Als Sechster in den Kampf ging jetzo Patavrid, Des Hagen Schwestersohn. Wie den sein Oheim sieht Gedachte er mit Bitten zu wenden ihm den Sinn: Schau wie der Tod dich anlacht! laß ab, wo eilst du hin? Laß ab, laß ab o Neffe, dich täuscht dein Jugendmuth Zu zwingen den Waltari braucht's andre Kraft und Gluth.
Des Zuspruchs ungerührt der Jüngling ging von hinnen, Sein einzig Trachten war, sich Ehre zu gewinnen. Bekümmert saß drum Hagen und seufzte tief und grollte: O nimmersatte Habgier, o schnöder Durst nach Golde, O schlänge doch die Hölle das güldne Erz in Rachen, Und gäb' es statt den Menschen zur Hut den alten Drachen! Niemand hat mehr genug. Sie schaffen und sie scharren Sich täglich mehr zusammen und sind doch arme Narren! Wie reitest in den Tod auch du mein Neffe so blind, Was soll ich deiner Mutter für Kunde bringen vom Kind? Und was dem jungen Weibe, das traurig deiner harrt, Dem noch zu schwachem Troste der erste Sproß nicht ward?
Sprach's und die Thräne rollt' ihm langsam in Schooß hinab: Fahr' wohl auf lange! seufzt' er, fahr' wohl, du schöner Knab!
Als Sechster in den Kampf ging jetzo Patavrid, Des Hagen Schweſterſohn. Wie den ſein Oheim ſieht Gedachte er mit Bitten zu wenden ihm den Sinn: Schau wie der Tod dich anlacht! laß ab, wo eilſt du hin? Laß ab, laß ab o Neffe, dich täuſcht dein Jugendmuth Zu zwingen den Waltari braucht's andre Kraft und Gluth.
Des Zuſpruchs ungerührt der Jüngling ging von hinnen, Sein einzig Trachten war, ſich Ehre zu gewinnen. Bekümmert ſaß drum Hagen und ſeufzte tief und grollte: O nimmerſatte Habgier, o ſchnöder Durſt nach Golde, O ſchlänge doch die Hölle das güldne Erz in Rachen, Und gäb' es ſtatt den Menſchen zur Hut den alten Drachen! Niemand hat mehr genug. Sie ſchaffen und ſie ſcharren Sich täglich mehr zuſammen und ſind doch arme Narren! Wie reiteſt in den Tod auch du mein Neffe ſo blind, Was ſoll ich deiner Mutter für Kunde bringen vom Kind? Und was dem jungen Weibe, das traurig deiner harrt, Dem noch zu ſchwachem Troſte der erſte Sproß nicht ward?
Sprach's und die Thräne rollt' ihm langſam in Schooß hinab: Fahr' wohl auf lange! ſeufzt' er, fahr' wohl, du ſchöner Knab!
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Als Sechster in den Kampf ging jetzo Patavrid,
Des Hagen Schweſterſohn. Wie den ſein Oheim ſieht
Gedachte er mit Bitten zu wenden ihm den Sinn:
Schau wie der Tod dich anlacht! laß ab, wo eilſt du hin?
Laß ab, laß ab o Neffe, dich täuſcht dein Jugendmuth
Zu zwingen den Waltari braucht's andre Kraft und Gluth.
Des Zuſpruchs ungerührt der Jüngling ging von hinnen,
Sein einzig Trachten war, ſich Ehre zu gewinnen.
Bekümmert ſaß drum Hagen und ſeufzte tief und grollte:
O nimmerſatte Habgier, o ſchnöder Durſt nach Golde,
O ſchlänge doch die Hölle das güldne Erz in Rachen,
Und gäb' es ſtatt den Menſchen zur Hut den alten Drachen!
Niemand hat mehr genug. Sie ſchaffen und ſie ſcharren
Sich täglich mehr zuſammen und ſind doch arme Narren!
Wie reiteſt in den Tod auch du mein Neffe ſo blind,
Was ſoll ich deiner Mutter für Kunde bringen vom Kind?
Und was dem jungen Weibe, das traurig deiner harrt,
Dem noch zu ſchwachem Troſte der erſte Sproß nicht ward?
Sprach's und die Thräne rollt' ihm langſam in Schooß hinab:
Fahr' wohl auf lange! ſeufzt' er, fahr' wohl, du ſchöner Knab!
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Scheffel, Joseph Victor von: Ekkehard. Frankfurt (Main), 1855, S. 377. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/scheffel_ekkehard_1855/399>, abgerufen am 17.06.2024.
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