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Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Vierdter Theil. Halle, 1725.

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dem will ich durch eine öffentliche Schrift den Pöbel vermahnen, daraus sie verstehen und bewegt werden, die Römische Kirche mit Ernst zu ehren, und der unnützen Plauderer Thum-Kühnheit ihr nicht zumessen, auch meiner Schärffe nicht folgen, u. s. w. Da nun unser seeliger Lutherus gerne in der Catholischen Kirche blieben wäre, wenn man ihn nicht mit Gewalt daraus verstossen hätte: Wie solte ein Lutheraner Ursach haben, an seiner Seeligkeit zu zweiffeln, wenn man ihn mit dergleichen Indulgenz, davon obgemeldet worden, in die Catholische Kirche wieder aufnimmt.

XXV. Man darf sich aber hierbey nicht wundern, daß ich zuWarum bey Beantwortung dieser Frage kein Theologisches Zeugnüß angeführet worden, auch denen Herren Theologis nicht zuzumuthen sey dieselbe zu bejahen. Bestärckung meiner Antwort auf die andre Frage nicht auch Zeugnüsse andrer gelehrter Männer, wie bey der ersten Frage, anführe. Denn ob wohl unter denen Politicis viele sind, die auch diese Wahrheit erkennen, so haben doch dieselben keine Gelegenheit darvon zu schreiben. Von denen Herren Theologis aber glaube ich auch gewiß, daß ihrer nicht wenig seyn, die die Wahrheit dieser Beantwortung auch gleichfalls erkennen und nichts darwider zu sagen haben. Daß sie aber davon schreiben solten, ist ihnen wahrhafftig von klugen Leuten nicht zuzumuthen. Man bilde sich ein, daß an einem Ort zwey Medici wären, die aus unterschiedenen und theils widrigen Principiis curireten, und beyderseits gute Euren thäten. Es ist kein Zweiffel, daß sie, wenn sie vernünfftig seyn, in Privat-Discursen von einander alles gute reden werden. Wer wolte aber einen von ihnen zumuthen, daß er in Schrifften, und zwar mit Rationibus, auf die Frage: Ob der Patiente, der sich bißhero von ihm curiren lassen, und sich bey dessen Curen nicht übel befunden, nunmehro wenn er von ihme ab- und zu dem andern träte, auch mit Grunde eine baldige Genesung zu hoffen hätte? mit Ja antworten solle. Es sind viel Dinge in der Welt, die an sich selbsten gut oder indifferent seyn, die sich aber doch nicht für jederman schicken, daß sie von ihnen vertheidiget werden. Und ist dannenhero genung, daß aus der Decision der ersten Frage bißhero deutlich dargethan worden, aus was Ursachen ein Lutherischer Christ, der aus guten Absichten zur Catholischen Religion übertritt, an seiner Seelen Seeligkeit nicht zu zweiffeln habe.

§. IV. Ehe ich noch weiter gehe, anzumercken, was ferner nachNöthige Anmerckungen von einer andern diesen verfertigten Responso in facto erfolget, will sehr nöthig seyn, diese kurtze Erinnerung zu thun, daß man aus dieser meiner Beantwortung der mir damahls fürgelegten Frage bey Leibe mir nicht imputiren möchte; als wenn ich den Ubergang von der Lutherischen zur Catholischen Religion,

dem will ich durch eine öffentliche Schrift den Pöbel vermahnen, daraus sie verstehen und bewegt werden, die Römische Kirche mit Ernst zu ehren, und der unnützen Plauderer Thum-Kühnheit ihr nicht zumessen, auch meiner Schärffe nicht folgen, u. s. w. Da nun unser seeliger Lutherus gerne in der Catholischen Kirche blieben wäre, wenn man ihn nicht mit Gewalt daraus verstossen hätte: Wie solte ein Lutheraner Ursach haben, an seiner Seeligkeit zu zweiffeln, wenn man ihn mit dergleichen Indulgenz, davon obgemeldet worden, in die Catholische Kirche wieder aufnimmt.

XXV. Man darf sich aber hierbey nicht wundern, daß ich zuWarum bey Beantwortung dieser Frage kein Theologisches Zeugnüß angeführet worden, auch denen Herren Theologis nicht zuzumuthen sey dieselbe zu bejahen. Bestärckung meiner Antwort auf die andre Frage nicht auch Zeugnüsse andrer gelehrter Männer, wie bey der ersten Frage, anführe. Denn ob wohl unter denen Politicis viele sind, die auch diese Wahrheit erkennen, so haben doch dieselben keine Gelegenheit darvon zu schreiben. Von denen Herren Theologis aber glaube ich auch gewiß, daß ihrer nicht wenig seyn, die die Wahrheit dieser Beantwortung auch gleichfalls erkennen und nichts darwider zu sagen haben. Daß sie aber davon schreiben solten, ist ihnen wahrhafftig von klugen Leuten nicht zuzumuthen. Man bilde sich ein, daß an einem Ort zwey Medici wären, die aus unterschiedenen und theils widrigen Principiis curireten, und beyderseits gute Euren thäten. Es ist kein Zweiffel, daß sie, wenn sie vernünfftig seyn, in Privat-Discursen von einander alles gute reden werden. Wer wolte aber einen von ihnen zumuthen, daß er in Schrifften, und zwar mit Rationibus, auf die Frage: Ob der Patiente, der sich bißhero von ihm curiren lassen, und sich bey dessen Curen nicht übel befunden, nunmehro wenn er von ihme ab- und zu dem andern träte, auch mit Grunde eine baldige Genesung zu hoffen hätte? mit Ja antworten solle. Es sind viel Dinge in der Welt, die an sich selbsten gut oder indifferent seyn, die sich aber doch nicht für jederman schicken, daß sie von ihnen vertheidiget werden. Und ist dannenhero genung, daß aus der Decision der ersten Frage bißhero deutlich dargethan worden, aus was Ursachen ein Lutherischer Christ, der aus guten Absichten zur Catholischen Religion übertritt, an seiner Seelen Seeligkeit nicht zu zweiffeln habe.

§. IV. Ehe ich noch weiter gehe, anzumercken, was ferner nachNöthige Anmerckungen von einer andern diesen verfertigten Responso in facto erfolget, will sehr nöthig seyn, diese kurtze Erinnerung zu thun, daß man aus dieser meiner Beantwortung der mir damahls fürgelegten Frage bey Leibe mir nicht imputiren möchte; als wenn ich den Ubergang von der Lutherischen zur Catholischen Religion,

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[21/0029] dem will ich durch eine öffentliche Schrift den Pöbel vermahnen, daraus sie verstehen und bewegt werden, die Römische Kirche mit Ernst zu ehren, und der unnützen Plauderer Thum-Kühnheit ihr nicht zumessen, auch meiner Schärffe nicht folgen, u. s. w. Da nun unser seeliger Lutherus gerne in der Catholischen Kirche blieben wäre, wenn man ihn nicht mit Gewalt daraus verstossen hätte: Wie solte ein Lutheraner Ursach haben, an seiner Seeligkeit zu zweiffeln, wenn man ihn mit dergleichen Indulgenz, davon obgemeldet worden, in die Catholische Kirche wieder aufnimmt. XXV. Man darf sich aber hierbey nicht wundern, daß ich zu Bestärckung meiner Antwort auf die andre Frage nicht auch Zeugnüsse andrer gelehrter Männer, wie bey der ersten Frage, anführe. Denn ob wohl unter denen Politicis viele sind, die auch diese Wahrheit erkennen, so haben doch dieselben keine Gelegenheit darvon zu schreiben. Von denen Herren Theologis aber glaube ich auch gewiß, daß ihrer nicht wenig seyn, die die Wahrheit dieser Beantwortung auch gleichfalls erkennen und nichts darwider zu sagen haben. Daß sie aber davon schreiben solten, ist ihnen wahrhafftig von klugen Leuten nicht zuzumuthen. Man bilde sich ein, daß an einem Ort zwey Medici wären, die aus unterschiedenen und theils widrigen Principiis curireten, und beyderseits gute Euren thäten. Es ist kein Zweiffel, daß sie, wenn sie vernünfftig seyn, in Privat-Discursen von einander alles gute reden werden. Wer wolte aber einen von ihnen zumuthen, daß er in Schrifften, und zwar mit Rationibus, auf die Frage: Ob der Patiente, der sich bißhero von ihm curiren lassen, und sich bey dessen Curen nicht übel befunden, nunmehro wenn er von ihme ab- und zu dem andern träte, auch mit Grunde eine baldige Genesung zu hoffen hätte? mit Ja antworten solle. Es sind viel Dinge in der Welt, die an sich selbsten gut oder indifferent seyn, die sich aber doch nicht für jederman schicken, daß sie von ihnen vertheidiget werden. Und ist dannenhero genung, daß aus der Decision der ersten Frage bißhero deutlich dargethan worden, aus was Ursachen ein Lutherischer Christ, der aus guten Absichten zur Catholischen Religion übertritt, an seiner Seelen Seeligkeit nicht zu zweiffeln habe. Warum bey Beantwortung dieser Frage kein Theologisches Zeugnüß angeführet worden, auch denen Herren Theologis nicht zuzumuthen sey dieselbe zu bejahen. §. IV. Ehe ich noch weiter gehe, anzumercken, was ferner nach diesen verfertigten Responso in facto erfolget, will sehr nöthig seyn, diese kurtze Erinnerung zu thun, daß man aus dieser meiner Beantwortung der mir damahls fürgelegten Frage bey Leibe mir nicht imputiren möchte; als wenn ich den Ubergang von der Lutherischen zur Catholischen Religion, Nöthige Anmerckungen von einer andern

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Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Vierdter Theil. Halle, 1725, S. 21. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte04_1725/29>, abgerufen am 30.04.2024.