So wie man bei den Pferdearbeiten annehmen kann, daß das Gespann zu- reiche, wenn man bei der Bestellung damit auskommt, so wird man mit den Hand- arbeitern ausreichen, wenn man in der Erntezeit zur gehörigen Vollführung dersel- ben Menschen genug hat. Und diese Menschen wird man wiederum bei einer gut eingerichteten Wirthschaft das ganze Jahr hindurch nützlich beschäftigen können.
§. 199.
Ein größerer oder kleinerer Theil der Arbeit geschieht zuweilen durch Frohn-Frohnden. den, sowohl mit dem Gespann als mit der Hand. So vortheilhaft und dringend die Aufhebung der Dienste gegen einen billig auszumittelnden Ersatz für den Be- rechtigten sowohl als für den Leistenden, und insbesondere für die allgemeine Wohlfahrt in den bei weitem häufigsten Verhältnissen wäre, so darf der Landwirth ihren Gebrauch bis dahin doch nicht vernachläßigen, sondern muß den möglichsten Nutzen daraus zu ziehen suchen. Es kommt dabei auf eine kluge Behandlung der dienstthuenden Leute vieles an, die nach dem National-, zuweilen nach dem Dorf-Charakter der Menschen verschieden seyn muß. Wer es versteht, die Strenge nur wo sie nöthig ist zu gebrauchen, diese Leute aber durch Güte und kleine Wohlthaten zu einem ihnen selbst vortheilhaften Fleiße zu ermuntern, die Arbeitszeit bei mehrerem Fleiße abzukürzen, ja unter gewissen Bedingungen Tage zu erlassen, besonders mit Rücksicht auf ihre eigenen dringenden Geschäfte, der wird in vielen Fällen ungleich mehr bewirken, als mit der äußersten Strenge möglich ist.
Wie viele Arbeit die Dienste eigentlich thun, läßt sich weder nach den Dienst- tagen, noch nach der ihnen durch besondere Uebereinkunft oder Observanz zuge- messenen Arbeit im Allgemeinen bestimmen. Man muß dabei in jedem Fall auf die Lokalität und die bisherige Erfahrung, wenn sich die Umstände der Bauern nicht verändert haben, Rücksicht nehmen, aber immer von den muthmaßlich zu erwartenden noch beträchtlich abziehen, wenn man sicher ausreichen will.
Da außer einigen Distrikten Deutschlands doch immer nur der kleinere Theil der Arbeit durch Frohnden bestritten werden kann, so muß man ihnen nur diejeni- gen Arbeiten zutheilen, wobei es auf die Qualität derselben nicht so sehr ankommt. Beim Pflügen und Eggen, es sey denn auf losem Sandboden, ist es von zu
Handarbeiten.
So wie man bei den Pferdearbeiten annehmen kann, daß das Geſpann zu- reiche, wenn man bei der Beſtellung damit auskommt, ſo wird man mit den Hand- arbeitern ausreichen, wenn man in der Erntezeit zur gehoͤrigen Vollfuͤhrung derſel- ben Menſchen genug hat. Und dieſe Menſchen wird man wiederum bei einer gut eingerichteten Wirthſchaft das ganze Jahr hindurch nuͤtzlich beſchaͤftigen koͤnnen.
§. 199.
Ein groͤßerer oder kleinerer Theil der Arbeit geſchieht zuweilen durch Frohn-Frohnden. den, ſowohl mit dem Geſpann als mit der Hand. So vortheilhaft und dringend die Aufhebung der Dienſte gegen einen billig auszumittelnden Erſatz fuͤr den Be- rechtigten ſowohl als fuͤr den Leiſtenden, und insbeſondere fuͤr die allgemeine Wohlfahrt in den bei weitem haͤufigſten Verhaͤltniſſen waͤre, ſo darf der Landwirth ihren Gebrauch bis dahin doch nicht vernachlaͤßigen, ſondern muß den moͤglichſten Nutzen daraus zu ziehen ſuchen. Es kommt dabei auf eine kluge Behandlung der dienſtthuenden Leute vieles an, die nach dem National-, zuweilen nach dem Dorf-Charakter der Menſchen verſchieden ſeyn muß. Wer es verſteht, die Strenge nur wo ſie noͤthig iſt zu gebrauchen, dieſe Leute aber durch Guͤte und kleine Wohlthaten zu einem ihnen ſelbſt vortheilhaften Fleiße zu ermuntern, die Arbeitszeit bei mehrerem Fleiße abzukuͤrzen, ja unter gewiſſen Bedingungen Tage zu erlaſſen, beſonders mit Ruͤckſicht auf ihre eigenen dringenden Geſchaͤfte, der wird in vielen Faͤllen ungleich mehr bewirken, als mit der aͤußerſten Strenge moͤglich iſt.
Wie viele Arbeit die Dienſte eigentlich thun, laͤßt ſich weder nach den Dienſt- tagen, noch nach der ihnen durch beſondere Uebereinkunft oder Obſervanz zuge- meſſenen Arbeit im Allgemeinen beſtimmen. Man muß dabei in jedem Fall auf die Lokalitaͤt und die bisherige Erfahrung, wenn ſich die Umſtaͤnde der Bauern nicht veraͤndert haben, Ruͤckſicht nehmen, aber immer von den muthmaßlich zu erwartenden noch betraͤchtlich abziehen, wenn man ſicher ausreichen will.
Da außer einigen Diſtrikten Deutſchlands doch immer nur der kleinere Theil der Arbeit durch Frohnden beſtritten werden kann, ſo muß man ihnen nur diejeni- gen Arbeiten zutheilen, wobei es auf die Qualitaͤt derſelben nicht ſo ſehr ankommt. Beim Pfluͤgen und Eggen, es ſey denn auf loſem Sandboden, iſt es von zu
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><pbfacs="#f0181"n="151"/><fwplace="top"type="header">Handarbeiten.</fw><lb/><p>So wie man bei den Pferdearbeiten annehmen kann, daß das Geſpann zu-<lb/>
reiche, wenn man bei der Beſtellung damit auskommt, ſo wird man mit den Hand-<lb/>
arbeitern ausreichen, wenn man in der Erntezeit zur gehoͤrigen Vollfuͤhrung derſel-<lb/>
ben Menſchen genug hat. Und dieſe Menſchen wird man wiederum bei einer gut<lb/>
eingerichteten Wirthſchaft das ganze Jahr hindurch nuͤtzlich beſchaͤftigen koͤnnen.</p></div><lb/><divn="3"><head>§. 199.</head><lb/><p>Ein groͤßerer oder kleinerer Theil der Arbeit geſchieht zuweilen durch Frohn-<noteplace="right">Frohnden.</note><lb/>
den, ſowohl mit dem Geſpann als mit der Hand. So vortheilhaft und dringend<lb/>
die Aufhebung der Dienſte gegen einen billig auszumittelnden Erſatz fuͤr den Be-<lb/>
rechtigten ſowohl als fuͤr den Leiſtenden, und insbeſondere fuͤr die allgemeine<lb/>
Wohlfahrt in den bei weitem haͤufigſten Verhaͤltniſſen waͤre, ſo darf der Landwirth<lb/>
ihren Gebrauch bis dahin doch nicht vernachlaͤßigen, ſondern muß den moͤglichſten<lb/>
Nutzen daraus zu ziehen ſuchen. Es kommt dabei auf eine kluge Behandlung der<lb/>
dienſtthuenden Leute vieles an, die nach dem National-, zuweilen nach dem<lb/>
Dorf-Charakter der Menſchen verſchieden ſeyn muß. Wer es verſteht, die<lb/>
Strenge nur wo ſie noͤthig iſt zu gebrauchen, dieſe Leute aber durch Guͤte und<lb/>
kleine Wohlthaten zu einem ihnen ſelbſt vortheilhaften Fleiße zu ermuntern, die<lb/>
Arbeitszeit bei mehrerem Fleiße abzukuͤrzen, ja unter gewiſſen Bedingungen Tage<lb/>
zu erlaſſen, beſonders mit Ruͤckſicht auf ihre eigenen dringenden Geſchaͤfte, der<lb/>
wird in vielen Faͤllen ungleich mehr bewirken, als mit der aͤußerſten Strenge<lb/>
moͤglich iſt.</p><lb/><p>Wie viele Arbeit die Dienſte eigentlich thun, laͤßt ſich weder nach den Dienſt-<lb/>
tagen, noch nach der ihnen durch beſondere Uebereinkunft oder Obſervanz zuge-<lb/>
meſſenen Arbeit im Allgemeinen beſtimmen. Man muß dabei in jedem Fall auf<lb/>
die Lokalitaͤt und die bisherige Erfahrung, wenn ſich die Umſtaͤnde der Bauern<lb/>
nicht veraͤndert haben, Ruͤckſicht nehmen, aber immer von den muthmaßlich zu<lb/>
erwartenden noch betraͤchtlich abziehen, wenn man ſicher ausreichen will.</p><lb/><p>Da außer einigen Diſtrikten <placeName>Deutſchlands</placeName> doch immer nur der kleinere Theil<lb/>
der Arbeit durch Frohnden beſtritten werden kann, ſo muß man ihnen nur diejeni-<lb/>
gen Arbeiten zutheilen, wobei es auf die Qualitaͤt derſelben nicht ſo ſehr ankommt.<lb/>
Beim Pfluͤgen und Eggen, es ſey denn auf loſem Sandboden, iſt es von zu<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[151/0181]
Handarbeiten.
So wie man bei den Pferdearbeiten annehmen kann, daß das Geſpann zu-
reiche, wenn man bei der Beſtellung damit auskommt, ſo wird man mit den Hand-
arbeitern ausreichen, wenn man in der Erntezeit zur gehoͤrigen Vollfuͤhrung derſel-
ben Menſchen genug hat. Und dieſe Menſchen wird man wiederum bei einer gut
eingerichteten Wirthſchaft das ganze Jahr hindurch nuͤtzlich beſchaͤftigen koͤnnen.
§. 199.
Ein groͤßerer oder kleinerer Theil der Arbeit geſchieht zuweilen durch Frohn-
den, ſowohl mit dem Geſpann als mit der Hand. So vortheilhaft und dringend
die Aufhebung der Dienſte gegen einen billig auszumittelnden Erſatz fuͤr den Be-
rechtigten ſowohl als fuͤr den Leiſtenden, und insbeſondere fuͤr die allgemeine
Wohlfahrt in den bei weitem haͤufigſten Verhaͤltniſſen waͤre, ſo darf der Landwirth
ihren Gebrauch bis dahin doch nicht vernachlaͤßigen, ſondern muß den moͤglichſten
Nutzen daraus zu ziehen ſuchen. Es kommt dabei auf eine kluge Behandlung der
dienſtthuenden Leute vieles an, die nach dem National-, zuweilen nach dem
Dorf-Charakter der Menſchen verſchieden ſeyn muß. Wer es verſteht, die
Strenge nur wo ſie noͤthig iſt zu gebrauchen, dieſe Leute aber durch Guͤte und
kleine Wohlthaten zu einem ihnen ſelbſt vortheilhaften Fleiße zu ermuntern, die
Arbeitszeit bei mehrerem Fleiße abzukuͤrzen, ja unter gewiſſen Bedingungen Tage
zu erlaſſen, beſonders mit Ruͤckſicht auf ihre eigenen dringenden Geſchaͤfte, der
wird in vielen Faͤllen ungleich mehr bewirken, als mit der aͤußerſten Strenge
moͤglich iſt.
Frohnden.
Wie viele Arbeit die Dienſte eigentlich thun, laͤßt ſich weder nach den Dienſt-
tagen, noch nach der ihnen durch beſondere Uebereinkunft oder Obſervanz zuge-
meſſenen Arbeit im Allgemeinen beſtimmen. Man muß dabei in jedem Fall auf
die Lokalitaͤt und die bisherige Erfahrung, wenn ſich die Umſtaͤnde der Bauern
nicht veraͤndert haben, Ruͤckſicht nehmen, aber immer von den muthmaßlich zu
erwartenden noch betraͤchtlich abziehen, wenn man ſicher ausreichen will.
Da außer einigen Diſtrikten Deutſchlands doch immer nur der kleinere Theil
der Arbeit durch Frohnden beſtritten werden kann, ſo muß man ihnen nur diejeni-
gen Arbeiten zutheilen, wobei es auf die Qualitaͤt derſelben nicht ſo ſehr ankommt.
Beim Pfluͤgen und Eggen, es ſey denn auf loſem Sandboden, iſt es von zu
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 1. Berlin, 1809, S. 151. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft01_1809/181>, abgerufen am 29.04.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.