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Zschackwitz, Johann Ehrenfried: Historisch-Genealogischer Schau-Platz. Lemgo, 1724.

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ihrer Geschichte so nachlässig gewesen: dann/ daß/ als man das Studium Genealogicum zu tractiren angefangen/ die Ankunfft der meisten vornehmen Geschlechter / entweder aus Italien/ oder aber aus Griechenland her gehohlet worden. Immittelst/ beweiset die angegebene Nachlässigkeit der alten Teutschen noch lange nicht/ als ob selbige mit keinen vornehmen Geschlechtern wären versehen gewesen: Denn wer wolte daran zweiffeln? Ja/ man darff vielmehr gewiß glauben / daß/ wo nicht alle/ doch die allermeisten hohen Familien aus Teutschland selber ihre unmittelbahre Ankunsst her haben/ und deren Vorfahren allda bekannt gewesen/ ob wir gleich jetzo nicht von allen sagen können/ wie solche geheissen? wo sie gewohnet? und was sie bedienet gehabt? Denn ob es wohl an dem ist/ daß viele vornehme Reichs-Bedienungen/ weder zu/ noch also bald nach des Caroli M. seinen Zeiten erblich geworden; nichts desto weniger/ ist es unstreitig/ daß solche denen ansehnlichsten/ von dieser oder jener Familie jedesmahl anvertrauet worden. So beweisen auch die alten Fürstenthümer der Sachsen/ Francken/ Alemannier und anderer Völcker/ daß Teutschland/ an Durchlauchtigen Personen gantz keinen Mangel gehabt. Doch eben diese Nachlässigkeit der Teutschen/ die sie in Aufzeichnung der vorigen Geschichte bezeiget/ ist wider diejenigen ein starcker Beweiß/ die den Ursprung der Fürstlichen Häuser/ mit so grosser Dreistigkeit aus Italien oder Griechenland her hohlen. Denn/ wenn jene nichts aufgeschrieben haben/ woher wollen denn diese wissen/ wie jedes Hauses Stamm-Vater geheissen? Auf was Art er in Teutschland gekommen? und welcher gestalt seine Nachkommen sich darinnen ausgebreitet haben? Zwar könte es seyn/ daß/ als die Teutschen das Römische Reich zu zerstöhren anfingen/ und sie nachhero etliche Secula nach einander / fast stete Kriege in Italien führen musten/ daß einige vornehme Römische Familien/ von dar nach Teutschland gewichen wären; Es ist aber viel glaublicher und vernünfftiger/ daß dieses nicht geschehen sey. Dann wer wird sich gerne Sicherheit halben unter ein Volck machen/ von dem sein Vaterland verwüstet / und auf das jämmerlichste zu Grunde gerichtet worden/ und worinnen nichts als kriegerische Leute zu finden? Wann/ welches doch GOtt verhüten wolle/ geschege / daß die Türckey in Teutschland eine Verwüstung anrichteten/ solte man den glauben/ daß Hohe und Fürstliche Personen sich in die Türckey wenden/ und allda Schutz und Sicherheit suchen würden? Zudem/ hatten die Römer/ einen viel zu starcken Haß und Abscheu vor Teutschland/ als daß sie in einer sothanigen Wildnüß/ wie sie es nannten/ einen Auffenthalt und Ruhe gesuchet haben solten. Ja/ wenn auch gleich welche Römische Familien nach Teutschland gekommen wären; haben sie denn ihre Mutter-Sprache alsobald so gar vergessen/ daß sie denen von ihnen erbaueten Häusern und Schlössern/ teutsche Nahmen geben/ und alles Teutsch benennen können? Eben eine

ihrer Geschichte so nachlässig gewesen: dann/ daß/ als man das Studium Genealogicum zu tractiren angefangen/ die Ankunfft der meisten vornehmen Geschlechter / entweder aus Italien/ oder aber aus Griechenland her gehohlet worden. Immittelst/ beweiset die angegebene Nachlässigkeit der alten Teutschen noch lange nicht/ als ob selbige mit keinen vornehmen Geschlechtern wären versehen gewesen: Denn wer wolte daran zweiffeln? Ja/ man darff vielmehr gewiß glauben / daß/ wo nicht alle/ doch die allermeisten hohen Familien aus Teutschland selber ihre unmittelbahre Ankunsst her haben/ und deren Vorfahren allda bekannt gewesen/ ob wir gleich jetzo nicht von allen sagen können/ wie solche geheissen? wo sie gewohnet? und was sie bedienet gehabt? Denn ob es wohl an dem ist/ daß viele vornehme Reichs-Bedienungen/ weder zu/ noch also bald nach des Caroli M. seinen Zeiten erblich geworden; nichts desto weniger/ ist es unstreitig/ daß solche denen ansehnlichsten/ von dieser oder jener Familie jedesmahl anvertrauet worden. So beweisen auch die alten Fürstenthümer der Sachsen/ Francken/ Alemannier und anderer Völcker/ daß Teutschland/ an Durchlauchtigen Personen gantz keinen Mangel gehabt. Doch eben diese Nachlässigkeit der Teutschen/ die sie in Aufzeichnung der vorigen Geschichte bezeiget/ ist wider diejenigen ein starcker Beweiß/ die den Ursprung der Fürstlichen Häuser/ mit so grosser Dreistigkeit aus Italien oder Griechenland her hohlen. Denn/ wenn jene nichts aufgeschrieben haben/ woher wollen denn diese wissen/ wie jedes Hauses Stamm-Vater geheissen? Auf was Art er in Teutschland gekommen? und welcher gestalt seine Nachkommen sich darinnen ausgebreitet haben? Zwar könte es seyn/ daß/ als die Teutschen das Römische Reich zu zerstöhren anfingen/ und sie nachhero etliche Secula nach einander / fast stete Kriege in Italien führen musten/ daß einige vornehme Römische Familien/ von dar nach Teutschland gewichen wären; Es ist aber viel glaublicher und vernünfftiger/ daß dieses nicht geschehen sey. Dann wer wird sich gerne Sicherheit halben unter ein Volck machen/ von dem sein Vaterland verwüstet / und auf das jämmerlichste zu Grunde gerichtet worden/ und worinnen nichts als kriegerische Leute zu finden? Wann/ welches doch GOtt verhüten wolle/ geschege / daß die Türckey in Teutschland eine Verwüstung anrichteten/ solte man den glauben/ daß Hohe und Fürstliche Personen sich in die Türckey wenden/ und allda Schutz und Sicherheit suchen würden? Zudem/ hatten die Römer/ einen viel zu starcken Haß und Abscheu vor Teutschland/ als daß sie in einer sothanigen Wildnüß/ wie sie es nannten/ einen Auffenthalt und Ruhe gesuchet haben solten. Ja/ wenn auch gleich welche Römische Familien nach Teutschland gekommen wären; haben sie denn ihre Mutter-Sprache alsobald so gar vergessen/ daß sie denen von ihnen erbaueten Häusern und Schlössern/ teutsche Nahmen geben/ und alles Teutsch benennen können? Eben eine

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[2/0044] ihrer Geschichte so nachlässig gewesen: dann/ daß/ als man das Studium Genealogicum zu tractiren angefangen/ die Ankunfft der meisten vornehmen Geschlechter / entweder aus Italien/ oder aber aus Griechenland her gehohlet worden. Immittelst/ beweiset die angegebene Nachlässigkeit der alten Teutschen noch lange nicht/ als ob selbige mit keinen vornehmen Geschlechtern wären versehen gewesen: Denn wer wolte daran zweiffeln? Ja/ man darff vielmehr gewiß glauben / daß/ wo nicht alle/ doch die allermeisten hohen Familien aus Teutschland selber ihre unmittelbahre Ankunsst her haben/ und deren Vorfahren allda bekannt gewesen/ ob wir gleich jetzo nicht von allen sagen können/ wie solche geheissen? wo sie gewohnet? und was sie bedienet gehabt? Denn ob es wohl an dem ist/ daß viele vornehme Reichs-Bedienungen/ weder zu/ noch also bald nach des Caroli M. seinen Zeiten erblich geworden; nichts desto weniger/ ist es unstreitig/ daß solche denen ansehnlichsten/ von dieser oder jener Familie jedesmahl anvertrauet worden. So beweisen auch die alten Fürstenthümer der Sachsen/ Francken/ Alemannier und anderer Völcker/ daß Teutschland/ an Durchlauchtigen Personen gantz keinen Mangel gehabt. Doch eben diese Nachlässigkeit der Teutschen/ die sie in Aufzeichnung der vorigen Geschichte bezeiget/ ist wider diejenigen ein starcker Beweiß/ die den Ursprung der Fürstlichen Häuser/ mit so grosser Dreistigkeit aus Italien oder Griechenland her hohlen. Denn/ wenn jene nichts aufgeschrieben haben/ woher wollen denn diese wissen/ wie jedes Hauses Stamm-Vater geheissen? Auf was Art er in Teutschland gekommen? und welcher gestalt seine Nachkommen sich darinnen ausgebreitet haben? Zwar könte es seyn/ daß/ als die Teutschen das Römische Reich zu zerstöhren anfingen/ und sie nachhero etliche Secula nach einander / fast stete Kriege in Italien führen musten/ daß einige vornehme Römische Familien/ von dar nach Teutschland gewichen wären; Es ist aber viel glaublicher und vernünfftiger/ daß dieses nicht geschehen sey. Dann wer wird sich gerne Sicherheit halben unter ein Volck machen/ von dem sein Vaterland verwüstet / und auf das jämmerlichste zu Grunde gerichtet worden/ und worinnen nichts als kriegerische Leute zu finden? Wann/ welches doch GOtt verhüten wolle/ geschege / daß die Türckey in Teutschland eine Verwüstung anrichteten/ solte man den glauben/ daß Hohe und Fürstliche Personen sich in die Türckey wenden/ und allda Schutz und Sicherheit suchen würden? Zudem/ hatten die Römer/ einen viel zu starcken Haß und Abscheu vor Teutschland/ als daß sie in einer sothanigen Wildnüß/ wie sie es nannten/ einen Auffenthalt und Ruhe gesuchet haben solten. Ja/ wenn auch gleich welche Römische Familien nach Teutschland gekommen wären; haben sie denn ihre Mutter-Sprache alsobald so gar vergessen/ daß sie denen von ihnen erbaueten Häusern und Schlössern/ teutsche Nahmen geben/ und alles Teutsch benennen können? Eben eine

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Zitationshilfe: Zschackwitz, Johann Ehrenfried: Historisch-Genealogischer Schau-Platz. Lemgo, 1724, S. 2. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zschackwitz_schauplatz_1724/44>, abgerufen am 30.04.2024.