Scheffel, Joseph Victor von: Ekkehard. Frankfurt (Main), 1855.Da flüsterten die Diener, da ward's der Königin klar, Daß Hiltgund mit Waltari nächtlich entflohen war. Da hub sie an: O Fluch dem Gastmahl und dreimal Fluch Dem Wein, der meine Hunnen so schwer darnieder schlug, Was ich den König warnte, liegt offen itzt zu Tag, Von unsres Reiches Stützen die stolzeste Säule brach! Der alte König Etzel von bösem Zorn entbrannt Zerriß den Purpurmantel und warf ihn an die Wand Und wie der Staub vom Sturme gewirbelt wird zu Hauf', So wirbelte ihm im Herzen ein Schwarm von Sorgen sich auf. Kein Wörtlein konnt er sprechen, zu mächtig war sein Grimm, Und Speise und Getränk stund unberührt vor ihm. Die Nacht kam angeflogen, noch fand er keine Ruh, Er lag auf seinem Pfühle und schloß kein Auge zu, Er warf sich bald zur Rechten, bald zu der Linken nieder Als hätt' ein Pfeil durchschossen die stolzen Heldenglieder, Dann saß er wieder aufrecht, der grambethörte Greis, Dann sprang er aus dem Lager, und lief herum im Kreis. So ward dem Hunnenkönig der süße Schlaf verleidet Derweil das Flüchtlingspaar schweigsam dem Land entreitet. Doch wie am andern Morgen aufstieg der lichte Tag Hieß er der Hunnen Aelteste zusammenkommen und sprach: Wer mir in Banden brächte Waltari den schlauen Fuchs Als wie vom Wald der Jäger den hinterlistigen Luchs Dem schüfe ich zur Stunde ein golddurchwirkt Gewand Und wollt mit Gold ihn decken von Haupt zu Fuß so sehr Daß ihm von Goldeshaufen der Weg gesperret wär'. Da flüſterten die Diener, da ward's der Königin klar, Daß Hiltgund mit Waltari nächtlich entflohen war. Da hub ſie an: O Fluch dem Gaſtmahl und dreimal Fluch Dem Wein, der meine Hunnen ſo ſchwer darnieder ſchlug, Was ich den König warnte, liegt offen itzt zu Tag, Von unſres Reiches Stützen die ſtolzeſte Säule brach! Der alte König Etzel von böſem Zorn entbrannt Zerriß den Purpurmantel und warf ihn an die Wand Und wie der Staub vom Sturme gewirbelt wird zu Hauf', So wirbelte ihm im Herzen ein Schwarm von Sorgen ſich auf. Kein Wörtlein konnt er ſprechen, zu mächtig war ſein Grimm, Und Speiſe und Getränk ſtund unberührt vor ihm. Die Nacht kam angeflogen, noch fand er keine Ruh, Er lag auf ſeinem Pfühle und ſchloß kein Auge zu, Er warf ſich bald zur Rechten, bald zu der Linken nieder Als hätt' ein Pfeil durchſchoſſen die ſtolzen Heldenglieder, Dann ſaß er wieder aufrecht, der grambethörte Greis, Dann ſprang er aus dem Lager, und lief herum im Kreis. So ward dem Hunnenkönig der ſüße Schlaf verleidet Derweil das Flüchtlingspaar ſchweigſam dem Land entreitet. Doch wie am andern Morgen aufſtieg der lichte Tag Hieß er der Hunnen Aelteſte zuſammenkommen und ſprach: Wer mir in Banden brächte Waltari den ſchlauen Fuchs Als wie vom Wald der Jäger den hinterliſtigen Luchs Dem ſchüfe ich zur Stunde ein golddurchwirkt Gewand Und wollt mit Gold ihn decken von Haupt zu Fuß ſo ſehr Daß ihm von Goldeshaufen der Weg geſperret wär'. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0383" n="361"/> <lg n="3"> <l>Da flüſterten die Diener, da ward's der Königin klar,</l><lb/> <l>Daß Hiltgund mit Waltari nächtlich entflohen war.</l><lb/> <l>Da hub ſie an: O Fluch dem Gaſtmahl und dreimal Fluch</l><lb/> <l>Dem Wein, der meine Hunnen ſo ſchwer darnieder ſchlug,</l><lb/> <l>Was ich den König warnte, liegt offen itzt zu Tag,</l><lb/> <l>Von unſres Reiches Stützen die ſtolzeſte Säule brach!</l> </lg><lb/> <lg n="4"> <l>Der alte König Etzel von böſem Zorn entbrannt</l><lb/> <l>Zerriß den Purpurmantel und warf ihn an die Wand</l><lb/> <l>Und wie der Staub vom Sturme gewirbelt wird zu Hauf',</l><lb/> <l>So wirbelte ihm im Herzen ein Schwarm von Sorgen ſich auf.</l><lb/> <l>Kein Wörtlein konnt er ſprechen, zu mächtig war ſein Grimm,</l><lb/> <l>Und Speiſe und Getränk ſtund unberührt vor ihm.</l><lb/> <l>Die Nacht kam angeflogen, noch fand er keine Ruh,</l><lb/> <l>Er lag auf ſeinem Pfühle und ſchloß kein Auge zu,</l><lb/> <l>Er warf ſich bald zur Rechten, bald zu der Linken nieder</l><lb/> <l>Als hätt' ein Pfeil durchſchoſſen die ſtolzen Heldenglieder,</l><lb/> <l>Dann ſaß er wieder aufrecht, der grambethörte Greis,</l><lb/> <l>Dann ſprang er aus dem Lager, und lief herum im Kreis.</l> </lg><lb/> <lg n="5"> <l>So ward dem Hunnenkönig der ſüße Schlaf verleidet</l><lb/> <l>Derweil das Flüchtlingspaar ſchweigſam dem Land entreitet.</l><lb/> <l>Doch wie am andern Morgen aufſtieg der lichte Tag</l><lb/> <l>Hieß er der Hunnen Aelteſte zuſammenkommen und ſprach:</l><lb/> <l>Wer mir in Banden brächte Waltari den ſchlauen Fuchs</l><lb/> <l>Als wie vom Wald der Jäger den hinterliſtigen Luchs</l><lb/> <l>Dem ſchüfe ich zur Stunde ein golddurchwirkt Gewand</l><lb/> <l>Und wollt mit Gold ihn decken von Haupt zu Fuß ſo ſehr</l><lb/> <l>Daß ihm von Goldeshaufen der Weg geſperret wär'.</l> </lg><lb/> </lg> </div> </body> </text> </TEI> [361/0383]
Da flüſterten die Diener, da ward's der Königin klar,
Daß Hiltgund mit Waltari nächtlich entflohen war.
Da hub ſie an: O Fluch dem Gaſtmahl und dreimal Fluch
Dem Wein, der meine Hunnen ſo ſchwer darnieder ſchlug,
Was ich den König warnte, liegt offen itzt zu Tag,
Von unſres Reiches Stützen die ſtolzeſte Säule brach!
Der alte König Etzel von böſem Zorn entbrannt
Zerriß den Purpurmantel und warf ihn an die Wand
Und wie der Staub vom Sturme gewirbelt wird zu Hauf',
So wirbelte ihm im Herzen ein Schwarm von Sorgen ſich auf.
Kein Wörtlein konnt er ſprechen, zu mächtig war ſein Grimm,
Und Speiſe und Getränk ſtund unberührt vor ihm.
Die Nacht kam angeflogen, noch fand er keine Ruh,
Er lag auf ſeinem Pfühle und ſchloß kein Auge zu,
Er warf ſich bald zur Rechten, bald zu der Linken nieder
Als hätt' ein Pfeil durchſchoſſen die ſtolzen Heldenglieder,
Dann ſaß er wieder aufrecht, der grambethörte Greis,
Dann ſprang er aus dem Lager, und lief herum im Kreis.
So ward dem Hunnenkönig der ſüße Schlaf verleidet
Derweil das Flüchtlingspaar ſchweigſam dem Land entreitet.
Doch wie am andern Morgen aufſtieg der lichte Tag
Hieß er der Hunnen Aelteſte zuſammenkommen und ſprach:
Wer mir in Banden brächte Waltari den ſchlauen Fuchs
Als wie vom Wald der Jäger den hinterliſtigen Luchs
Dem ſchüfe ich zur Stunde ein golddurchwirkt Gewand
Und wollt mit Gold ihn decken von Haupt zu Fuß ſo ſehr
Daß ihm von Goldeshaufen der Weg geſperret wär'.
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