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Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 2. Berlin, 1810.

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Uebergang in eine neue Wirthschaftsart.
aber so behandelt, daß es sich durch Ruhe verbessern, und nur etwa eine oder die
andere Frucht mit dem Haupttheile des Schlages zugleich trage.

Bei diesem Uebergange aus der Felderwirthschaft zum Fruchtwechsel muß das
Hauptbestreben das seyn, so schnell als möglich Futterung und aus dieser Dünger
zu gewinnen. Ohne alle Aufopferung der Getreideeinsaat geht dieses nicht an.
Nur gebe man sowohl um des höhern Ertrages, als hauptsächlich um des
Strohes willen, keine Winterung auf, und entkräfte eben so wenig das dazu be-
stimmte Land.

Die Tabelle A. zeigt einen solchen Uebergang auf einer Feldmark, die
im neunjährigen Dünger stand, zu einer neunjährigen Fruchtwechselwirthschaft
mit Stallfutterung. Wenn im ersten Uebergangsjahre noch kein Klee vorhanden
ist, so fange man dennoch die ganze, oder wo dies nicht möglich ist, die halbe
Sommerstallfutterung mit grünen Wicken an, welche in den in diesem Jahre zur
Düngung kommenden Brachschlag in gehörigen Zwischenräumen gesäet werden,
nachdem der sämmtliche Winterdünger entweder aufgefahren und untergepflügt
ist, oder derselbe über die ausgesäeten Wicken verbreitet wird. Es können sogar
in demselben Sommer mit dem aus den ersten Wicken gemachten Dünger noch
die spätesten Wicken wieder gedüngt werden. Man muß es nur möglich zu machen
suchen, daß das Vieh bis zur Mitte des Junius, wo die Wicken genugsam heran-
gewachsen sind, hingehalten werde, welches durch ausgesaeten Futterrocken in der
Sömmerungsstoppel, der nach der Mitte des Maies mähbar wird, in Ermange-
lung anderer Hülfsquellen geschehen kann. Ferner kommt es darauf an, sich zu
dieser Sommerstallfutterung schon die nöthige Einstreuung zu ersparen oder herbei-
zuschaffen. Wo Strohankauf nicht möglich ist, wird man sich durch Baumlaub,
Schilf, Moos, torfartige schwammige Substanzen, altem Dachstroh, wenn man
früh genug Anstalten dazu getroffen hat, mehrentheils helfen können. Sonst aber
muß der Stall so eingerichtet werden, daß wenig oder gar keine Einstreuung nöthig
sey, sondern daß der Mist in flüssiger oder breiartiger Gestalt aus dem Stalle ge-
schafft und mit Erde, losem Torfe oder Rasen, die von den Feldrainen abgestochen
worden, vermischt werde. Diese Schwierigkeit mit der Einstreuung findet nur in
den beiden ersten Jahren statt; in der Folge wird Stroh genug gewonnen.
Schafft man hier äußere Surrogate der Einstreuung herbei, so gewinnet man

Uebergang in eine neue Wirthſchaftsart.
aber ſo behandelt, daß es ſich durch Ruhe verbeſſern, und nur etwa eine oder die
andere Frucht mit dem Haupttheile des Schlages zugleich trage.

Bei dieſem Uebergange aus der Felderwirthſchaft zum Fruchtwechſel muß das
Hauptbeſtreben das ſeyn, ſo ſchnell als moͤglich Futterung und aus dieſer Duͤnger
zu gewinnen. Ohne alle Aufopferung der Getreideeinſaat geht dieſes nicht an.
Nur gebe man ſowohl um des hoͤhern Ertrages, als hauptſaͤchlich um des
Strohes willen, keine Winterung auf, und entkraͤfte eben ſo wenig das dazu be-
ſtimmte Land.

Die Tabelle A. zeigt einen ſolchen Uebergang auf einer Feldmark, die
im neunjaͤhrigen Duͤnger ſtand, zu einer neunjaͤhrigen Fruchtwechſelwirthſchaft
mit Stallfutterung. Wenn im erſten Uebergangsjahre noch kein Klee vorhanden
iſt, ſo fange man dennoch die ganze, oder wo dies nicht moͤglich iſt, die halbe
Sommerſtallfutterung mit gruͤnen Wicken an, welche in den in dieſem Jahre zur
Duͤngung kommenden Brachſchlag in gehoͤrigen Zwiſchenraͤumen geſaͤet werden,
nachdem der ſaͤmmtliche Winterduͤnger entweder aufgefahren und untergepfluͤgt
iſt, oder derſelbe uͤber die ausgeſaͤeten Wicken verbreitet wird. Es koͤnnen ſogar
in demſelben Sommer mit dem aus den erſten Wicken gemachten Duͤnger noch
die ſpaͤteſten Wicken wieder geduͤngt werden. Man muß es nur moͤglich zu machen
ſuchen, daß das Vieh bis zur Mitte des Junius, wo die Wicken genugſam heran-
gewachſen ſind, hingehalten werde, welches durch ausgeſaeten Futterrocken in der
Soͤmmerungsſtoppel, der nach der Mitte des Maies maͤhbar wird, in Ermange-
lung anderer Huͤlfsquellen geſchehen kann. Ferner kommt es darauf an, ſich zu
dieſer Sommerſtallfutterung ſchon die noͤthige Einſtreuung zu erſparen oder herbei-
zuſchaffen. Wo Strohankauf nicht moͤglich iſt, wird man ſich durch Baumlaub,
Schilf, Moos, torfartige ſchwammige Subſtanzen, altem Dachſtroh, wenn man
fruͤh genug Anſtalten dazu getroffen hat, mehrentheils helfen koͤnnen. Sonſt aber
muß der Stall ſo eingerichtet werden, daß wenig oder gar keine Einſtreuung noͤthig
ſey, ſondern daß der Miſt in fluͤſſiger oder breiartiger Geſtalt aus dem Stalle ge-
ſchafft und mit Erde, loſem Torfe oder Raſen, die von den Feldrainen abgeſtochen
worden, vermiſcht werde. Dieſe Schwierigkeit mit der Einſtreuung findet nur in
den beiden erſten Jahren ſtatt; in der Folge wird Stroh genug gewonnen.
Schafft man hier aͤußere Surrogate der Einſtreuung herbei, ſo gewinnet man

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[34/0068] Uebergang in eine neue Wirthſchaftsart. aber ſo behandelt, daß es ſich durch Ruhe verbeſſern, und nur etwa eine oder die andere Frucht mit dem Haupttheile des Schlages zugleich trage. Bei dieſem Uebergange aus der Felderwirthſchaft zum Fruchtwechſel muß das Hauptbeſtreben das ſeyn, ſo ſchnell als moͤglich Futterung und aus dieſer Duͤnger zu gewinnen. Ohne alle Aufopferung der Getreideeinſaat geht dieſes nicht an. Nur gebe man ſowohl um des hoͤhern Ertrages, als hauptſaͤchlich um des Strohes willen, keine Winterung auf, und entkraͤfte eben ſo wenig das dazu be- ſtimmte Land. Die Tabelle A. zeigt einen ſolchen Uebergang auf einer Feldmark, die im neunjaͤhrigen Duͤnger ſtand, zu einer neunjaͤhrigen Fruchtwechſelwirthſchaft mit Stallfutterung. Wenn im erſten Uebergangsjahre noch kein Klee vorhanden iſt, ſo fange man dennoch die ganze, oder wo dies nicht moͤglich iſt, die halbe Sommerſtallfutterung mit gruͤnen Wicken an, welche in den in dieſem Jahre zur Duͤngung kommenden Brachſchlag in gehoͤrigen Zwiſchenraͤumen geſaͤet werden, nachdem der ſaͤmmtliche Winterduͤnger entweder aufgefahren und untergepfluͤgt iſt, oder derſelbe uͤber die ausgeſaͤeten Wicken verbreitet wird. Es koͤnnen ſogar in demſelben Sommer mit dem aus den erſten Wicken gemachten Duͤnger noch die ſpaͤteſten Wicken wieder geduͤngt werden. Man muß es nur moͤglich zu machen ſuchen, daß das Vieh bis zur Mitte des Junius, wo die Wicken genugſam heran- gewachſen ſind, hingehalten werde, welches durch ausgeſaeten Futterrocken in der Soͤmmerungsſtoppel, der nach der Mitte des Maies maͤhbar wird, in Ermange- lung anderer Huͤlfsquellen geſchehen kann. Ferner kommt es darauf an, ſich zu dieſer Sommerſtallfutterung ſchon die noͤthige Einſtreuung zu erſparen oder herbei- zuſchaffen. Wo Strohankauf nicht moͤglich iſt, wird man ſich durch Baumlaub, Schilf, Moos, torfartige ſchwammige Subſtanzen, altem Dachſtroh, wenn man fruͤh genug Anſtalten dazu getroffen hat, mehrentheils helfen koͤnnen. Sonſt aber muß der Stall ſo eingerichtet werden, daß wenig oder gar keine Einſtreuung noͤthig ſey, ſondern daß der Miſt in fluͤſſiger oder breiartiger Geſtalt aus dem Stalle ge- ſchafft und mit Erde, loſem Torfe oder Raſen, die von den Feldrainen abgeſtochen worden, vermiſcht werde. Dieſe Schwierigkeit mit der Einſtreuung findet nur in den beiden erſten Jahren ſtatt; in der Folge wird Stroh genug gewonnen. Schafft man hier aͤußere Surrogate der Einſtreuung herbei, ſo gewinnet man

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Zitationshilfe: Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 2. Berlin, 1810, S. 34. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft02_1810/68>, abgerufen am 30.04.2024.