Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Droschki, Wolfgang: Senium calamitosum Leid vnd Beschwerligkeit Menschliches Alters. Wittenberg, 1612.

Bild:
<< vorherige Seite

Christliche LeichPredigt.
zu weg vnd steg darmit zubesehen/ darvon der Prediger
Salomon am 11. Cap. saget/ es ist das Licht süsse vnd den
Augen liblich die Sonne zu sehen/ Chrysostomus schreibet:
Quod sol mundo hoc oculus corpori, extincto sole
omnia perduntur & perturbantur: ita amissis oculis
pedes inutiles sunt, & manus & animus,
Was die Sonne
der Welt nutzet/ das nutzen auch die Augen dem Leib/ wenn
die Sonne nicht leuchtete/ so würde alles zerdrümert/ also
wenn die Augen das Gesicht fehlen/ sein Füß/ Händ vnd
Gemüth weinig nütz. Vnd Aristoteles saget: Sensus visus
multarum rerum nobis differentiam demonstrant,

Durch das Gesicht erkennen vnd vnterscheiden wir ein ding.
Jm alter aber oculi caliant, nimmet das Gesicht ab/ die
Augen werden verfinstert vnd vertunckelt/ die Fenster wer-
den plostricht vnd dick/ man siehet wie Marci am. 8. der
Blinde/ der sahe Menschen gehen als sehe er Beume.
Nomina servorum nec vultum agnoscit amici, Man
kennet die nehsten Befreundten vnd Vorwandten nicht/ wie
Jenesis am 27. Jsaac im alter sich mit dem Gesicht vbel
behilfft/ das er seine eigene Kinder den Esau form Jacob
nicht vnterscheiden konte. Eli der acht vnd neutztzig järige
Priester hat im 1. Buch Samueliß am 4. Cap. so tunckele
Augen/ das er die flüchtigen von der Schlacht allererst er-
fragen muste/ was für ein laut getümmel da sey. Vnnd
im 1. Buch der Konige am 14. starreten den Propheten
Achia die Augen vor alter/ das er die Königin/ so zu jhm
kam/ am rauschen der Füsse erst höret/ was aber dis vor
ein jammer vnd elend sey/ bezeuget gemugsam der alte
blinde Tobias in seinem Buch am 5. Capit. der zum
Engel saget: Was sol ich vor frewde haben/ der ich im fin-

stern
B iij

Chriſtliche LeichPredigt.
zu weg vnd ſteg darmit zubeſehen/ darvon der Prediger
Salomon am 11. Cap. ſaget/ es iſt das Licht ſuͤſſe vnd den
Augen liblich die Sonne zu ſehen/ Chryſoſtomus ſchreibet:
Quod ſol mundo hoc oculus corpori, extincto ſole
omnia perduntur & perturbantur: ita amiſsis oculis
pedes inutiles ſunt, & manus & animus,
Was die Sonne
der Welt nutzet/ das nutzen auch die Augen dem Leib/ wenn
die Sonne nicht leuchtete/ ſo wuͤrde alles zerdruͤmert/ alſo
wenn die Augen das Geſicht fehlen/ ſein Fuͤß/ Haͤnd vnd
Gemuͤth weinig nuͤtz. Vnd Ariſtoteles ſaget: Senſus viſus
multarum rerum nobis differentiam demonſtrant,

Durch das Geſicht erkennen vnd vnterſcheiden wir ein ding.
Jm alter aber oculi caliant, nimmet das Geſicht ab/ die
Augen werden verfinſtert vnd vertunckelt/ die Fenſter wer-
den ploſtricht vnd dick/ man ſiehet wie Marci am. 8. der
Blinde/ der ſahe Menſchen gehen als ſehe er Beume.
Nomina ſervorum nec vultum agnoſcit amici, Man
kennet die nehſten Befreundten vnd Vorwandten nicht/ wie
Jeneſis am 27. Jſaac im alter ſich mit dem Geſicht vbel
behilfft/ das er ſeine eigene Kinder den Eſau form Jacob
nicht vnterſcheiden konte. Eli der acht vnd neutztzig jaͤrige
Prieſter hat im 1. Buch Samueliß am 4. Cap. ſo tunckele
Augen/ das er die fluͤchtigen von der Schlacht allererſt er-
fragen muſte/ was fuͤr ein laut getuͤmmel da ſey. Vnnd
im 1. Buch der Konige am 14. ſtarreten den Propheten
Achia die Augen vor alter/ das er die Koͤnigin/ ſo zu jhm
kam/ am rauſchen der Fuͤſſe erſt hoͤret/ was aber dis vor
ein jammer vnd elend ſey/ bezeuget gemugſam der alte
blinde Tobias in ſeinem Buch am 5. Capit. der zum
Engel ſaget: Was ſol ich vor frewde haben/ der ich im fin-

ſtern
B iij
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div type="fsSermon" n="1">
        <div type="fsMainPart" n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0013" n="11"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Chri&#x017F;tliche LeichPredigt.</hi></fw><lb/>
zu weg vnd &#x017F;teg darmit zube&#x017F;ehen/ darvon der Prediger<lb/><hi rendition="#aq">Salomon</hi> am 11. Cap. &#x017F;aget/ es i&#x017F;t das Licht &#x017F;u&#x0364;&#x017F;&#x017F;e vnd den<lb/>
Augen liblich die Sonne zu &#x017F;ehen/ <hi rendition="#aq">Chry&#x017F;o&#x017F;tomus</hi> &#x017F;chreibet:<lb/><hi rendition="#aq">Quod &#x017F;ol mundo hoc oculus corpori, extincto &#x017F;ole<lb/>
omnia perduntur &amp; perturbantur: ita ami&#x017F;sis oculis<lb/>
pedes inutiles &#x017F;unt, &amp; manus &amp; animus,</hi> Was die So<choice><abbr>n&#x0303;</abbr><expan>nn</expan></choice>e<lb/>
der Welt nutzet/ das nutzen auch die Augen dem Leib/ wenn<lb/>
die Sonne nicht leuchtete/ &#x017F;o wu&#x0364;rde alles zerdru&#x0364;mert/ al&#x017F;o<lb/>
wenn die Augen das Ge&#x017F;icht fehlen/ &#x017F;ein Fu&#x0364;ß/ Ha&#x0364;nd vnd<lb/>
Gemu&#x0364;th weinig nu&#x0364;tz. V<choice><abbr>n&#x0303;</abbr><expan>nd</expan></choice> <hi rendition="#aq">Ari&#x017F;toteles</hi> &#x017F;aget: <hi rendition="#aq">Sen&#x017F;us vi&#x017F;us<lb/>
multarum rerum nobis differentiam demon&#x017F;trant,</hi><lb/>
Durch das Ge&#x017F;icht erkenn<choice><abbr>e&#x0303;</abbr><expan>en</expan></choice> vnd vnter&#x017F;cheiden wir ein ding.<lb/>
Jm alter aber <hi rendition="#aq">oculi caliant,</hi> nimmet das Ge&#x017F;icht ab/ die<lb/>
Augen werden verfin&#x017F;tert vnd vertunckelt/ die Fen&#x017F;ter wer-<lb/>
den plo&#x017F;tricht vnd dick/ man &#x017F;iehet wie <hi rendition="#aq">Marci</hi> am. 8. der<lb/>
Blinde/ der &#x017F;ahe Men&#x017F;chen gehen als &#x017F;ehe er Beume.<lb/><hi rendition="#aq">Nomina &#x017F;ervorum nec vultum agno&#x017F;cit amici,</hi> Man<lb/>
kennet die neh&#x017F;ten Befreundten vnd Vorwandt<choice><abbr>e&#x0303;</abbr><expan>en</expan></choice> nicht/ wie<lb/><hi rendition="#aq">Jene&#x017F;is</hi> am 27. J&#x017F;aac im alter &#x017F;ich mit dem Ge&#x017F;icht vbel<lb/>
behilfft/ das er &#x017F;eine eigene Kinder den E&#x017F;au form Jacob<lb/>
nicht vnter&#x017F;cheiden konte. Eli der acht vnd neutztzig ja&#x0364;rige<lb/>
Prie&#x017F;ter hat im 1. Buch Samueliß am 4. Cap. &#x017F;o tunckele<lb/>
Augen/ das er die flu&#x0364;chtigen von der Schlacht allerer&#x017F;t er-<lb/>
fragen mu&#x017F;te/ was fu&#x0364;r ein laut getu&#x0364;mmel da &#x017F;ey. Vnnd<lb/>
im 1. Buch der Konige am 14. &#x017F;tarreten den Propheten<lb/><hi rendition="#aq">Achia</hi> die Augen vor alter/ das er die Ko&#x0364;nigin/ &#x017F;o zu jhm<lb/>
kam/ am rau&#x017F;chen der Fu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e er&#x017F;t ho&#x0364;ret/ was aber dis vor<lb/>
ein jammer vnd elend &#x017F;ey/ bezeuget gemug&#x017F;am der alte<lb/>
blinde <hi rendition="#aq">Tobias</hi> in &#x017F;einem Buch am 5. Capit. der zum<lb/>
Engel &#x017F;aget: Was &#x017F;ol ich vor frewde haben/ der ich im fin-<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">B iij</fw><fw place="bottom" type="catch">&#x017F;tern</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[11/0013] Chriſtliche LeichPredigt. zu weg vnd ſteg darmit zubeſehen/ darvon der Prediger Salomon am 11. Cap. ſaget/ es iſt das Licht ſuͤſſe vnd den Augen liblich die Sonne zu ſehen/ Chryſoſtomus ſchreibet: Quod ſol mundo hoc oculus corpori, extincto ſole omnia perduntur & perturbantur: ita amiſsis oculis pedes inutiles ſunt, & manus & animus, Was die Soñe der Welt nutzet/ das nutzen auch die Augen dem Leib/ wenn die Sonne nicht leuchtete/ ſo wuͤrde alles zerdruͤmert/ alſo wenn die Augen das Geſicht fehlen/ ſein Fuͤß/ Haͤnd vnd Gemuͤth weinig nuͤtz. Vñ Ariſtoteles ſaget: Senſus viſus multarum rerum nobis differentiam demonſtrant, Durch das Geſicht erkennẽ vnd vnterſcheiden wir ein ding. Jm alter aber oculi caliant, nimmet das Geſicht ab/ die Augen werden verfinſtert vnd vertunckelt/ die Fenſter wer- den ploſtricht vnd dick/ man ſiehet wie Marci am. 8. der Blinde/ der ſahe Menſchen gehen als ſehe er Beume. Nomina ſervorum nec vultum agnoſcit amici, Man kennet die nehſten Befreundten vnd Vorwandtẽ nicht/ wie Jeneſis am 27. Jſaac im alter ſich mit dem Geſicht vbel behilfft/ das er ſeine eigene Kinder den Eſau form Jacob nicht vnterſcheiden konte. Eli der acht vnd neutztzig jaͤrige Prieſter hat im 1. Buch Samueliß am 4. Cap. ſo tunckele Augen/ das er die fluͤchtigen von der Schlacht allererſt er- fragen muſte/ was fuͤr ein laut getuͤmmel da ſey. Vnnd im 1. Buch der Konige am 14. ſtarreten den Propheten Achia die Augen vor alter/ das er die Koͤnigin/ ſo zu jhm kam/ am rauſchen der Fuͤſſe erſt hoͤret/ was aber dis vor ein jammer vnd elend ſey/ bezeuget gemugſam der alte blinde Tobias in ſeinem Buch am 5. Capit. der zum Engel ſaget: Was ſol ich vor frewde haben/ der ich im fin- ſtern B iij

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/527017
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/527017/13
Zitationshilfe: Droschki, Wolfgang: Senium calamitosum Leid vnd Beschwerligkeit Menschliches Alters. Wittenberg, 1612, S. 11. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/527017/13>, abgerufen am 26.04.2024.