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Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Erster Theil. Halle, 1723.

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Die Käse-Mutter selbst d. Vol. 1. fol. 40. b. Sie hielte dafür, daß Anna das Kind den ersten Tag, als das Kindtauffen gewesen, bekommen. Denselben Tag hätte Sie Ihr müssen auff dem Bauch greiffen, hätte es Ihr auch abgebeten, da Sie zuvor mit einander gezürnet Eadem hat Ihre vorige Aussage absonderlich, daß Anna Sie die Käse-Mutter hätte zu sich holen lassen, und Sie Ihr auff den Leib gegriffen, mit einem Eyde bestärcket d. Vol. 1. fol. 58. a.

ja das Gänse-Mägdgen ist so lange, biß die Mutter nach Hause kommen, bey Ihr Annen continue blieben

Vol. 1. fol. 36. b. ubi das Gänse-Mägdgen: Sie wäre bey Annen damahls, als die Mutter zu St. gewesen, geblieben, biß die Mutter kommen, hernach aber wäre Sie zu Bette gangen

Aus welchen allen gar deutlich zu schliessen, daß wenn Anna gewust, daß Sie Schwanger wäre und in Willens gehabt hätte Ihre Geburth zu verbergen, Sie weder das Gänse-Mägdgen würde haben so lange bey sich bleiben, noch die Käse-Mutter, Ihr auff den Leib zufühlen holen lassen, massen Sie ja nicht mächtig gewesen die Geburths-Wehen nach Ihren Gefallen zu verhalten, sondern Sie ja so leicht das Kind in praesentz der Köchin, des Gänse-Mägdgens oder der Käse-Mutter gebähren können, als Sie solches hernach in Gegenwart Ihrer Mutter gebohren, cum certissimum sit, facultates animae vegetativae & sensitivae, a quarum una certe, si non ab utraque, dependet generatio partus hominis, in hominis arbitrio non esse. So wäre es auch die gröste Thorheit von der Welt gewesen, wenn Sie Anna Vogtin in Willens gehabt hätte partum zu verbergen und zu ertödten, daß Sie die Käse-Mutter zu sich holen, und Sich den Bauch befühlen lassen auch fragen sollen, ob es bald gut werden werde. Und warum hat Sie die Käse-Mutter, da Sie Ihr auf den Bauch gefühlet, und also wohl gemerckt, daß Anna Vogtin ein Kind gebähren wolte, dieses nicht zum wenigsten in Abwesenheit der Mutter, Herrn Hanß Heinrichen den Vater gesagt, oder begehret, daß eine verständige Frau darzu geholet werden möchte. Die gebährende ist leicht zu entschuldigen, als welche biß auf die letzte Stunde nicht wissend, daß Sie Schwanger sey, in ipso partu für überhäufften Schmertzen, wie leicht zu erachten, nicht gewust, was Sie gethan oder thun sollen, welches Sie auch nicht ohne Wahrscheinlichkeit ad articulos offt wiederhohlet,

Vid. Vol. 2. fol. 67. b. ad art. 13. Sie habe in der Angst nicht gewust, wo Sie alle wären, & ad att. 19. Sie hätte aus Angst nicht behalten, ob das Gänse-Mägdgen droben blieben oder hinunter gangen wäre.

Non obstat, daß der Praeceptor fürwendet, als habe niemand zu Ihr Annen gedurfft

Vid. Vol. 1. fol. 24. a. Das Gäuse-Mägdgen hätte die Tochter bewachen müssen, und hätten sonst niemand in Ihre Kammer zu Ihr gelassen, das Schlüssel-Loch solte zugestopfft gewesen seyn,
Die Käse-Mutter selbst d. Vol. 1. fol. 40. b. Sie hielte dafür, daß Anna das Kind den ersten Tag, als das Kindtauffen gewesen, bekommen. Denselben Tag hätte Sie Ihr müssen auff dem Bauch greiffen, hätte es Ihr auch abgebeten, da Sie zuvor mit einander gezürnet Eadem hat Ihre vorige Aussage absonderlich, daß Anna Sie die Käse-Mutter hätte zu sich holen lassen, und Sie Ihr auff den Leib gegriffen, mit einem Eyde bestärcket d. Vol. 1. fol. 58. a.

ja das Gänse-Mägdgen ist so lange, biß die Mutter nach Hause kommen, bey Ihr Annen continue blieben

Vol. 1. fol. 36. b. ubi das Gänse-Mägdgen: Sie wäre bey Annen damahls, als die Mutter zu St. gewesen, geblieben, biß die Mutter kommen, hernach aber wäre Sie zu Bette gangen

Aus welchen allen gar deutlich zu schliessen, daß wenn Anna gewust, daß Sie Schwanger wäre und in Willens gehabt hätte Ihre Geburth zu verbergen, Sie weder das Gänse-Mägdgen würde haben so lange bey sich bleiben, noch die Käse-Mutter, Ihr auff den Leib zufühlen holen lassen, massen Sie ja nicht mächtig gewesen die Geburths-Wehen nach Ihren Gefallen zu verhalten, sondern Sie ja so leicht das Kind in praesentz der Köchin, des Gänse-Mägdgens oder der Käse-Mutter gebähren können, als Sie solches hernach in Gegenwart Ihrer Mutter gebohren, cum certissimum sit, facultates animae vegetativae & sensitivae, a quarum una certe, si non ab utraque, dependet generatio partus hominis, in hominis arbitrio non esse. So wäre es auch die gröste Thorheit von der Welt gewesen, wenn Sie Anna Vogtin in Willens gehabt hätte partum zu verbergen und zu ertödten, daß Sie die Käse-Mutter zu sich holen, und Sich den Bauch befühlen lassen auch fragen sollen, ob es bald gut werden werde. Und warum hat Sie die Käse-Mutter, da Sie Ihr auf den Bauch gefühlet, und also wohl gemerckt, daß Anna Vogtin ein Kind gebähren wolte, dieses nicht zum wenigsten in Abwesenheit der Mutter, Herrn Hanß Heinrichen den Vater gesagt, oder begehret, daß eine verständige Frau darzu geholet werden möchte. Die gebährende ist leicht zu entschuldigen, als welche biß auf die letzte Stunde nicht wissend, daß Sie Schwanger sey, in ipso partu für überhäufften Schmertzen, wie leicht zu erachten, nicht gewust, was Sie gethan oder thun sollen, welches Sie auch nicht ohne Wahrscheinlichkeit ad articulos offt wiederhohlet,

Vid. Vol. 2. fol. 67. b. ad art. 13. Sie habe in der Angst nicht gewust, wo Sie alle wären, & ad att. 19. Sie hätte aus Angst nicht behalten, ob das Gänse-Mägdgen droben blieben oder hinunter gangen wäre.

Non obstat, daß der Praeceptor fürwendet, als habe niemand zu Ihr Annen gedurfft

Vid. Vol. 1. fol. 24. a. Das Gäuse-Mägdgen hätte die Tochter bewachen müssen, und hätten sonst niemand in Ihre Kammer zu Ihr gelassen, das Schlüssel-Loch solte zugestopfft gewesen seyn,
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        <l>Vid. Vol. 2. fol. 67. b. ad art. 13. Sie habe in der Angst nicht gewust, wo Sie                      alle wären, &amp; ad att. 19. Sie hätte aus Angst nicht behalten, ob das                      Gänse-Mägdgen droben blieben oder hinunter gangen wäre.</l>
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[66/0082] Die Käse-Mutter selbst d. Vol. 1. fol. 40. b. Sie hielte dafür, daß Anna das Kind den ersten Tag, als das Kindtauffen gewesen, bekommen. Denselben Tag hätte Sie Ihr müssen auff dem Bauch greiffen, hätte es Ihr auch abgebeten, da Sie zuvor mit einander gezürnet Eadem hat Ihre vorige Aussage absonderlich, daß Anna Sie die Käse-Mutter hätte zu sich holen lassen, und Sie Ihr auff den Leib gegriffen, mit einem Eyde bestärcket d. Vol. 1. fol. 58. a. ja das Gänse-Mägdgen ist so lange, biß die Mutter nach Hause kommen, bey Ihr Annen continue blieben Vol. 1. fol. 36. b. ubi das Gänse-Mägdgen: Sie wäre bey Annen damahls, als die Mutter zu St. gewesen, geblieben, biß die Mutter kommen, hernach aber wäre Sie zu Bette gangen Aus welchen allen gar deutlich zu schliessen, daß wenn Anna gewust, daß Sie Schwanger wäre und in Willens gehabt hätte Ihre Geburth zu verbergen, Sie weder das Gänse-Mägdgen würde haben so lange bey sich bleiben, noch die Käse-Mutter, Ihr auff den Leib zufühlen holen lassen, massen Sie ja nicht mächtig gewesen die Geburths-Wehen nach Ihren Gefallen zu verhalten, sondern Sie ja so leicht das Kind in praesentz der Köchin, des Gänse-Mägdgens oder der Käse-Mutter gebähren können, als Sie solches hernach in Gegenwart Ihrer Mutter gebohren, cum certissimum sit, facultates animae vegetativae & sensitivae, a quarum una certe, si non ab utraque, dependet generatio partus hominis, in hominis arbitrio non esse. So wäre es auch die gröste Thorheit von der Welt gewesen, wenn Sie Anna Vogtin in Willens gehabt hätte partum zu verbergen und zu ertödten, daß Sie die Käse-Mutter zu sich holen, und Sich den Bauch befühlen lassen auch fragen sollen, ob es bald gut werden werde. Und warum hat Sie die Käse-Mutter, da Sie Ihr auf den Bauch gefühlet, und also wohl gemerckt, daß Anna Vogtin ein Kind gebähren wolte, dieses nicht zum wenigsten in Abwesenheit der Mutter, Herrn Hanß Heinrichen den Vater gesagt, oder begehret, daß eine verständige Frau darzu geholet werden möchte. Die gebährende ist leicht zu entschuldigen, als welche biß auf die letzte Stunde nicht wissend, daß Sie Schwanger sey, in ipso partu für überhäufften Schmertzen, wie leicht zu erachten, nicht gewust, was Sie gethan oder thun sollen, welches Sie auch nicht ohne Wahrscheinlichkeit ad articulos offt wiederhohlet, Vid. Vol. 2. fol. 67. b. ad art. 13. Sie habe in der Angst nicht gewust, wo Sie alle wären, & ad att. 19. Sie hätte aus Angst nicht behalten, ob das Gänse-Mägdgen droben blieben oder hinunter gangen wäre. Non obstat, daß der Praeceptor fürwendet, als habe niemand zu Ihr Annen gedurfft Vid. Vol. 1. fol. 24. a. Das Gäuse-Mägdgen hätte die Tochter bewachen müssen, und hätten sonst niemand in Ihre Kammer zu Ihr gelassen, das Schlüssel-Loch solte zugestopfft gewesen seyn,

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Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Erster Theil. Halle, 1723, S. 66. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte01_1723/82>, abgerufen am 30.04.2024.