welche neue Tonwelt den Ohren bevorstand, das wußte man nicht, das konnte man aus den verlorenen Klängen noch lange nicht entnehmen.
Das Schießen wurde sonst mit einem starken Früh¬ stück und Trunk beschlossen, wobei das Volk der Pfahl¬ männer mit schönen Trinksprüchen in gemüthlichem Selbstlob nicht Geringes zu leisten pflegte. Dießmal begnügte man sich mit einem kürzeren Frühtrunk, denn man wollte die Kraft der Kiefer und den Vorrath von Rednergeist auf den abendlichen Festschmaus sparen, der den Gästen zu Ehren noch viel großartiger als sonst ausfallen sollte. Man verfügte sich also, nach¬ dem das große Trinkhorn einige Male gekreist hatte und den besten Schützen Hoch ausgebracht war, solid nach Hause und ließ sich zum Mittagimbiß gefallen, was die einzelne Küche vermochte. Was vereinigte Kräfte und ausgebildete Technik der Kochkunst zu leisten im Stande waren, das gedenken wir pflichtschuldig in's Licht zu setzen, wenn wir dieser bedeutenderen Entfaltung zusehen werden.
Die ersten Nachmittagsstunden brachten -- nichts; sie blieben leer. Ein Theil der Mannen legte sich auf's Ohr und schnarchte, ein Theil und besonders die ledigen Bursche liebten es, wie heute noch unsere Bauern und das italienische Volk, am Sonntag Nach¬ mittag einfach den Häusern entlang sich aufzupflanzen, zu gaffen und gar nichts zu denken. Es war reiner
welche neue Tonwelt den Ohren bevorſtand, das wußte man nicht, das konnte man aus den verlorenen Klängen noch lange nicht entnehmen.
Das Schießen wurde ſonſt mit einem ſtarken Früh¬ ſtück und Trunk beſchloſſen, wobei das Volk der Pfahl¬ männer mit ſchönen Trinkſprüchen in gemüthlichem Selbſtlob nicht Geringes zu leiſten pflegte. Dießmal begnügte man ſich mit einem kürzeren Frühtrunk, denn man wollte die Kraft der Kiefer und den Vorrath von Rednergeiſt auf den abendlichen Feſtſchmaus ſparen, der den Gäſten zu Ehren noch viel großartiger als ſonſt ausfallen ſollte. Man verfügte ſich alſo, nach¬ dem das große Trinkhorn einige Male gekreist hatte und den beſten Schützen Hoch ausgebracht war, ſolid nach Hauſe und ließ ſich zum Mittagimbiß gefallen, was die einzelne Küche vermochte. Was vereinigte Kräfte und ausgebildete Technik der Kochkunſt zu leiſten im Stande waren, das gedenken wir pflichtſchuldig in's Licht zu ſetzen, wenn wir dieſer bedeutenderen Entfaltung zuſehen werden.
Die erſten Nachmittagsſtunden brachten — nichts; ſie blieben leer. Ein Theil der Mannen legte ſich auf's Ohr und ſchnarchte, ein Theil und beſonders die ledigen Burſche liebten es, wie heute noch unſere Bauern und das italieniſche Volk, am Sonntag Nach¬ mittag einfach den Häuſern entlang ſich aufzupflanzen, zu gaffen und gar nichts zu denken. Es war reiner
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welche neue Tonwelt den Ohren bevorſtand, das wußte
man nicht, das konnte man aus den verlorenen Klängen
noch lange nicht entnehmen.
Das Schießen wurde ſonſt mit einem ſtarken Früh¬
ſtück und Trunk beſchloſſen, wobei das Volk der Pfahl¬
männer mit ſchönen Trinkſprüchen in gemüthlichem
Selbſtlob nicht Geringes zu leiſten pflegte. Dießmal
begnügte man ſich mit einem kürzeren Frühtrunk, denn
man wollte die Kraft der Kiefer und den Vorrath
von Rednergeiſt auf den abendlichen Feſtſchmaus ſparen,
der den Gäſten zu Ehren noch viel großartiger als
ſonſt ausfallen ſollte. Man verfügte ſich alſo, nach¬
dem das große Trinkhorn einige Male gekreist hatte
und den beſten Schützen Hoch ausgebracht war, ſolid
nach Hauſe und ließ ſich zum Mittagimbiß gefallen,
was die einzelne Küche vermochte. Was vereinigte
Kräfte und ausgebildete Technik der Kochkunſt zu leiſten
im Stande waren, das gedenken wir pflichtſchuldig
in's Licht zu ſetzen, wenn wir dieſer bedeutenderen
Entfaltung zuſehen werden.
Die erſten Nachmittagsſtunden brachten — nichts;
ſie blieben leer. Ein Theil der Mannen legte ſich
auf's Ohr und ſchnarchte, ein Theil und beſonders
die ledigen Burſche liebten es, wie heute noch unſere
Bauern und das italieniſche Volk, am Sonntag Nach¬
mittag einfach den Häuſern entlang ſich aufzupflanzen,
zu gaffen und gar nichts zu denken. Es war reiner
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Vischer, Friedrich Theodor von: Auch Einer. Eine Reisebekanntschaft. Bd. 1. Stuttgart u. a., 1879, S. 310. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vischer_auch01_1879/323>, abgerufen am 01.11.2024.
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