Schlegel, August Wilhelm von; Schlegel, Friedrich von (Hrsg.): Athenaeum. Bd. 3. Berlin, 1800.ihm zum Andenken für ihn selbst und zur Warnung für so viele seines Gelichters, die belettristischen Ohren ohne Umstände auf den Tisch genagelt werden. Jch bin sonst nicht gewohnt, meine Arbeiten gegen schiefe Urtheile zu rechtfertigen: allein da unter den zahlreichen Lesern, die mir bey der Uebersetzung des Shakspeare ihr Zutrauen geschenkt haben, doch einige, die das Original nicht selbst studirt haben, sich durch die Dreistigkeit jener Behauptungen möchten irre machen lassen, so war ich ihnen diese Berichtigung schuldig. Uebrigens kann nicht leicht jemand stärker fühlen als ich, wie viel auch bey der fleißigsten Uebertragung verlohren geht, und es bedarf für mich keiner fremden Erinnerung um unablässig auf die Vervollkommnung meiner Arbeit bedacht zu seyn. Soll aber die Kritik für die poetische Uebersetzungskunst wahren Nutzen stiften, so glaube ich, muß es hier als Grundsatz festgestellt werden, was auf andre Geisteswerke nicht anwendbar ist: nämlich daß der Kritiker, wo er etwas tadelt, gleich durch die That die Möglichkeit zu beweisen hat, es besser zu machen. Denn die Aufgabe des poetischen Uebersetzers ist eine ganz bestimmte, und zwar eine solche, die ins Unendliche hin nur durch Annäherung gelöst werden kann, weil er mit ganz verschiednen Werkzeugen dasselbe ausrichten soll. Da heißt es also mit Recht: Si quid novisti rectius istis, Candidus imperti; si non, his utere mecum. A. W. Schlegel. ihm zum Andenken fuͤr ihn selbst und zur Warnung fuͤr so viele seines Gelichters, die belettristischen Ohren ohne Umstaͤnde auf den Tisch genagelt werden. Jch bin sonst nicht gewohnt, meine Arbeiten gegen schiefe Urtheile zu rechtfertigen: allein da unter den zahlreichen Lesern, die mir bey der Uebersetzung des Shakspeare ihr Zutrauen geschenkt haben, doch einige, die das Original nicht selbst studirt haben, sich durch die Dreistigkeit jener Behauptungen moͤchten irre machen lassen, so war ich ihnen diese Berichtigung schuldig. Uebrigens kann nicht leicht jemand staͤrker fuͤhlen als ich, wie viel auch bey der fleißigsten Uebertragung verlohren geht, und es bedarf fuͤr mich keiner fremden Erinnerung um unablaͤssig auf die Vervollkommnung meiner Arbeit bedacht zu seyn. Soll aber die Kritik fuͤr die poetische Uebersetzungskunst wahren Nutzen stiften, so glaube ich, muß es hier als Grundsatz festgestellt werden, was auf andre Geisteswerke nicht anwendbar ist: naͤmlich daß der Kritiker, wo er etwas tadelt, gleich durch die That die Moͤglichkeit zu beweisen hat, es besser zu machen. Denn die Aufgabe des poetischen Uebersetzers ist eine ganz bestimmte, und zwar eine solche, die ins Unendliche hin nur durch Annaͤherung geloͤst werden kann, weil er mit ganz verschiednen Werkzeugen dasselbe ausrichten soll. Da heißt es also mit Recht: Si quid novisti rectius istis, Candidus imperti; si non, his utere mecum. A. W. Schlegel. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0348" n="336"/> ihm zum Andenken fuͤr ihn selbst und zur Warnung fuͤr so viele seines Gelichters, die belettristischen Ohren ohne Umstaͤnde auf den Tisch genagelt werden.</p><lb/> <p>Jch bin sonst nicht gewohnt, meine Arbeiten gegen schiefe Urtheile zu rechtfertigen: allein da unter den zahlreichen Lesern, die mir bey der Uebersetzung des Shakspeare ihr Zutrauen geschenkt haben, doch einige, die das Original nicht selbst studirt haben, sich durch die Dreistigkeit jener Behauptungen moͤchten irre machen lassen, so war ich ihnen diese Berichtigung schuldig. Uebrigens kann nicht leicht jemand staͤrker fuͤhlen als ich, wie viel auch bey der fleißigsten Uebertragung verlohren geht, und es bedarf fuͤr mich keiner fremden Erinnerung um unablaͤssig auf die Vervollkommnung meiner Arbeit bedacht zu seyn. Soll aber die Kritik fuͤr die poetische Uebersetzungskunst wahren Nutzen stiften, so glaube ich, muß es hier als Grundsatz festgestellt werden, was auf andre Geisteswerke nicht anwendbar ist: naͤmlich daß der Kritiker, wo er etwas tadelt, gleich durch die That die Moͤglichkeit zu beweisen hat, es besser zu machen. Denn die Aufgabe des poetischen Uebersetzers ist eine ganz bestimmte, und zwar eine solche, die ins Unendliche hin nur durch Annaͤherung geloͤst werden kann, weil er mit ganz verschiednen Werkzeugen dasselbe ausrichten soll. Da heißt es also mit Recht:</p><lb/> <lg type="poem"> <l>Si quid novisti rectius istis,</l><lb/> <l>Candidus imperti; si non, his utere mecum.</l> </lg><lb/> <closer> <salute> <hi rendition="#b #right">A. W. <hi rendition="#g">Schlegel</hi>.</hi> </salute> </closer><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [336/0348]
ihm zum Andenken fuͤr ihn selbst und zur Warnung fuͤr so viele seines Gelichters, die belettristischen Ohren ohne Umstaͤnde auf den Tisch genagelt werden.
Jch bin sonst nicht gewohnt, meine Arbeiten gegen schiefe Urtheile zu rechtfertigen: allein da unter den zahlreichen Lesern, die mir bey der Uebersetzung des Shakspeare ihr Zutrauen geschenkt haben, doch einige, die das Original nicht selbst studirt haben, sich durch die Dreistigkeit jener Behauptungen moͤchten irre machen lassen, so war ich ihnen diese Berichtigung schuldig. Uebrigens kann nicht leicht jemand staͤrker fuͤhlen als ich, wie viel auch bey der fleißigsten Uebertragung verlohren geht, und es bedarf fuͤr mich keiner fremden Erinnerung um unablaͤssig auf die Vervollkommnung meiner Arbeit bedacht zu seyn. Soll aber die Kritik fuͤr die poetische Uebersetzungskunst wahren Nutzen stiften, so glaube ich, muß es hier als Grundsatz festgestellt werden, was auf andre Geisteswerke nicht anwendbar ist: naͤmlich daß der Kritiker, wo er etwas tadelt, gleich durch die That die Moͤglichkeit zu beweisen hat, es besser zu machen. Denn die Aufgabe des poetischen Uebersetzers ist eine ganz bestimmte, und zwar eine solche, die ins Unendliche hin nur durch Annaͤherung geloͤst werden kann, weil er mit ganz verschiednen Werkzeugen dasselbe ausrichten soll. Da heißt es also mit Recht:
Si quid novisti rectius istis,
Candidus imperti; si non, his utere mecum.
A. W. Schlegel.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |