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Mattioli, Pietro Andrea: Theatrvm Botanicvm, Das ist: Neu Vollkommenes Kräuter-Buch (Übers. Theodor Zwinger). Basel, 1690.

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Das Vierte Buch/
[Spaltenumbruch] welche von sechs oder sieben weissen glöcklein
gleich einem trächterlein bedecket sind/ so an-
zusehen wie ein häutlein/ es ist jedoch etwas
steiff/ und oben herumb mit abschewlichen
dörnen besetzt. Mitten auß den glöcklein er-
scheinet ein purpurfarbige oder weisse Blum
wie an der todten Nesseln/ welcher ein weis-
ser/ eckichter und spitzer same nachfolget/ sie
gibt ein lieblichen geruch von sich. Man fin-
det deren noch ein art/ welche rauchere sten-
gel bringet/ auch sind die glöcklein nicht al-
so weiß/ sonder etwas braunlicht und enger/
mit schärfferen längeren und härteren dör-
nen umbringt. Sie gibt einen unlieblichen
geruch von sich. Molucca asperior foetida, J. B.
Melissa Moluccana foetida, C. B.
Man findet
beyde in dem Fürstlichen Eystettischen Lust-
garten.

[Abbildung] Türckische Melissen. Melissa Mol-
davica s. Turcica.

*|Blaue
Blum.

+ Weisse
Blum.

3. Die Türekische Melissen/ Melissa Mol-
davica s. Turcica floribus coeruleis & albis, Me-
lissa peregrina folio oblongo, C. B. Turcica mul-
tis dicta, J. B. Pseudo-Melissa, Rivin.
bringet
viereckichte röthlichte und ästige stengel her-
für/ so zwey elen hoch wachsen. Die blätter
vergleichen sich mit den Brenn-nesseln/ sind
jedoch kleiner. Die Blumen erscheinen auff
den gipfflen der stengeln/ werden blaw oder
weiß/ und machen zwischen den blättern
gleichsam einen zirckel. Die wurtzel ist zaß-
licht/ und der same länglicht und schwartz/
sie gibt ein Citronen-geruch von sich. Man
hat sie erstlich auß der Moldau zu uns ge-
bracht/ alda sie von sich selbsten wächßt/
wird nunmehr auch in Jtalien und Teutsch-
land in die Gärten gepflantzet. Mit blauen
und weissen Blumen kommet sie in vorge-
meltem Lustgarten herfür.

4. Die wilde haarige wenig riechende
[Spaltenumbruch] Melissen/ Melissa sylvestris hirsutior, minus
odorata, Raj.
wächßt bey Livorno in Jtalien.

5. Die Sicilianische staudichte Melis-
sen mit offenen weiten kelchlein/ und einem
starcken geruch/ Melissa fruticosa Sicula, cali-
ce amplo, patulo, Raj.
wächßt umb Messina
in Sicilien.

Eigenschafft.

Es ist die Melissen eines der herrlichsten
Kräuteren/ so da voll des reinesten/ lieb-
lichsten/ flüchtigen/ ölicht-Aromatischen
Saltz-geistes ist/ und hierdurch stattliche Ei-
genschafften hat wol zu erwärmen und zu
tröcknen/ das Haupt/ Hertz/ Magen und
Mutter zu stärcken/ die Lebens-geister zu er-
wecken und auffzumunteren; schmertzen zu
stillen/ flüsse zu tröcknen/ den zähen schleim
aller orten zu erdünneren/ und zu verthei-
len/ verstopffungen des Miltzes und der Mut-
ter zu eröffnen/ wind und bläste zu stillen/
die monatliche Weiber-reinigung zu beför-
deren/ und das gantze unreine Geblüt zu
verbesseren. Man muß sie samlen im Brach-
und Heumonat/ wenn der Mond im Stier
oder Löwen gehet. Man gebraucht allein die
Blätter.

Gebrauch.

Auß der Melissen werden underschiedli-
che herrliche Artzneyen zubereitet/ als daDer Me-
lissen-geist.

sind der Spiritus oder Geist/ welcher entwe-
der durch die infusion mit Brantenwein/ da
man die frische Melissen etliche tag in Bran-
tenwein einbeitzt/ hernach so fort destillieret;Per inf[u-]
sionem.

oder durch die fermentation bereitet/ da man
nemblich eine quantitet zerschnittener Me-
lissen in ein Kolbenglaß setzet/ ein wenig saur-
teig darzu wirfft/ das Glaß wol vermacht/
doch wo möglich/ daß man an einem ort
ein kleines löchlein offen läßt/ welches man
mit einem zäpflein stopffen und nach belie-Per fer-
mentatio-
nem.

ben auffmachen kan; demnach solch Glaß
in Keller in Aschen oder Pferdmist setzet/
und also 5. 6. oder mehr wochen stehen läßt/
biß das Kraut wol under einander gejohren
und gesäuret hat: damit aber das Kolben-
glaß in währendem jasten nicht zerspringe/
welches mir denn etlich mahl begegnet/ so
kan man täglich ein oder zweymahl das
zäpfflein auß obgedachtem löchlein ziehen/
hiemit nur einen augenblick lufft lassen/ so
wird alle gefahr des verspringens vorbey
gehen. Wenn denn das kraut solcher gestal-
ten außgejohren/ so thut man das Kolben-
glaß auff/ setzt fluchs ein Helm darüber/
stellet ihn in die Sand-capellen/ setzt einen
recipienten vor/ und destilliert also den Spi-
ritum,
oder den über alle massen lieblich rie-
chenden/ und durchtringenden Geist her-
auß/ welchen man demnach beliebig rectifi-
ciren
kan. Dieser Geist auff ein paar tropffen
mit Wein/ oder einem destillierten Wasser
öffters eingenommen/ hat treffliche Tugen-ohnmach[t]
Mutter-
weh/ Her-
tzensban:
gigkeit/
winde/
schlagflüß/
lahme gli-
der.

den die undergetruckten Lebens-geister wider
auff zurichten/ Ohnmachten/ Mutterwehe/
und allerhand andere Schwachheiten und
Hertzens-bangigkeiten zu vertreiben/ Wind
und Bläste zu vertheilen/ Schlagflüsse zu
verwehren/ und abzutreiben/ die erlahmten
Glieder wider zu recht zu bringen/ die Mo-

natliche

Das Vierte Buch/
[Spaltenumbruch] welche von ſechs oder ſieben weiſſen gloͤcklein
gleich einem traͤchterlein bedecket ſind/ ſo an-
zuſehen wie ein haͤutlein/ es iſt jedoch etwas
ſteiff/ und oben herumb mit abſchewlichen
doͤrnen beſetzt. Mitten auß den gloͤcklein er-
ſcheinet ein purpurfarbige oder weiſſe Blum
wie an der todten Neſſeln/ welcher ein weiſ-
ſer/ eckichter und ſpitzer ſame nachfolget/ ſie
gibt ein lieblichen geruch von ſich. Man fin-
det deren noch ein art/ welche rauchere ſten-
gel bringet/ auch ſind die gloͤcklein nicht al-
ſo weiß/ ſonder etwas braunlicht und enger/
mit ſchaͤrfferen laͤngeren und haͤrteren doͤr-
nen umbringt. Sie gibt einen unlieblichen
geruch von ſich. Molucca aſperior fœtida, J. B.
Meliſſa Moluccana fœtida, C. B.
Man findet
beyde in dem Fuͤrſtlichen Eyſtettiſchen Luſt-
garten.

[Abbildung] Tuͤrckiſche Meliſſen. Meliſſa Mol-
davica ſ. Turcica.

*|Blaue
Blum.

† Weiſſe
Blum.

3. Die Tuͤrekiſche Meliſſen/ Meliſſa Mol-
davica ſ. Turcica floribus cœruleis & albis, Me-
liſſa peregrina folio oblongo, C. B. Turcica mul-
tis dicta, J. B. Pſeudo-Meliſſa, Rivin.
bringet
viereckichte roͤthlichte und aͤſtige ſtengel her-
fuͤr/ ſo zwey elen hoch wachſen. Die blaͤtter
vergleichen ſich mit den Brenn-neſſeln/ ſind
jedoch kleiner. Die Blumen erſcheinen auff
den gipfflen der ſtengeln/ werden blaw oder
weiß/ und machen zwiſchen den blaͤttern
gleichſam einen zirckel. Die wurtzel iſt zaß-
licht/ und der ſame laͤnglicht und ſchwartz/
ſie gibt ein Citronen-geruch von ſich. Man
hat ſie erſtlich auß der Moldau zu uns ge-
bracht/ alda ſie von ſich ſelbſten waͤchßt/
wird nunmehr auch in Jtalien uñ Teutſch-
land in die Gaͤrten gepflantzet. Mit blauen
und weiſſen Blumen kommet ſie in vorge-
meltem Luſtgarten herfuͤr.

4. Die wilde haarige wenig riechende
[Spaltenumbruch] Meliſſen/ Meliſſa ſylveſtris hirſutior, minùs
odorata, Raj.
waͤchßt bey Livorno in Jtalien.

5. Die Sicilianiſche ſtaudichte Meliſ-
ſen mit offenen weiten kelchlein/ und einem
ſtarcken geruch/ Meliſſa fruticoſa Sicula, cali-
ce amplo, patulo, Raj.
waͤchßt umb Meſſina
in Sicilien.

Eigenſchafft.

Es iſt die Meliſſen eines der herꝛlichſten
Kraͤuteren/ ſo da voll des reineſten/ lieb-
lichſten/ fluͤchtigen/ oͤlicht-Aromatiſchen
Saltz-geiſtes iſt/ und hierdurch ſtattliche Ei-
genſchafften hat wol zu erwaͤrmen und zu
troͤcknen/ das Haupt/ Hertz/ Magen und
Mutter zu ſtaͤrcken/ die Lebens-geiſter zu er-
wecken und auffzumunteren; ſchmertzen zu
ſtillen/ fluͤſſe zu troͤcknen/ den zaͤhen ſchleim
aller orten zu erduͤnneren/ und zu verthei-
len/ verſtopffungen des Miltzes und der Mut-
ter zu eroͤffnen/ wind und blaͤſte zu ſtillen/
die monatliche Weiber-reinigung zu befoͤr-
deren/ und das gantze unreine Gebluͤt zu
verbeſſeren. Man muß ſie ſamlen im Brach-
und Heumonat/ wenn der Mond im Stier
oder Loͤwen gehet. Man gebraucht allein die
Blaͤtter.

Gebrauch.

Auß der Meliſſen werden underſchiedli-
che herꝛliche Artzneyen zubereitet/ als daDer Me-
liſſen-geiſt.

ſind der Spiritus oder Geiſt/ welcher entwe-
der durch die infuſion mit Brantenwein/ da
man die friſche Meliſſen etliche tag in Bran-
tenwein einbeitzt/ hernach ſo fort deſtillieret;Per inf[u-]
ſionem.

oder durch die fermentation bereitet/ da man
nemblich eine quantitet zerſchnittener Me-
liſſen in ein Kolbenglaß ſetzet/ ein wenig ſaur-
teig darzu wirfft/ das Glaß wol vermacht/
doch wo moͤglich/ daß man an einem ort
ein kleines loͤchlein offen laͤßt/ welches man
mit einem zaͤpflein ſtopffen und nach belie-Per fer-
mẽtatio-
nem.

ben auffmachen kan; demnach ſolch Glaß
in Keller in Aſchen oder Pferdmiſt ſetzet/
und alſo 5. 6. oder mehr wochen ſtehen laͤßt/
biß das Kraut wol under einander gejohren
und geſaͤuret hat: damit aber das Kolben-
glaß in waͤhrendem jaſten nicht zerſpringe/
welches mir denn etlich mahl begegnet/ ſo
kan man taͤglich ein oder zweymahl das
zaͤpfflein auß obgedachtem loͤchlein ziehen/
hiemit nur einen augenblick lufft laſſen/ ſo
wird alle gefahr des verſpringens vorbey
gehen. Wenn denn das kraut ſolcher geſtal-
ten außgejohren/ ſo thut man das Kolben-
glaß auff/ ſetzt fluchs ein Helm daruͤber/
ſtellet ihn in die Sand-capellen/ ſetzt einen
recipienten vor/ und deſtilliert alſo den Spi-
ritum,
oder den uͤber alle maſſen lieblich rie-
chenden/ und durchtringenden Geiſt her-
auß/ welchen man demnach beliebig rectifi-
ciren
kan. Dieſer Geiſt auff ein paar tropffen
mit Wein/ oder einem deſtillierten Waſſer
oͤffters eingenommen/ hat treffliche Tugen-ohnmach[t]
Mutter-
weh/ Her-
tzensban:
gigkeit/
winde/
ſchlagfluͤß/
lahme gli-
der.

den die undergetruckten Lebens-geiſter wider
auff zurichten/ Ohnmachten/ Mutterwehe/
und allerhand andere Schwachheiten und
Hertzens-bangigkeiten zu vertreiben/ Wind
und Blaͤſte zu vertheilen/ Schlagfluͤſſe zu
verwehren/ und abzutreiben/ die erlahmten
Glieder wider zu recht zu bringen/ die Mo-

natliche
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[742/0758] Das Vierte Buch/ welche von ſechs oder ſieben weiſſen gloͤcklein gleich einem traͤchterlein bedecket ſind/ ſo an- zuſehen wie ein haͤutlein/ es iſt jedoch etwas ſteiff/ und oben herumb mit abſchewlichen doͤrnen beſetzt. Mitten auß den gloͤcklein er- ſcheinet ein purpurfarbige oder weiſſe Blum wie an der todten Neſſeln/ welcher ein weiſ- ſer/ eckichter und ſpitzer ſame nachfolget/ ſie gibt ein lieblichen geruch von ſich. Man fin- det deren noch ein art/ welche rauchere ſten- gel bringet/ auch ſind die gloͤcklein nicht al- ſo weiß/ ſonder etwas braunlicht und enger/ mit ſchaͤrfferen laͤngeren und haͤrteren doͤr- nen umbringt. Sie gibt einen unlieblichen geruch von ſich. Molucca aſperior fœtida, J. B. Meliſſa Moluccana fœtida, C. B. Man findet beyde in dem Fuͤrſtlichen Eyſtettiſchen Luſt- garten. [Abbildung Tuͤrckiſche Meliſſen. Meliſſa Mol- davica ſ. Turcica. ] 3. Die Tuͤrekiſche Meliſſen/ Meliſſa Mol- davica ſ. Turcica floribus cœruleis & albis, Me- liſſa peregrina folio oblongo, C. B. Turcica mul- tis dicta, J. B. Pſeudo-Meliſſa, Rivin. bringet viereckichte roͤthlichte und aͤſtige ſtengel her- fuͤr/ ſo zwey elen hoch wachſen. Die blaͤtter vergleichen ſich mit den Brenn-neſſeln/ ſind jedoch kleiner. Die Blumen erſcheinen auff den gipfflen der ſtengeln/ werden blaw oder weiß/ und machen zwiſchen den blaͤttern gleichſam einen zirckel. Die wurtzel iſt zaß- licht/ und der ſame laͤnglicht und ſchwartz/ ſie gibt ein Citronen-geruch von ſich. Man hat ſie erſtlich auß der Moldau zu uns ge- bracht/ alda ſie von ſich ſelbſten waͤchßt/ wird nunmehr auch in Jtalien uñ Teutſch- land in die Gaͤrten gepflantzet. Mit blauen und weiſſen Blumen kommet ſie in vorge- meltem Luſtgarten herfuͤr. 4. Die wilde haarige wenig riechende Meliſſen/ Meliſſa ſylveſtris hirſutior, minùs odorata, Raj. waͤchßt bey Livorno in Jtalien. 5. Die Sicilianiſche ſtaudichte Meliſ- ſen mit offenen weiten kelchlein/ und einem ſtarcken geruch/ Meliſſa fruticoſa Sicula, cali- ce amplo, patulo, Raj. waͤchßt umb Meſſina in Sicilien. Eigenſchafft. Es iſt die Meliſſen eines der herꝛlichſten Kraͤuteren/ ſo da voll des reineſten/ lieb- lichſten/ fluͤchtigen/ oͤlicht-Aromatiſchen Saltz-geiſtes iſt/ und hierdurch ſtattliche Ei- genſchafften hat wol zu erwaͤrmen und zu troͤcknen/ das Haupt/ Hertz/ Magen und Mutter zu ſtaͤrcken/ die Lebens-geiſter zu er- wecken und auffzumunteren; ſchmertzen zu ſtillen/ fluͤſſe zu troͤcknen/ den zaͤhen ſchleim aller orten zu erduͤnneren/ und zu verthei- len/ verſtopffungen des Miltzes und der Mut- ter zu eroͤffnen/ wind und blaͤſte zu ſtillen/ die monatliche Weiber-reinigung zu befoͤr- deren/ und das gantze unreine Gebluͤt zu verbeſſeren. Man muß ſie ſamlen im Brach- und Heumonat/ wenn der Mond im Stier oder Loͤwen gehet. Man gebraucht allein die Blaͤtter. Gebrauch. Auß der Meliſſen werden underſchiedli- che herꝛliche Artzneyen zubereitet/ als da ſind der Spiritus oder Geiſt/ welcher entwe- der durch die infuſion mit Brantenwein/ da man die friſche Meliſſen etliche tag in Bran- tenwein einbeitzt/ hernach ſo fort deſtillieret; oder durch die fermentation bereitet/ da man nemblich eine quantitet zerſchnittener Me- liſſen in ein Kolbenglaß ſetzet/ ein wenig ſaur- teig darzu wirfft/ das Glaß wol vermacht/ doch wo moͤglich/ daß man an einem ort ein kleines loͤchlein offen laͤßt/ welches man mit einem zaͤpflein ſtopffen und nach belie- ben auffmachen kan; demnach ſolch Glaß in Keller in Aſchen oder Pferdmiſt ſetzet/ und alſo 5. 6. oder mehr wochen ſtehen laͤßt/ biß das Kraut wol under einander gejohren und geſaͤuret hat: damit aber das Kolben- glaß in waͤhrendem jaſten nicht zerſpringe/ welches mir denn etlich mahl begegnet/ ſo kan man taͤglich ein oder zweymahl das zaͤpfflein auß obgedachtem loͤchlein ziehen/ hiemit nur einen augenblick lufft laſſen/ ſo wird alle gefahr des verſpringens vorbey gehen. Wenn denn das kraut ſolcher geſtal- ten außgejohren/ ſo thut man das Kolben- glaß auff/ ſetzt fluchs ein Helm daruͤber/ ſtellet ihn in die Sand-capellen/ ſetzt einen recipienten vor/ und deſtilliert alſo den Spi- ritum, oder den uͤber alle maſſen lieblich rie- chenden/ und durchtringenden Geiſt her- auß/ welchen man demnach beliebig rectifi- ciren kan. Dieſer Geiſt auff ein paar tropffen mit Wein/ oder einem deſtillierten Waſſer oͤffters eingenommen/ hat treffliche Tugen- den die undergetruckten Lebens-geiſter wider auff zurichten/ Ohnmachten/ Mutterwehe/ und allerhand andere Schwachheiten und Hertzens-bangigkeiten zu vertreiben/ Wind und Blaͤſte zu vertheilen/ Schlagfluͤſſe zu verwehren/ und abzutreiben/ die erlahmten Glieder wider zu recht zu bringen/ die Mo- natliche Der Me- liſſen-geiſt. Per infu- ſionem. Per fer- mẽtatio- nem. ohnmacht Mutter- weh/ Her- tzensban: gigkeit/ winde/ ſchlagfluͤß/ lahme gli- der.

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Zitationshilfe: Mattioli, Pietro Andrea: Theatrvm Botanicvm, Das ist: Neu Vollkommenes Kräuter-Buch (Übers. Theodor Zwinger). Basel, 1690, S. 742. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zwinger_theatrum_1690/758>, abgerufen am 30.04.2024.