Lagerfugen flacher und nicht so steil, als es der regelmäßige Fugen- schnitt erfordert und wie es jenes Herabgleiten der Steine herbeiführen würde. Zugleich vereinigen sich die beiden Schenkel des Spitzbogens nur bei den Rippen oder Graten, nicht aber in den Zwischenfeldern,
[Abbildung]
Fig. 436.
[Abbildung]
Fig. 437.
in eine Spitze, wie beim reinen Spitzbogen, sondern bilden hier viel- mehr die Hälfte einer sehr schlanken Ellipse. Oft hat das Mauer- schild schon diese Form, ja fast überall wo an dieser Stelle keine Gräten oder profilirte Verzierungen angebracht sind. Der Scheitel jener Zwischenfelder steht darum noch höher wie die Spitze der Gräten, und bildet wieder einen flachen Bogen von diesen zur Mauer, wie aus dem Durchschnitt Fig. 438 ersichtlich ist.
Nicht immer liegen endlich die einzelnen Schichten horizontal; sehr oft steigen sie nach Fig. 437 von den Diagonalgräten ziemlich steil gegen die Mauern an, zuweilen sogar unter einem Winkel von 45 Grad. Wahrscheinlich ist dies geschehen, um den Schub von letztern mehr auf die Rüstbögen der erstern zu construiren, und hier in einen fast senk- rechten Druck zu verwandeln. Vielleicht auch um den einzelnen Schich- ten eine größere Ausbauchung, mithin eine größere Stärke zu geben. Selbst geradlinige Kreuzgewölbe, ja wahrscheinlich sogar Tonnenge- wölbe, würden sich auf diese Weise ausführen lassen, indem nunmehr alle Schichten schiefe Schnitte eines Eylinders bilden, mithin aus einzelnen elliptischen Bogen bestehen.
Wenn bisher der leichtern Uebersicht halber nur von einfachen, einzelne quadratische ringummauerte Räume bedeckenden Gewölben die Rede war, so bedarf es doch kaum der Bemerkung, daß genau dasselbe
Zweites Kapitel. Die Gewölbe.
Lagerfugen flacher und nicht ſo ſteil, als es der regelmäßige Fugen- ſchnitt erfordert und wie es jenes Herabgleiten der Steine herbeiführen würde. Zugleich vereinigen ſich die beiden Schenkel des Spitzbogens nur bei den Rippen oder Graten, nicht aber in den Zwiſchenfeldern,
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Fig. 436.
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Fig. 437.
in eine Spitze, wie beim reinen Spitzbogen, ſondern bilden hier viel- mehr die Hälfte einer ſehr ſchlanken Ellipſe. Oft hat das Mauer- ſchild ſchon dieſe Form, ja faſt überall wo an dieſer Stelle keine Gräten oder profilirte Verzierungen angebracht ſind. Der Scheitel jener Zwiſchenfelder ſteht darum noch höher wie die Spitze der Gräten, und bildet wieder einen flachen Bogen von dieſen zur Mauer, wie aus dem Durchſchnitt Fig. 438 erſichtlich iſt.
Nicht immer liegen endlich die einzelnen Schichten horizontal; ſehr oft ſteigen ſie nach Fig. 437 von den Diagonalgräten ziemlich ſteil gegen die Mauern an, zuweilen ſogar unter einem Winkel von 45 Grad. Wahrſcheinlich iſt dies geſchehen, um den Schub von letztern mehr auf die Rüſtbögen der erſtern zu conſtruiren, und hier in einen faſt ſenk- rechten Druck zu verwandeln. Vielleicht auch um den einzelnen Schich- ten eine größere Ausbauchung, mithin eine größere Stärke zu geben. Selbſt geradlinige Kreuzgewölbe, ja wahrſcheinlich ſogar Tonnenge- wölbe, würden ſich auf dieſe Weiſe ausführen laſſen, indem nunmehr alle Schichten ſchiefe Schnitte eines Eylinders bilden, mithin aus einzelnen elliptiſchen Bogen beſtehen.
Wenn bisher der leichtern Ueberſicht halber nur von einfachen, einzelne quadratiſche ringummauerte Räume bedeckenden Gewölben die Rede war, ſo bedarf es doch kaum der Bemerkung, daß genau daſſelbe
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Zweites Kapitel. Die Gewölbe.
Lagerfugen flacher und nicht ſo ſteil, als es der regelmäßige Fugen-
ſchnitt erfordert und wie es jenes Herabgleiten der Steine herbeiführen
würde. Zugleich vereinigen ſich die beiden Schenkel des Spitzbogens
nur bei den Rippen oder Graten, nicht aber in den Zwiſchenfeldern,
[Abbildung Fig. 436.]
[Abbildung Fig. 437.]
in eine Spitze, wie beim reinen Spitzbogen, ſondern bilden hier viel-
mehr die Hälfte einer ſehr ſchlanken Ellipſe. Oft hat das Mauer-
ſchild ſchon dieſe Form, ja faſt überall wo an dieſer Stelle keine
Gräten oder profilirte Verzierungen angebracht ſind. Der Scheitel
jener Zwiſchenfelder ſteht darum noch höher wie die Spitze der Gräten,
und bildet wieder einen flachen Bogen von dieſen zur Mauer, wie
aus dem Durchſchnitt Fig. 438 erſichtlich iſt.
Nicht immer liegen endlich die einzelnen Schichten horizontal; ſehr
oft ſteigen ſie nach Fig. 437 von den Diagonalgräten ziemlich ſteil
gegen die Mauern an, zuweilen ſogar unter einem Winkel von 45 Grad.
Wahrſcheinlich iſt dies geſchehen, um den Schub von letztern mehr auf
die Rüſtbögen der erſtern zu conſtruiren, und hier in einen faſt ſenk-
rechten Druck zu verwandeln. Vielleicht auch um den einzelnen Schich-
ten eine größere Ausbauchung, mithin eine größere Stärke zu geben.
Selbſt geradlinige Kreuzgewölbe, ja wahrſcheinlich ſogar Tonnenge-
wölbe, würden ſich auf dieſe Weiſe ausführen laſſen, indem nunmehr
alle Schichten ſchiefe Schnitte eines Eylinders bilden, mithin aus
einzelnen elliptiſchen Bogen beſtehen.
Wenn bisher der leichtern Ueberſicht halber nur von einfachen,
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Rede war, ſo bedarf es doch kaum der Bemerkung, daß genau daſſelbe
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Wanderleys "Handbuch" erschien bereits 1872 in zw… [mehr]
Wanderleys "Handbuch" erschien bereits 1872 in zwei Bänden. Die Ausgabe von 1877/1878 ist die 2., gänzlich umgearbarbeitete und sehr vermehrte Auflage und wurde aufgrund der besseren verfügbarkeit für das DTA digitalisiert.
Wanderley, Germano: Handbuch der Bauconstruktionslehre. 2. Aufl. Bd. 2. Die Constructionen in Stein. Leipzig, 1878, S. 422. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wanderley_bauconstructionslehre02_1878/438>, abgerufen am 16.06.2024.
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