Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 2. Schaffhausen, 1861.rühren scheint, möchte das Symbol des Regenbogens das älteste und ursprünglichste, die lichte Himmelsbrücke des Tages sein, während die Milchstrasse der Nacht anheimfällt. In diesem Sinne möchte es zu verstehen sein, dass Gott in der Genesis 9, 8 ff., nach der Sinfluth und nach der Landung des Noah denselben zum Zeichen des Bundes zwischen ihm und der Erde oder den Menschen setzt; der Regenbogen ist das Band des Bundes selbst. In der deutschen Mythologie wird der Regenbogen als die Brücke Bifröst, wörtlich die bebende Rast oder Wegstrecke vorgestellt, welche Himmel und Erde verbindet und über die die Asen oder Himmelsgötter auf- und niedersteigen.1) Die Brücke, sei es nun der Regenbogen oder die Milchstrasse, hängt übrigens auf das Innigste zusammen mit dem Todten- oder Wolkenstrome und Meere, welche nach den Vorstellungen des Zendvolkes und der Inder, der Griechen und Römer, der Aegypter u. s. w. die Seelen der Verstorbenen durchschiffen mussten, um in das über dem Luftraum und den sieben Planetensphäreil, jenseits des Himmelsokeanos gelegene Lichtreich zu gelangen. Brücke, Schiff und Meer sind aber natürlich verhältnissmässig sehr späte und schon gebildetere Vorstellungen, da, um solche zu fassen, die Urvölker an den Meeresküsten Asiens oder wenigstens an dessen grösseren Strömen angekommen sein und die Schifffahrt kennen mussten. Das Uranfänglichste war ein blosser Steg, eine einfache Leiter, da die blossen Gebirgsvölker zum Herab- und Hinaufsteigen noch kein an- 1) Simrok, deutsche Mythologie, S. 30; Menzel, Odin, S. 233. Ueber die in Schweizer- und deutschen Sagen nicht selten erscheinenden ledernen und Drahtbrücken, welche auch zu förmlichen Todesbrücken werden, vergl. Rochholz, a. a. O., II. S. 216 ff. Von einer solchen drahtschmalen Höllenbrücke, die dünner als ein Haar, schärfer als die Schwertschneide und mit Dornen auf beiden Seiten besetzt ist, reden auch Juden und Mohammedaner. Das Bild des Lebens als einer Wanderung auf schwankendem und schmalemStege stammt vermuthlich daher. In spätern nordenglischen Liedern, welche man sonst bei der Leichenwache sang, geschieht gleichfalls der Angstbrücke Erwähnung, nicht breiter als ein Draht (the bridge of dread no brader than a thread), über welche die Seele zu schreiten hat, und welche zwischen dem Purgatorium und Paradies liegt. Vergl. Eckermann, a. a. O., III. 1. S. 28.
rühren scheint, möchte das Symbol des Regenbogens das älteste und ursprünglichste, die lichte Himmelsbrücke des Tages sein, während die Milchstrasse der Nacht anheimfällt. In diesem Sinne möchte es zu verstehen sein, dass Gott in der Genesis 9, 8 ff., nach der Sinfluth und nach der Landung des Noah denselben zum Zeichen des Bundes zwischen ihm und der Erde oder den Menschen setzt; der Regenbogen ist das Band des Bundes selbst. In der deutschen Mythologie wird der Regenbogen als die Brücke Bifröst, wörtlich die bebende Rast oder Wegstrecke vorgestellt, welche Himmel und Erde verbindet und über die die Asen oder Himmelsgötter auf- und niedersteigen.1) Die Brücke, sei es nun der Regenbogen oder die Milchstrasse, hängt übrigens auf das Innigste zusammen mit dem Todten- oder Wolkenstrome und Meere, welche nach den Vorstellungen des Zendvolkes und der Inder, der Griechen und Römer, der Aegypter u. s. w. die Seelen der Verstorbenen durchschiffen mussten, um in das über dem Luftraum und den sieben Planetensphäreil, jenseits des Himmelsokeanos gelegene Lichtreich zu gelangen. Brücke, Schiff und Meer sind aber natürlich verhältnissmässig sehr späte und schon gebildetere Vorstellungen, da, um solche zu fassen, die Urvölker an den Meeresküsten Asiens oder wenigstens an dessen grösseren Strömen angekommen sein und die Schifffahrt kennen mussten. Das Uranfänglichste war ein blosser Steg, eine einfache Leiter, da die blossen Gebirgsvölker zum Herab- und Hinaufsteigen noch kein an- 1) Simrok, deutsche Mythologie, S. 30; Menzel, Odin, S. 233. Ueber die in Schweizer- und deutschen Sagen nicht selten erscheinenden ledernen und Drahtbrücken, welche auch zu förmlichen Todesbrücken werden, vergl. Rochholz, a. a. O., II. S. 216 ff. Von einer solchen drahtschmalen Höllenbrücke, die dünner als ein Haar, schärfer als die Schwertschneide und mit Dornen auf beiden Seiten besetzt ist, reden auch Juden und Mohammedaner. Das Bild des Lebens als einer Wanderung auf schwankendem und schmalemStege stammt vermuthlich daher. In spätern nordenglischen Liedern, welche man sonst bei der Leichenwache sang, geschieht gleichfalls der Angstbrücke Erwähnung, nicht breiter als ein Draht (the bridge of dread no brader than a thread), über welche die Seele zu schreiten hat, und welche zwischen dem Purgatorium und Paradies liegt. Vergl. Eckermann, a. a. O., III. 1. S. 28.
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rühren scheint, möchte das Symbol des Regenbogens das älteste und ursprünglichste, die lichte Himmelsbrücke des Tages sein, während die Milchstrasse der Nacht anheimfällt. In diesem Sinne möchte es zu verstehen sein, dass Gott in der Genesis 9, 8 ff., nach der Sinfluth und nach der Landung des Noah denselben zum Zeichen des Bundes zwischen ihm und der Erde oder den Menschen setzt; der Regenbogen ist das Band des Bundes selbst. In der deutschen Mythologie wird der Regenbogen als die Brücke Bifröst, wörtlich die bebende Rast oder Wegstrecke vorgestellt, welche Himmel und Erde verbindet und über die die Asen oder Himmelsgötter auf- und niedersteigen. 1) Die Brücke, sei es nun der Regenbogen oder die Milchstrasse, hängt übrigens auf das Innigste zusammen mit dem Todten- oder Wolkenstrome und Meere, welche nach den Vorstellungen des Zendvolkes und der Inder, der Griechen und Römer, der Aegypter u. s. w. die Seelen der Verstorbenen durchschiffen mussten, um in das über dem Luftraum und den sieben Planetensphäreil, jenseits des Himmelsokeanos gelegene Lichtreich zu gelangen. Brücke, Schiff und Meer sind aber natürlich verhältnissmässig sehr späte und schon gebildetere Vorstellungen, da, um solche zu fassen, die Urvölker an den Meeresküsten Asiens oder wenigstens an dessen grösseren Strömen angekommen sein und die Schifffahrt kennen mussten. Das Uranfänglichste war ein blosser Steg, eine einfache Leiter, da die blossen Gebirgsvölker zum Herab- und Hinaufsteigen noch kein an-
1) Simrok, deutsche Mythologie, S. 30; Menzel, Odin, S. 233. Ueber die in Schweizer- und deutschen Sagen nicht selten erscheinenden ledernen und Drahtbrücken, welche auch zu förmlichen Todesbrücken werden, vergl. Rochholz, a. a. O., II. S. 216 ff. Von einer solchen drahtschmalen Höllenbrücke, die dünner als ein Haar, schärfer als die Schwertschneide und mit Dornen auf beiden Seiten besetzt ist, reden auch Juden und Mohammedaner. Das Bild des Lebens als einer Wanderung auf schwankendem und schmalemStege stammt vermuthlich daher. In spätern nordenglischen Liedern, welche man sonst bei der Leichenwache sang, geschieht gleichfalls der Angstbrücke Erwähnung, nicht breiter als ein Draht (the bridge of dread no brader than a thread), über welche die Seele zu schreiten hat, und welche zwischen dem Purgatorium und Paradies liegt. Vergl. Eckermann, a. a. O., III. 1. S. 28.
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Zitationshilfe: | Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 2. Schaffhausen, 1861, S. 423. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei02_1861/443>, abgerufen am 10.06.2024. |