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system06_1847/28>, abgerufen am 30.04.2024.