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Storm, Theodor: Der Schimmelreiter. Berlin, 1888.

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Nacht hinaus. "Du bist nicht klug, Carsten," sagte er
dann; "unser Schimmel? Wenn je ein Pferd ein
lebig's war, so ist es der! Wie kann so ein Allerwelts-
junge wie Du in solch' Altem-Weiberglauben sitzen!"

-- -- Aber der Junge war nicht zu bekehren:
wenn der Teufel in dem Schimmel steckte, warum
sollte er dann nicht lebendig sein? Im Gegentheil,
um desto schlimmer! -- Er fuhr jedesmal erschreckt
zusammen, wenn er gegen Abend den Stall betrat,
in dem auch Sommers das Thier mitunter eingestellt
wurde, und es dann den feurigen Kopf so jäh nach
ihm herumwarf. "Hol's der Teufel!" brummte er
dann; "wir bleiben auch nicht lange mehr zusammen."

So that er sich denn heimlich nach einem
neuen Dienste um, kündigte und trat um Aller-
heiligen als Knecht bei Ole Peters ein. Hier fand
er andächtige Zuhörer für seine Geschichte von dem
Teufelspferd des Deichgrafen; die dicke Frau Vollina
und deren geistesstumpfer Vater, der frühere Deich-
gevollmächtigte Jeß Harders, hörten in behaglichem
Gruseln zu und erzählten sie später Allen, die gegen
den Deichgrafen einen Groll im Herzen oder die an
derart Dingen ihr Gefallen hatten.


Nacht hinaus. „Du biſt nicht klug, Carſten,” ſagte er
dann; „unſer Schimmel? Wenn je ein Pferd ein
lebig's war, ſo iſt es der! Wie kann ſo ein Allerwelts-
junge wie Du in ſolch' Altem-Weiberglauben ſitzen!”

— — Aber der Junge war nicht zu bekehren:
wenn der Teufel in dem Schimmel ſteckte, warum
ſollte er dann nicht lebendig ſein? Im Gegentheil,
um deſto ſchlimmer! — Er fuhr jedesmal erſchreckt
zuſammen, wenn er gegen Abend den Stall betrat,
in dem auch Sommers das Thier mitunter eingeſtellt
wurde, und es dann den feurigen Kopf ſo jäh nach
ihm herumwarf. „Hol's der Teufel!” brummte er
dann; „wir bleiben auch nicht lange mehr zuſammen.”

So that er ſich denn heimlich nach einem
neuen Dienſte um, kündigte und trat um Aller-
heiligen als Knecht bei Ole Peters ein. Hier fand
er andächtige Zuhörer für ſeine Geſchichte von dem
Teufelspferd des Deichgrafen; die dicke Frau Vollina
und deren geiſtesſtumpfer Vater, der frühere Deich-
gevollmächtigte Jeß Harders, hörten in behaglichem
Gruſeln zu und erzählten ſie ſpäter Allen, die gegen
den Deichgrafen einen Groll im Herzen oder die an
derart Dingen ihr Gefallen hatten.


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[132/0144] Nacht hinaus. „Du biſt nicht klug, Carſten,” ſagte er dann; „unſer Schimmel? Wenn je ein Pferd ein lebig's war, ſo iſt es der! Wie kann ſo ein Allerwelts- junge wie Du in ſolch' Altem-Weiberglauben ſitzen!” — — Aber der Junge war nicht zu bekehren: wenn der Teufel in dem Schimmel ſteckte, warum ſollte er dann nicht lebendig ſein? Im Gegentheil, um deſto ſchlimmer! — Er fuhr jedesmal erſchreckt zuſammen, wenn er gegen Abend den Stall betrat, in dem auch Sommers das Thier mitunter eingeſtellt wurde, und es dann den feurigen Kopf ſo jäh nach ihm herumwarf. „Hol's der Teufel!” brummte er dann; „wir bleiben auch nicht lange mehr zuſammen.” So that er ſich denn heimlich nach einem neuen Dienſte um, kündigte und trat um Aller- heiligen als Knecht bei Ole Peters ein. Hier fand er andächtige Zuhörer für ſeine Geſchichte von dem Teufelspferd des Deichgrafen; die dicke Frau Vollina und deren geiſtesſtumpfer Vater, der frühere Deich- gevollmächtigte Jeß Harders, hörten in behaglichem Gruſeln zu und erzählten ſie ſpäter Allen, die gegen den Deichgrafen einen Groll im Herzen oder die an derart Dingen ihr Gefallen hatten.

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Zitationshilfe: Storm, Theodor: Der Schimmelreiter. Berlin, 1888, S. 132. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/storm_schimmelreiter_1888/144>, abgerufen am 30.04.2024.