Schlegel, August Wilhelm von; Schlegel, Friedrich von (Hrsg.): Athenaeum. Bd. 1. Berlin, 1798.unbegreiflichere angebohrne geistige Duplicität des Menschen. Die Geschichte der ersten Römischen Caesaren ist wie die Symphonie und das Thema der Geschichte aller nachfolgenden. Die Fehler der griechischen Sophisten waren mehr Fehler aus Ueberfluß als aus Mangel. Selbst in der Zuversicht und Arroganz, mit der sie alles zu wissen, ja auch wohl zu können glaubten und vorgaben, liegt etwas sehr philosophisches, nicht der Absicht, aber dem Jnstinkt nach: denn der Philosoph hat doch nur die Alternative, Alles oder Nichts wissen zu wollen. Das, woraus man nur Etwas, oder Allerley lernen soll, ist sicher keine Philosophie. Jm Plato finden sich alle reinen Arten der Griechischen Prosa in klassischer Jndividualität unvermischt, und oft schneidend neben einander: die logische, die physische, die mimische, die panegyrische, und die mythische. Die mimische ist die Grundlage und das allgemeine Element: die andern kommen oft nur episodisch vor. Dann hat er noch eine ihm besonders eigne Art, worin er am meisten Plato ist, die dithyrambische. Man könnte sie eine Mischung der mythischen, und panegyrischen nennen, wenn sie nicht auch etwas von dem gedrängten und einfach Würdigen der physischen hätte. unbegreiflichere angebohrne geistige Duplicitaͤt des Menschen. Die Geschichte der ersten Roͤmischen Caesaren ist wie die Symphonie und das Thema der Geschichte aller nachfolgenden. Die Fehler der griechischen Sophisten waren mehr Fehler aus Ueberfluß als aus Mangel. Selbst in der Zuversicht und Arroganz, mit der sie alles zu wissen, ja auch wohl zu koͤnnen glaubten und vorgaben, liegt etwas sehr philosophisches, nicht der Absicht, aber dem Jnstinkt nach: denn der Philosoph hat doch nur die Alternative, Alles oder Nichts wissen zu wollen. Das, woraus man nur Etwas, oder Allerley lernen soll, ist sicher keine Philosophie. Jm Plato finden sich alle reinen Arten der Griechischen Prosa in klassischer Jndividualitaͤt unvermischt, und oft schneidend neben einander: die logische, die physische, die mimische, die panegyrische, und die mythische. Die mimische ist die Grundlage und das allgemeine Element: die andern kommen oft nur episodisch vor. Dann hat er noch eine ihm besonders eigne Art, worin er am meisten Plato ist, die dithyrambische. Man koͤnnte sie eine Mischung der mythischen, und panegyrischen nennen, wenn sie nicht auch etwas von dem gedraͤngten und einfach Wuͤrdigen der physischen haͤtte. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0231" n="42"/> unbegreiflichere angebohrne geistige Duplicitaͤt des Menschen.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <p>Die Geschichte der ersten Roͤmischen Caesaren ist wie die Symphonie und das Thema der Geschichte aller nachfolgenden.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <p>Die Fehler der griechischen Sophisten waren mehr Fehler aus Ueberfluß als aus Mangel. Selbst in der Zuversicht und Arroganz, mit der sie alles zu wissen, ja auch wohl zu koͤnnen glaubten und vorgaben, liegt etwas sehr philosophisches, nicht der Absicht, aber dem Jnstinkt nach: denn der Philosoph hat doch nur die Alternative, Alles oder Nichts wissen zu wollen. Das, woraus man nur Etwas, oder Allerley lernen soll, ist sicher keine Philosophie.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <p>Jm Plato finden sich alle reinen Arten der Griechischen Prosa in klassischer Jndividualitaͤt unvermischt, und oft schneidend neben einander: die logische, die physische, die mimische, die panegyrische, und die mythische. Die mimische ist die Grundlage und das allgemeine Element: die andern kommen oft nur episodisch vor. Dann hat er noch eine ihm besonders eigne Art, worin er am meisten Plato ist, die dithyrambische. Man koͤnnte sie eine Mischung der mythischen, und panegyrischen nennen, wenn sie nicht auch etwas von dem gedraͤngten und einfach Wuͤrdigen der physischen haͤtte.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [42/0231]
unbegreiflichere angebohrne geistige Duplicitaͤt des Menschen.
Die Geschichte der ersten Roͤmischen Caesaren ist wie die Symphonie und das Thema der Geschichte aller nachfolgenden.
Die Fehler der griechischen Sophisten waren mehr Fehler aus Ueberfluß als aus Mangel. Selbst in der Zuversicht und Arroganz, mit der sie alles zu wissen, ja auch wohl zu koͤnnen glaubten und vorgaben, liegt etwas sehr philosophisches, nicht der Absicht, aber dem Jnstinkt nach: denn der Philosoph hat doch nur die Alternative, Alles oder Nichts wissen zu wollen. Das, woraus man nur Etwas, oder Allerley lernen soll, ist sicher keine Philosophie.
Jm Plato finden sich alle reinen Arten der Griechischen Prosa in klassischer Jndividualitaͤt unvermischt, und oft schneidend neben einander: die logische, die physische, die mimische, die panegyrische, und die mythische. Die mimische ist die Grundlage und das allgemeine Element: die andern kommen oft nur episodisch vor. Dann hat er noch eine ihm besonders eigne Art, worin er am meisten Plato ist, die dithyrambische. Man koͤnnte sie eine Mischung der mythischen, und panegyrischen nennen, wenn sie nicht auch etwas von dem gedraͤngten und einfach Wuͤrdigen der physischen haͤtte.
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Zitationshilfe: | Schlegel, August Wilhelm von; Schlegel, Friedrich von (Hrsg.): Athenaeum. Bd. 1. Berlin, 1798, S. 42. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schlegel_athenaeum_1798/231>, abgerufen am 17.06.2024. |