Tieck, Ludwig: Die Gemälde. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 2. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–123. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.junger wüster Mensch meldet sich zu diesem wichtigen Amte und wird auch gleich angenommen, weil er zu schwatzen weiß. Zu schreiben ist nicht viel, aber trinken muß er lernen, und der Unterricht schlägt bei dem lockern Vogel an. Das wilde Leben nimmt gleich seinen Anfang; alle Tage toll und voll, Bälle, Maskeraden, Schlittenfahrten, die halbe Stadt frei gehalten. So fehlt es denn nun schon nach einem halben Jahre, als der junge Gelehrte sich seinen Gehalt ausbittet, an baarem Gelde. Man fällt auf den Ausweg, daß er für den Gehalt des ersten Jahres an Büchern nach einer billigen Taxe nehmen dürfe. Herr und Diener kennen aber den Werth der Sachen nicht, die auch nur für den Kenner kostbar sind, und deren finden sich nicht auf allen Gassen. Die theuersten Werke werden ihm also lächerlich wohlfeil überlassen, und da man die Auskunft einmal gefunden hat, so wiederholt sich das Spiel immer wieder, und um so öfter, da der neue Günstling zuweilen Gelegenheit hat, für seinen Patron baare Auslagen zu machen, die ihm in Büchern wieder erstattet werden. So, fürchte ich, sind von der Büchersammlung vielleicht nur noch die Schränke übrig geblieben. Ich weiß am besten, sagte der Rath, wie unverantwortlich man mit den Büchern umgegangen ist. Das sind ja alles erschreckliche Geschichten, sagte Sophie: wer möchte sie nur von seinem Feinde so wieder erzählen? Das Schlimmste aber, fuhr Eulenböck fort, war junger wüster Mensch meldet sich zu diesem wichtigen Amte und wird auch gleich angenommen, weil er zu schwatzen weiß. Zu schreiben ist nicht viel, aber trinken muß er lernen, und der Unterricht schlägt bei dem lockern Vogel an. Das wilde Leben nimmt gleich seinen Anfang; alle Tage toll und voll, Bälle, Maskeraden, Schlittenfahrten, die halbe Stadt frei gehalten. So fehlt es denn nun schon nach einem halben Jahre, als der junge Gelehrte sich seinen Gehalt ausbittet, an baarem Gelde. Man fällt auf den Ausweg, daß er für den Gehalt des ersten Jahres an Büchern nach einer billigen Taxe nehmen dürfe. Herr und Diener kennen aber den Werth der Sachen nicht, die auch nur für den Kenner kostbar sind, und deren finden sich nicht auf allen Gassen. Die theuersten Werke werden ihm also lächerlich wohlfeil überlassen, und da man die Auskunft einmal gefunden hat, so wiederholt sich das Spiel immer wieder, und um so öfter, da der neue Günstling zuweilen Gelegenheit hat, für seinen Patron baare Auslagen zu machen, die ihm in Büchern wieder erstattet werden. So, fürchte ich, sind von der Büchersammlung vielleicht nur noch die Schränke übrig geblieben. Ich weiß am besten, sagte der Rath, wie unverantwortlich man mit den Büchern umgegangen ist. Das sind ja alles erschreckliche Geschichten, sagte Sophie: wer möchte sie nur von seinem Feinde so wieder erzählen? Das Schlimmste aber, fuhr Eulenböck fort, war <TEI> <text> <body> <div n="3"> <p><pb facs="#f0053"/> junger wüster Mensch meldet sich zu diesem wichtigen Amte und wird auch gleich angenommen, weil er zu schwatzen weiß. Zu schreiben ist nicht viel, aber trinken muß er lernen, und der Unterricht schlägt bei dem lockern Vogel an. Das wilde Leben nimmt gleich seinen Anfang; alle Tage toll und voll, Bälle, Maskeraden, Schlittenfahrten, die halbe Stadt frei gehalten. So fehlt es denn nun schon nach einem halben Jahre, als der junge Gelehrte sich seinen Gehalt ausbittet, an baarem Gelde. Man fällt auf den Ausweg, daß er für den Gehalt des ersten Jahres an Büchern nach einer billigen Taxe nehmen dürfe. Herr und Diener kennen aber den Werth der Sachen nicht, die auch nur für den Kenner kostbar sind, und deren finden sich nicht auf allen Gassen. Die theuersten Werke werden ihm also lächerlich wohlfeil überlassen, und da man die Auskunft einmal gefunden hat, so wiederholt sich das Spiel immer wieder, und um so öfter, da der neue Günstling zuweilen Gelegenheit hat, für seinen Patron baare Auslagen zu machen, die ihm in Büchern wieder erstattet werden. So, fürchte ich, sind von der Büchersammlung vielleicht nur noch die Schränke übrig geblieben.</p><lb/> <p>Ich weiß am besten, sagte der Rath, wie unverantwortlich man mit den Büchern umgegangen ist.</p><lb/> <p>Das sind ja alles erschreckliche Geschichten, sagte Sophie: wer möchte sie nur von seinem Feinde so wieder erzählen?</p><lb/> <p>Das Schlimmste aber, fuhr Eulenböck fort, war<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0053]
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Ich weiß am besten, sagte der Rath, wie unverantwortlich man mit den Büchern umgegangen ist.
Das sind ja alles erschreckliche Geschichten, sagte Sophie: wer möchte sie nur von seinem Feinde so wieder erzählen?
Das Schlimmste aber, fuhr Eulenböck fort, war
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Zitationshilfe: | Tieck, Ludwig: Die Gemälde. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 2. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–123. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_gemaelde_1910/53>, abgerufen am 17.06.2024. |