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Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 1. Schaffhausen, 1861.

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schon in der vorhistorischen Zeit bekannt gewesen sei, erhellt auch aus dem in so mancher Hinsicht, geschichtlich graphisch, wichtigen ersten Kapitel oder Fargardgard des Vendidad, indem darin (l. 9 1) das zwölfmonatliche Jahr als etwas Hergebrachtes oder längst Bestehendes berührt wird. Rhode, die heilige Sage S. 106, vermuthet, dass schon zu den Zeiten Zoroasters, welcher nach ihm um 2100 vor Chr. lebte, das Jahr von 365 Tagen üblich gewesen sei, weil das Bun-Dehesch versichert, dass in dem Gesetze d. h. in den dem Zoroaster zugeschriebenen Schriften stehe, Ormuzd habe die Welt in 365 Tagen geschaffen. Das im Vendidad erwähnte Jahr wäre somit ein förmliches Sonnenjahr, was an und für sich aus dem Vendidad nicht ersichtlich ist. Wenn aber die Vermuthung begründet ist, dass die Sinesen und die Aegypter das Jahr von 365 Tagen und den Thierkreis von den Ariern, von den Chaldäern empfangen haben, reichen diese bei den letztern noch weit über das Zeitalter Zoroasters hinauf. Die geschriebenen historischen Annalen der Sinesen reichen nämlich bis zum Jahre 2698 vor Chr. hinauf , und damals schon kannten die Sinesen fast alle Erfindungen, welche der höchsten Civilisation angehören, wie z. B. die runde und abgeplattete Form der Erde an den Polen, das kopernikanische Planetensystem, die Magnetnadel, den Metallguss, die Seidenzucht und den Seidewebstuhl, die feinsten Töpfereien u. s. w.2) Die eigentliche Zeit der Entstehung des Thierkreises mit seinen zwölf Sternbildern in Aramäa oder zu Babylon hat Bunsen, Aegyptens Stelle in der Weltgeschichte Va, S. 17 an dem Sternbilde des Stieres zu erweisen gesucht. Der Stier (Tor) ist das astronomische Frühlingszeichen, oder zur Zeit der Einführung des Thierkreises durch die Chaldäer stand die Sonne um die Frühlingsnachtgleiche in dem Stier, was aber nur zwischen 3000-4000 Jahren vor Chr. der Fall gewesen ist, indem wegen des Zurückweichens der Ekliptik bald nach 2000 vor Chr. die Sonne im Nachtgleichepunkt schon in das Sternbild des Widders

1) Spiegel, die heiligen Schriften der Parsen, I., S. 62.
2) Semper, der Styl I, S. 241.

schon in der vorhistorischen Zeit bekannt gewesen sei, erhellt auch aus dem in so mancher Hinsicht, geschichtlich graphisch, wichtigen ersten Kapitel oder Fargardgard des Vendidad, indem darin (l. 9 1) das zwölfmonatliche Jahr als etwas Hergebrachtes oder längst Bestehendes berührt wird. Rhode, die heilige Sage S. 106, vermuthet, dass schon zu den Zeiten Zoroasters, welcher nach ihm um 2100 vor Chr. lebte, das Jahr von 365 Tagen üblich gewesen sei, weil das Bun-Dehesch versichert, dass in dem Gesetze d. h. in den dem Zoroaster zugeschriebenen Schriften stehe, Ormuzd habe die Welt in 365 Tagen geschaffen. Das im Vendidad erwähnte Jahr wäre somit ein förmliches Sonnenjahr, was an und für sich aus dem Vendidad nicht ersichtlich ist. Wenn aber die Vermuthung begründet ist, dass die Sinesen und die Aegypter das Jahr von 365 Tagen und den Thierkreis von den Ariern, von den Chaldäern empfangen haben, reichen diese bei den letztern noch weit über das Zeitalter Zoroasters hinauf. Die geschriebenen historischen Annalen der Sinesen reichen nämlich bis zum Jahre 2698 vor Chr. hinauf , und damals schon kannten die Sinesen fast alle Erfindungen, welche der höchsten Civilisation angehören, wie z. B. die runde und abgeplattete Form der Erde an den Polen, das kopernikanische Planetensystem, die Magnetnadel, den Metallguss, die Seidenzucht und den Seidewebstuhl, die feinsten Töpfereien u. s. w.2) Die eigentliche Zeit der Entstehung des Thierkreises mit seinen zwölf Sternbildern in Aramäa oder zu Babylon hat Bunsen, Aegyptens Stelle in der Weltgeschichte Va, S. 17 an dem Sternbilde des Stieres zu erweisen gesucht. Der Stier (Tor) ist das astronomische Frühlingszeichen, oder zur Zeit der Einführung des Thierkreises durch die Chaldäer stand die Sonne um die Frühlingsnachtgleiche in dem Stier, was aber nur zwischen 3000-4000 Jahren vor Chr. der Fall gewesen ist, indem wegen des Zurückweichens der Ekliptik bald nach 2000 vor Chr. die Sonne im Nachtgleichepunkt schon in das Sternbild des Widders

1) Spiegel, die heiligen Schriften der Parsen, I., S. 62.
2) Semper, der Styl I, S. 241.
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 Chr. lebte, das Jahr von 365 Tagen üblich gewesen sei, weil das Bun-Dehesch versichert, dass in dem
 Gesetze d. h. in den dem Zoroaster zugeschriebenen Schriften stehe, Ormuzd habe die Welt in 365
 Tagen geschaffen. Das im Vendidad erwähnte Jahr wäre somit ein förmliches Sonnenjahr, was an und für
 sich aus dem Vendidad nicht ersichtlich ist. Wenn aber die Vermuthung begründet ist, dass die
 Sinesen und die Aegypter das Jahr von 365 Tagen und den Thierkreis von den Ariern, von den Chaldäern
 empfangen haben, reichen diese bei den letztern noch weit über das Zeitalter Zoroasters hinauf. Die
 geschriebenen historischen Annalen der Sinesen reichen nämlich bis zum Jahre 2698 vor Chr. hinauf ,
 und damals schon kannten die Sinesen fast alle Erfindungen, welche der höchsten Civilisation
 angehören, wie z. B. die runde und abgeplattete Form der Erde an den Polen, das kopernikanische
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 der Entstehung des Thierkreises mit seinen zwölf Sternbildern in Aramäa oder zu Babylon hat Bunsen,
 Aegyptens Stelle in der Weltgeschichte Va, S. 17 an dem Sternbilde des Stieres zu erweisen gesucht.
 Der Stier (Tor) ist das astronomische Frühlingszeichen, oder zur Zeit der Einführung des
 Thierkreises durch die Chaldäer stand die Sonne um die Frühlingsnachtgleiche in dem Stier, was aber
 nur zwischen 3000-4000 Jahren vor Chr. der Fall gewesen ist, indem wegen des Zurückweichens der
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[10/0026] schon in der vorhistorischen Zeit bekannt gewesen sei, erhellt auch aus dem in so mancher Hinsicht, geschichtlich graphisch, wichtigen ersten Kapitel oder Fargardgard des Vendidad, indem darin (l. 9 1) das zwölfmonatliche Jahr als etwas Hergebrachtes oder längst Bestehendes berührt wird. Rhode, die heilige Sage S. 106, vermuthet, dass schon zu den Zeiten Zoroasters, welcher nach ihm um 2100 vor Chr. lebte, das Jahr von 365 Tagen üblich gewesen sei, weil das Bun-Dehesch versichert, dass in dem Gesetze d. h. in den dem Zoroaster zugeschriebenen Schriften stehe, Ormuzd habe die Welt in 365 Tagen geschaffen. Das im Vendidad erwähnte Jahr wäre somit ein förmliches Sonnenjahr, was an und für sich aus dem Vendidad nicht ersichtlich ist. Wenn aber die Vermuthung begründet ist, dass die Sinesen und die Aegypter das Jahr von 365 Tagen und den Thierkreis von den Ariern, von den Chaldäern empfangen haben, reichen diese bei den letztern noch weit über das Zeitalter Zoroasters hinauf. Die geschriebenen historischen Annalen der Sinesen reichen nämlich bis zum Jahre 2698 vor Chr. hinauf , und damals schon kannten die Sinesen fast alle Erfindungen, welche der höchsten Civilisation angehören, wie z. B. die runde und abgeplattete Form der Erde an den Polen, das kopernikanische Planetensystem, die Magnetnadel, den Metallguss, die Seidenzucht und den Seidewebstuhl, die feinsten Töpfereien u. s. w. 2) Die eigentliche Zeit der Entstehung des Thierkreises mit seinen zwölf Sternbildern in Aramäa oder zu Babylon hat Bunsen, Aegyptens Stelle in der Weltgeschichte Va, S. 17 an dem Sternbilde des Stieres zu erweisen gesucht. Der Stier (Tor) ist das astronomische Frühlingszeichen, oder zur Zeit der Einführung des Thierkreises durch die Chaldäer stand die Sonne um die Frühlingsnachtgleiche in dem Stier, was aber nur zwischen 3000-4000 Jahren vor Chr. der Fall gewesen ist, indem wegen des Zurückweichens der Ekliptik bald nach 2000 vor Chr. die Sonne im Nachtgleichepunkt schon in das Sternbild des Widders 1) Spiegel, die heiligen Schriften der Parsen, I., S. 62. 2) Semper, der Styl I, S. 241.

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Zitationshilfe: Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 1. Schaffhausen, 1861, S. 10. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei01_1861/26>, abgerufen am 30.04.2024.