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Vogt, Carl: Zoologische Briefe. Bd. 2. Frankfurt (Main), 1851.

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terkuchens, so bieten sich scharf gesonderte Charaktere für diese größe-
ren Gruppen, durch welche manche der früheren auf unbestimmte An-
nahmen gegründeten Umgränzungen bestätigt werden.

Bei den Einen bildet sich niemals ein zusammenhängender Mut-
terkuchen aus; die Harnhaut überzieht die ganze innere Oberfläche
der Eihaut; ihre Gefäße bilden sich hier und da in einzelne Zotten
oder Wülste (Cotyledones) hinein, in welchen die wechselseitige Ge-
fäßverbindung zwischen Mutter und Frucht stattfindet. Die Wal-
thiere (Cetacea)
mit fischartigem Körper, flossenartigen Vorder-
gliedmaßen, unter denen wir drei Unterordnungen unterscheiden: die
ächten Walthiere (Cetacea) auf Fleischnahrung angewiesen, mit
einwurzeligen Kegelzähnen; die Doppelzähner (Zeuglodonta)
mit doppelwurzeligen Fleischzähnen, deren Kronen scharf gezackt sind;
und die Seekühe (Sirenia) von gleicher Körperform, ähnlicher
Beschaffenheit der Gliedmaßen, aber mit Mahlzähnen versehen und auf
Pflanzennahrung angewiesen; -- die Dickhäuter (Pachydermata)
mit vier Füßen und mehr als zwei Hufen daran, so wie meistens mit
allen Arten von Zähnen versehen die Zahnlosen (Edentata)
mit langentwickelten mehrfachen Krallen, aber stets ohne Vorder- und
Eckzähne; die Einhufer (Solidungula) mit Vorderzähnen in bei-
den Kinnladen und einfachen Hufen an allen Füßen; und die Wie-
derkäuer (Ruminantia)
mit gespaltenen Hufen, eigenthümlicher
Magenbildung und ohne Schneidezähne in dem Oberkiefer; -- bilden diese
größere Gruppe, in welcher sich die Ordnung der Dickhäuter gewisser
Maßen als der Mittelpunkt darstellt, an welchen einerseits die Wale
und Seekühe, andererseits die Zahnlosen oder die Einhufer und Wie-
derkäuer sich anreihen.

Bei einer zweiten Gruppe sammeln sich die Anfangs zerstreuten
Zotten des Chorions und der Harnhaut in einem Gürtel, welcher
quer um das spindelförmige Ei gelegt ist und die beiden Enden des-
selben frei läßt; -- der Mutterkuchen heftet auf diese Weise das Ei
in dem ganzen Umkreise der inneren Höhle der röhrenförmigen Ge-
bärmutter an. Die Gruppe, welche von diesen mit einem gürtelför-
migen Mutterkuchen versehenen Säugethieren gebildet wird, zeichnet
sich durch die Anordnung ihrer Zähne und ihr raubgieriges Naturell
von allen andern aus und begreift nur zwei Ordnungen, die Rob-
ben (Pinnipedia)
mit fischähnlichem Körper und Flossenfüßen, und
die eigentlichen Fleischfresser (Carnivora) mit scharfen vielfa-
chen Krallen an den Pfoten.


terkuchens, ſo bieten ſich ſcharf geſonderte Charaktere für dieſe größe-
ren Gruppen, durch welche manche der früheren auf unbeſtimmte An-
nahmen gegründeten Umgränzungen beſtätigt werden.

Bei den Einen bildet ſich niemals ein zuſammenhängender Mut-
terkuchen aus; die Harnhaut überzieht die ganze innere Oberfläche
der Eihaut; ihre Gefäße bilden ſich hier und da in einzelne Zotten
oder Wülſte (Cotyledones) hinein, in welchen die wechſelſeitige Ge-
fäßverbindung zwiſchen Mutter und Frucht ſtattfindet. Die Wal-
thiere (Cetacea)
mit fiſchartigem Körper, floſſenartigen Vorder-
gliedmaßen, unter denen wir drei Unterordnungen unterſcheiden: die
ächten Walthiere (Cetacea) auf Fleiſchnahrung angewieſen, mit
einwurzeligen Kegelzähnen; die Doppelzähner (Zeuglodonta)
mit doppelwurzeligen Fleiſchzähnen, deren Kronen ſcharf gezackt ſind;
und die Seekühe (Sirenia) von gleicher Körperform, ähnlicher
Beſchaffenheit der Gliedmaßen, aber mit Mahlzähnen verſehen und auf
Pflanzennahrung angewieſen; — die Dickhäuter (Pachydermata)
mit vier Füßen und mehr als zwei Hufen daran, ſo wie meiſtens mit
allen Arten von Zähnen verſehen die Zahnloſen (Edentata)
mit langentwickelten mehrfachen Krallen, aber ſtets ohne Vorder- und
Eckzähne; die Einhufer (Solidungula) mit Vorderzähnen in bei-
den Kinnladen und einfachen Hufen an allen Füßen; und die Wie-
derkäuer (Ruminantia)
mit geſpaltenen Hufen, eigenthümlicher
Magenbildung und ohne Schneidezähne in dem Oberkiefer; — bilden dieſe
größere Gruppe, in welcher ſich die Ordnung der Dickhäuter gewiſſer
Maßen als der Mittelpunkt darſtellt, an welchen einerſeits die Wale
und Seekühe, andererſeits die Zahnloſen oder die Einhufer und Wie-
derkäuer ſich anreihen.

Bei einer zweiten Gruppe ſammeln ſich die Anfangs zerſtreuten
Zotten des Chorions und der Harnhaut in einem Gürtel, welcher
quer um das ſpindelförmige Ei gelegt iſt und die beiden Enden des-
ſelben frei läßt; — der Mutterkuchen heftet auf dieſe Weiſe das Ei
in dem ganzen Umkreiſe der inneren Höhle der röhrenförmigen Ge-
bärmutter an. Die Gruppe, welche von dieſen mit einem gürtelför-
migen Mutterkuchen verſehenen Säugethieren gebildet wird, zeichnet
ſich durch die Anordnung ihrer Zähne und ihr raubgieriges Naturell
von allen andern aus und begreift nur zwei Ordnungen, die Rob-
ben (Pinnipedia)
mit fiſchähnlichem Körper und Floſſenfüßen, und
die eigentlichen Fleiſchfreſſer (Carnivora) mit ſcharfen vielfa-
chen Krallen an den Pfoten.


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[431/0437] terkuchens, ſo bieten ſich ſcharf geſonderte Charaktere für dieſe größe- ren Gruppen, durch welche manche der früheren auf unbeſtimmte An- nahmen gegründeten Umgränzungen beſtätigt werden. Bei den Einen bildet ſich niemals ein zuſammenhängender Mut- terkuchen aus; die Harnhaut überzieht die ganze innere Oberfläche der Eihaut; ihre Gefäße bilden ſich hier und da in einzelne Zotten oder Wülſte (Cotyledones) hinein, in welchen die wechſelſeitige Ge- fäßverbindung zwiſchen Mutter und Frucht ſtattfindet. Die Wal- thiere (Cetacea) mit fiſchartigem Körper, floſſenartigen Vorder- gliedmaßen, unter denen wir drei Unterordnungen unterſcheiden: die ächten Walthiere (Cetacea) auf Fleiſchnahrung angewieſen, mit einwurzeligen Kegelzähnen; die Doppelzähner (Zeuglodonta) mit doppelwurzeligen Fleiſchzähnen, deren Kronen ſcharf gezackt ſind; und die Seekühe (Sirenia) von gleicher Körperform, ähnlicher Beſchaffenheit der Gliedmaßen, aber mit Mahlzähnen verſehen und auf Pflanzennahrung angewieſen; — die Dickhäuter (Pachydermata) mit vier Füßen und mehr als zwei Hufen daran, ſo wie meiſtens mit allen Arten von Zähnen verſehen die Zahnloſen (Edentata) mit langentwickelten mehrfachen Krallen, aber ſtets ohne Vorder- und Eckzähne; die Einhufer (Solidungula) mit Vorderzähnen in bei- den Kinnladen und einfachen Hufen an allen Füßen; und die Wie- derkäuer (Ruminantia) mit geſpaltenen Hufen, eigenthümlicher Magenbildung und ohne Schneidezähne in dem Oberkiefer; — bilden dieſe größere Gruppe, in welcher ſich die Ordnung der Dickhäuter gewiſſer Maßen als der Mittelpunkt darſtellt, an welchen einerſeits die Wale und Seekühe, andererſeits die Zahnloſen oder die Einhufer und Wie- derkäuer ſich anreihen. Bei einer zweiten Gruppe ſammeln ſich die Anfangs zerſtreuten Zotten des Chorions und der Harnhaut in einem Gürtel, welcher quer um das ſpindelförmige Ei gelegt iſt und die beiden Enden des- ſelben frei läßt; — der Mutterkuchen heftet auf dieſe Weiſe das Ei in dem ganzen Umkreiſe der inneren Höhle der röhrenförmigen Ge- bärmutter an. Die Gruppe, welche von dieſen mit einem gürtelför- migen Mutterkuchen verſehenen Säugethieren gebildet wird, zeichnet ſich durch die Anordnung ihrer Zähne und ihr raubgieriges Naturell von allen andern aus und begreift nur zwei Ordnungen, die Rob- ben (Pinnipedia) mit fiſchähnlichem Körper und Floſſenfüßen, und die eigentlichen Fleiſchfreſſer (Carnivora) mit ſcharfen vielfa- chen Krallen an den Pfoten.

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Zitationshilfe: Vogt, Carl: Zoologische Briefe. Bd. 2. Frankfurt (Main), 1851, S. 431. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vogt_briefe02_1851/437>, abgerufen am 26.04.2024.