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Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 2, H. 4. Berlin, 1795.

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Anwaldsstellen sind für die studierte Deut-
sche in Polen so gut als nicht vorhanden;
denn da sie dies Geschäft nur vor ihren eige-
nen Magistraturen treiben können, und Rechts-
händel unter den deutschen Bürgern vor ihren
Municipalgerichten überhaupt sehr selten sind,
so würden, selbst in den ansehnlichsten Städ-
ten, kaum zwey Anwalde sich kümmerlich näh-
ren können.

Es bleibt also dem deutschen Theile des
Bürgerstandes, der die Wissenschaften als Brod-
erwerb treiben will, nichts übrig, als die Arz-
neygelehrtheit, und, wenn die Subjekte Dissi-
denten sind, die Theologie.

Unter den Aerzten und Wundärzten in Po-
len findet man auch wirklich zuweilen Einhei-
mische; aber der größeste Theil besteht in Aus-
ländern. Jene pflegen besonders in Halle,
Frankfurt, Berlin, auch in Wien zu studieren,
und sich dann in ihrer Vaterstadt zu besetzen,
oder in die Dienste eines Großen zu gehen;
aber selten kommen sie zu einigem Ruf in ih-

Anwaldsſtellen ſind fuͤr die ſtudierte Deut-
ſche in Polen ſo gut als nicht vorhanden;
denn da ſie dies Geſchaͤft nur vor ihren eige-
nen Magiſtraturen treiben koͤnnen, und Rechts-
haͤndel unter den deutſchen Buͤrgern vor ihren
Municipalgerichten uͤberhaupt ſehr ſelten ſind,
ſo wuͤrden, ſelbſt in den anſehnlichſten Staͤd-
ten, kaum zwey Anwalde ſich kuͤmmerlich naͤh-
ren koͤnnen.

Es bleibt alſo dem deutſchen Theile des
Buͤrgerſtandes, der die Wiſſenſchaften als Brod-
erwerb treiben will, nichts uͤbrig, als die Arz-
neygelehrtheit, und, wenn die Subjekte Diſſi-
denten ſind, die Theologie.

Unter den Aerzten und Wundaͤrzten in Po-
len findet man auch wirklich zuweilen Einhei-
miſche; aber der groͤßeſte Theil beſteht in Aus-
laͤndern. Jene pflegen beſonders in Halle,
Frankfurt, Berlin, auch in Wien zu ſtudieren,
und ſich dann in ihrer Vaterſtadt zu beſetzen,
oder in die Dienſte eines Großen zu gehen;
aber ſelten kommen ſie zu einigem Ruf in ih-

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[24/0034] Anwaldsſtellen ſind fuͤr die ſtudierte Deut- ſche in Polen ſo gut als nicht vorhanden; denn da ſie dies Geſchaͤft nur vor ihren eige- nen Magiſtraturen treiben koͤnnen, und Rechts- haͤndel unter den deutſchen Buͤrgern vor ihren Municipalgerichten uͤberhaupt ſehr ſelten ſind, ſo wuͤrden, ſelbſt in den anſehnlichſten Staͤd- ten, kaum zwey Anwalde ſich kuͤmmerlich naͤh- ren koͤnnen. Es bleibt alſo dem deutſchen Theile des Buͤrgerſtandes, der die Wiſſenſchaften als Brod- erwerb treiben will, nichts uͤbrig, als die Arz- neygelehrtheit, und, wenn die Subjekte Diſſi- denten ſind, die Theologie. Unter den Aerzten und Wundaͤrzten in Po- len findet man auch wirklich zuweilen Einhei- miſche; aber der groͤßeſte Theil beſteht in Aus- laͤndern. Jene pflegen beſonders in Halle, Frankfurt, Berlin, auch in Wien zu ſtudieren, und ſich dann in ihrer Vaterſtadt zu beſetzen, oder in die Dienſte eines Großen zu gehen; aber ſelten kommen ſie zu einigem Ruf in ih-

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Zitationshilfe: Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 2, H. 4. Berlin, 1795, S. 24. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schulz_reise0202_1795/34>, abgerufen am 30.04.2024.