Schoppe, Amalie: Der Prophet. Bd. 2. Jena, 1846.mir noch so völlig fremde Welt geschaut; allein Brauns Jch hatte mich auf den harten und feuchten Bo- -- "Hier!" rief ich mich aufrichtend mit freu- -- "Siehst du, daß ich Wort hielt?" antwor- mir noch ſo völlig fremde Welt geſchaut; allein Brauns Jch hatte mich auf den harten und feuchten Bo- — „Hier!“ rief ich mich aufrichtend mit freu- — „Siehſt du, daß ich Wort hielt?“ antwor- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0131" n="125"/> mir noch ſo völlig fremde Welt geſchaut; allein Brauns<lb/> Verbot hielt mich davon ab und ſo ſehr ich mich nach<lb/> Wärme, Licht und Luft ſehnte, ſo hielt ich mich doch<lb/> ruhig in meinem Verſteck. Als aber der Abend kam<lb/> und der Knabe ſeine Heerde nach Hauſe trieb; als<lb/> das immer ſchwächer werdende und endlich gänzlich er-<lb/> löſchende Licht mir den Anbruch der Nacht verrieth,<lb/> da kam eine wahrhaft entſetzliche Angſt über meine<lb/> Seele: wenn er nicht wiederkäme? nicht wiederkom-<lb/> men könnte? wenn ich die Nacht, die ganze Nacht,<lb/> vielleicht noch länger, hier an dieſem Orte des<lb/> Schreckens allein bleiben müßte? Dieſer Gedanke<lb/> ſträubte mir das Haar empor, und um meine Qua-<lb/> len zu vermehren, meldete ſich auch noch ein brennen-<lb/> der Durſt.</p><lb/> <p>Jch hatte mich auf den harten und feuchten Bo-<lb/> den niedergelegt und weinte. Da, als ich mich ſchon<lb/> den grauſamſten Befürchtungen hingab, raſchelte es in<lb/> den den Eingang der Höhle verkleidenden Ranken und<lb/> mein Name wurde leiſe gerufen.</p><lb/> <p>— „Hier!“ rief ich mich aufrichtend mit freu-<lb/> digem Tone.</p><lb/> <p>— „Siehſt du, daß ich Wort hielt?“ antwor-<lb/> tete mir Braun, denn er war es. „Da bin ich, und<lb/> du ſollſt es von nun an beſſer haben, armes, liebes<lb/> Kind!“ Mit dieſen Worten warf er Etwas auf den<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [125/0131]
mir noch ſo völlig fremde Welt geſchaut; allein Brauns
Verbot hielt mich davon ab und ſo ſehr ich mich nach
Wärme, Licht und Luft ſehnte, ſo hielt ich mich doch
ruhig in meinem Verſteck. Als aber der Abend kam
und der Knabe ſeine Heerde nach Hauſe trieb; als
das immer ſchwächer werdende und endlich gänzlich er-
löſchende Licht mir den Anbruch der Nacht verrieth,
da kam eine wahrhaft entſetzliche Angſt über meine
Seele: wenn er nicht wiederkäme? nicht wiederkom-
men könnte? wenn ich die Nacht, die ganze Nacht,
vielleicht noch länger, hier an dieſem Orte des
Schreckens allein bleiben müßte? Dieſer Gedanke
ſträubte mir das Haar empor, und um meine Qua-
len zu vermehren, meldete ſich auch noch ein brennen-
der Durſt.
Jch hatte mich auf den harten und feuchten Bo-
den niedergelegt und weinte. Da, als ich mich ſchon
den grauſamſten Befürchtungen hingab, raſchelte es in
den den Eingang der Höhle verkleidenden Ranken und
mein Name wurde leiſe gerufen.
— „Hier!“ rief ich mich aufrichtend mit freu-
digem Tone.
— „Siehſt du, daß ich Wort hielt?“ antwor-
tete mir Braun, denn er war es. „Da bin ich, und
du ſollſt es von nun an beſſer haben, armes, liebes
Kind!“ Mit dieſen Worten warf er Etwas auf den
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