Schiller, Friedrich: Geschichte des dreyßigjährigen Kriegs. Frankfurt u. a., 1792.ihnen alles verdankten, dem Hohngelächter des Feindes preis gegeben. An eine Genugthuung für sie, an einen Ersatz ihrer aufgewandten Kosten, an ein Aequivalent für die Eroberungen, welche sie im Stiche lassen sollten, war in dem Prager Frieden mit keiner Silbe gedacht worden. Nackter als sie gekommen waren, sollten sie nun entlassen, und, wenn sie sich dagegen sträubten, durch dieselben Hände, welche sie hereingerufen, aus Deutschland hinausgejagt werden. Endlich ließ zwar der Churfürst von Sachsen ein Wort von einer Genugthuung fallen, die in Geld bestehen, und die kleine Summe von drittehalb Millionen Gulden betragen sollte. Aber die Schweden hatten weit mehr von ihrem Eigenen zugesetzt; eine so schimpfliche Abfindung mit Geld mußte ihren Eigennutz kränken und ihren Stolz empören. "Die Churfürsten von Bayern und Sachsen," antwortete Oxenstierna, "liessen sich den Beystand, den sie dem Kaiser leisteten, und als Vasallen ihm schuldig waren, mit wichtigen Provinzen bezahlen; und uns Schweden, uns, die wir unsern König für Deutschland dahingegeben, will man mit der armseligen Summe von drittehalb Millionen Gulden nach Hause weisen?" Die getäuschte Hoffnung schmerzte um so mehr, je gewisser man darauf gerechnet hatte, sich mit dem Herzogthum Pommern, dessen gegenwärtiger Besitzer alt und ohne Succession war, bezahlt zu machen. Aber die Anwartschaft auf dieses Land wurde in dem Prager Frieden dem Churfürsten von Brandenburg zugesichert, und gegen die Festsetzung der Schweden in diesen Grenzen des Reichs empörten sich alle benachbarten Mächte. Nie in dem ganzen Kriege hatte es schlimmer um die Schweden gestanden, als in diesem 1635sten Jahre, unmittelbar nach Bekanntmachung des Pragischen Friedens. Viele ihrer Alliirten, unter den Reichsstädten besonders, verließen ihre Parthey, um der Wohlthat des Friedens theilhaftig zu werden; ihnen alles verdankten, dem Hohngelächter des Feindes preis gegeben. An eine Genugthuung für sie, an einen Ersatz ihrer aufgewandten Kosten, an ein Aequivalent für die Eroberungen, welche sie im Stiche lassen sollten, war in dem Prager Frieden mit keiner Silbe gedacht worden. Nackter als sie gekommen waren, sollten sie nun entlassen, und, wenn sie sich dagegen sträubten, durch dieselben Hände, welche sie hereingerufen, aus Deutschland hinausgejagt werden. Endlich ließ zwar der Churfürst von Sachsen ein Wort von einer Genugthuung fallen, die in Geld bestehen, und die kleine Summe von drittehalb Millionen Gulden betragen sollte. Aber die Schweden hatten weit mehr von ihrem Eigenen zugesetzt; eine so schimpfliche Abfindung mit Geld mußte ihren Eigennutz kränken und ihren Stolz empören. „Die Churfürsten von Bayern und Sachsen,“ antwortete Oxenstierna, „liessen sich den Beystand, den sie dem Kaiser leisteten, und als Vasallen ihm schuldig waren, mit wichtigen Provinzen bezahlen; und uns Schweden, uns, die wir unsern König für Deutschland dahingegeben, will man mit der armseligen Summe von drittehalb Millionen Gulden nach Hause weisen?“ Die getäuschte Hoffnung schmerzte um so mehr, je gewisser man darauf gerechnet hatte, sich mit dem Herzogthum Pommern, dessen gegenwärtiger Besitzer alt und ohne Succession war, bezahlt zu machen. Aber die Anwartschaft auf dieses Land wurde in dem Prager Frieden dem Churfürsten von Brandenburg zugesichert, und gegen die Festsetzung der Schweden in diesen Grenzen des Reichs empörten sich alle benachbarten Mächte. Nie in dem ganzen Kriege hatte es schlimmer um die Schweden gestanden, als in diesem 1635sten Jahre, unmittelbar nach Bekanntmachung des Pragischen Friedens. Viele ihrer Alliirten, unter den Reichsstädten besonders, verließen ihre Parthey, um der Wohlthat des Friedens theilhaftig zu werden; <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0438" n="430"/> ihnen alles verdankten, dem Hohngelächter des Feindes preis gegeben. An eine Genugthuung für sie, an einen Ersatz ihrer aufgewandten Kosten, an ein Aequivalent für die Eroberungen, welche sie im Stiche lassen sollten, war in dem Prager Frieden mit keiner Silbe gedacht worden. Nackter als sie gekommen waren, sollten sie nun entlassen, und, wenn sie sich dagegen sträubten, durch dieselben Hände, welche sie hereingerufen, aus Deutschland hinausgejagt werden. Endlich ließ zwar der Churfürst von Sachsen ein Wort von einer Genugthuung fallen, die in Geld bestehen, und die kleine Summe von drittehalb Millionen Gulden betragen sollte. Aber die Schweden hatten weit mehr von ihrem Eigenen zugesetzt; eine so schimpfliche Abfindung mit Geld mußte ihren Eigennutz kränken und ihren Stolz empören. „Die Churfürsten von Bayern und Sachsen,“ antwortete Oxenstierna, „liessen sich den Beystand, den sie dem Kaiser leisteten, und als Vasallen ihm schuldig waren, mit wichtigen Provinzen bezahlen; und uns Schweden, uns, die wir unsern König für Deutschland dahingegeben, will man mit der armseligen Summe von drittehalb Millionen Gulden nach Hause weisen?“ Die getäuschte Hoffnung schmerzte um so mehr, je gewisser man darauf gerechnet hatte, sich mit dem Herzogthum Pommern, dessen gegenwärtiger Besitzer alt und ohne Succession war, bezahlt zu machen. Aber die Anwartschaft auf dieses Land wurde in dem Prager Frieden dem Churfürsten von Brandenburg zugesichert, und gegen die Festsetzung der Schweden in diesen Grenzen des Reichs empörten sich alle benachbarten Mächte.</p> <p>Nie in dem ganzen Kriege hatte es schlimmer um die Schweden gestanden, als in diesem 1635sten Jahre, unmittelbar nach Bekanntmachung des Pragischen Friedens. Viele ihrer Alliirten, unter den Reichsstädten besonders, verließen ihre Parthey, um der Wohlthat des Friedens theilhaftig zu werden; </p> </div> </body> </text> </TEI> [430/0438]
ihnen alles verdankten, dem Hohngelächter des Feindes preis gegeben. An eine Genugthuung für sie, an einen Ersatz ihrer aufgewandten Kosten, an ein Aequivalent für die Eroberungen, welche sie im Stiche lassen sollten, war in dem Prager Frieden mit keiner Silbe gedacht worden. Nackter als sie gekommen waren, sollten sie nun entlassen, und, wenn sie sich dagegen sträubten, durch dieselben Hände, welche sie hereingerufen, aus Deutschland hinausgejagt werden. Endlich ließ zwar der Churfürst von Sachsen ein Wort von einer Genugthuung fallen, die in Geld bestehen, und die kleine Summe von drittehalb Millionen Gulden betragen sollte. Aber die Schweden hatten weit mehr von ihrem Eigenen zugesetzt; eine so schimpfliche Abfindung mit Geld mußte ihren Eigennutz kränken und ihren Stolz empören. „Die Churfürsten von Bayern und Sachsen,“ antwortete Oxenstierna, „liessen sich den Beystand, den sie dem Kaiser leisteten, und als Vasallen ihm schuldig waren, mit wichtigen Provinzen bezahlen; und uns Schweden, uns, die wir unsern König für Deutschland dahingegeben, will man mit der armseligen Summe von drittehalb Millionen Gulden nach Hause weisen?“ Die getäuschte Hoffnung schmerzte um so mehr, je gewisser man darauf gerechnet hatte, sich mit dem Herzogthum Pommern, dessen gegenwärtiger Besitzer alt und ohne Succession war, bezahlt zu machen. Aber die Anwartschaft auf dieses Land wurde in dem Prager Frieden dem Churfürsten von Brandenburg zugesichert, und gegen die Festsetzung der Schweden in diesen Grenzen des Reichs empörten sich alle benachbarten Mächte.
Nie in dem ganzen Kriege hatte es schlimmer um die Schweden gestanden, als in diesem 1635sten Jahre, unmittelbar nach Bekanntmachung des Pragischen Friedens. Viele ihrer Alliirten, unter den Reichsstädten besonders, verließen ihre Parthey, um der Wohlthat des Friedens theilhaftig zu werden;
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Zitationshilfe: | Schiller, Friedrich: Geschichte des dreyßigjährigen Kriegs. Frankfurt u. a., 1792, S. 430. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_krieg_1792/438>, abgerufen am 16.06.2024. |