Weise, Christian: Der freymüthige und höfliche Redner. Leipzig, 1693. Abd. Es ist nicht ohne/ wo Königliche Ver- richtungen etwas furchtsam gespielet werden/ da pfleget der Unterthanen Kühnheit zu wachsen. Allein in dem Religions-Wercke/ da will die Regel nicht statt finden/ die Gewissen wollen nicht gezwungen/ sondern nur höfflich persvadiret und betrogen werden. Jsab. Gleichwohl muste der Sidonische Gottesdienst durch gewisse Personen sichtbarlich getrieben werden. Abd. Aber die Jüdischen Propheten durff- ten deßwegen nicht über die Klinge springen. Jch sage noch einmal/ und solches nicht aus meinem Verstande/ sondern auff höchst vernünfftiges Er- messen Jhro Majest. dero Königlichen Herrn Vaters/ man hätte der Prophe- ten verschonen sollen/ biß das Volck zu einem Hasse wider sie wäre auffge- muntert worden. Die Baals-Pfaf- fen hätten auch zu Hause bleiben sollen/ biß man sie als geliebte Götter-Söh- ne frölich eingeladen hätte. Jsab. Wer seiner guten intention nachge- het/ der ist im Warten ungedultig. Abd. A 5
Abd. Es iſt nicht ohne/ wo Koͤnigliche Ver- richtungen etwas furchtſam geſpielet werden/ da pfleget der Unterthanen Kuͤhnheit zu wachſen. Allein in dem Religions-Wercke/ da will die Regel nicht ſtatt finden/ die Gewiſſen wollen nicht gezwungen/ ſondern nur hoͤfflich perſvadiret und betrogen werden. Jſab. Gleichwohl muſte der Sidoniſche Gottesdienſt durch gewiſſe Perſonen ſichtbarlich getrieben werden. Abd. Aber die Juͤdiſchen Propheten durff- ten deßwegen nicht uͤber die Klinge ſpringen. Jch ſage noch einmal/ und ſolches nicht aus meinem Verſtande/ ſondern auff hoͤchſt vernuͤnfftiges Er- meſſen Jhro Majeſt. dero Koͤniglichen Herrn Vaters/ man haͤtte der Prophe- ten verſchonen ſollen/ biß das Volck zu einem Haſſe wider ſie waͤre auffge- muntert worden. Die Baals-Pfaf- fen haͤtten auch zu Hauſe bleiben ſollen/ biß man ſie als geliebte Goͤtter-Soͤh- ne froͤlich eingeladen haͤtte. Jſab. Wer ſeiner guten intention nachge- het/ der iſt im Warten ungedultig. Abd. A 5
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Abd. Es iſt nicht ohne/ wo Koͤnigliche Ver-
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werden/ da pfleget der Unterthanen
Kuͤhnheit zu wachſen. Allein in dem
Religions-Wercke/ da will die Regel
nicht ſtatt finden/ die Gewiſſen wollen
nicht gezwungen/ ſondern nur hoͤfflich
perſvadiret und betrogen werden.
Jſab. Gleichwohl muſte der Sidoniſche
Gottesdienſt durch gewiſſe Perſonen
ſichtbarlich getrieben werden.
Abd. Aber die Juͤdiſchen Propheten durff-
ten deßwegen nicht uͤber die Klinge
ſpringen. Jch ſage noch einmal/ und
ſolches nicht aus meinem Verſtande/
ſondern auff hoͤchſt vernuͤnfftiges Er-
meſſen Jhro Majeſt. dero Koͤniglichen
Herrn Vaters/ man haͤtte der Prophe-
ten verſchonen ſollen/ biß das Volck zu
einem Haſſe wider ſie waͤre auffge-
muntert worden. Die Baals-Pfaf-
fen haͤtten auch zu Hauſe bleiben ſollen/
biß man ſie als geliebte Goͤtter-Soͤh-
ne froͤlich eingeladen haͤtte.
Jſab. Wer ſeiner guten intention nachge-
het/ der iſt im Warten ungedultig.
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Zitationshilfe: | Weise, Christian: Der freymüthige und höfliche Redner. Leipzig, 1693, S. 9. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/weise_redner_1693/173>, abgerufen am 18.06.2024. |