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Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 1. Berlin, 1852.

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des Dorfes die ihr schon sonst bekannte Reiterbande
getroffen. Um nicht mit solchen Menschen zusammen
zu kommen und auch des gräßlichen Staubes wegen,
war sie ausgestiegen und auf einem Fußwege durch
die Felder ins Dorf gegangen, aber sie traf doch
wieder auf der Dorfstraße die Gesellschaft und hatte
mitten im Gedränge der Zuschauer die allerliebsten
Kinder, die offenbar von guten Eltern waren, be¬
merkt. Da war es ihr wie durchs Herz geschossen,
daß die Kleinen sich verlieren und den Reitern nach¬
laufen könnten, und einer der Reiter hatte die Clara
gefragt, ob sie zu ihm aufs Pferd wollte, und da
hätte sie es für Gewissenspflicht gehalten, das Kind
an sich zu reißen und die anderen auch, um sie nach ihren
Eltern zu fragen, und da sie's erfahren, hätte sie
dem lieben Gott gedankt, daß sie noch zu rechter Zeit
hinzugekommen, um die Kinder vor der Gefahr zu
retten und ihren lieben Angehörigen zuzuführen.

Die Kleinen aber schienen anderer Ansicht. Der
jüngste Knabe namentlich zankte mit dem hübschen
jungen Mädchen, welches ihn an der Hand noch
immer festhielt und schrie, er wollte zu den Affen.

Der Kriegsrath hatte sich von seinem Schreck
erholt und freute sich, daß es weiter nichts auf
sich habe.

"Ach, mein sehr geehrter Herr, den ich noch
nicht die Ehre habe zu kennen, sagte die Dame, aber
gewiß sind Sie ein Patriot, denn das sehe ich an
den Weingläsern, und wer unseres guten Königs

des Dorfes die ihr ſchon ſonſt bekannte Reiterbande
getroffen. Um nicht mit ſolchen Menſchen zuſammen
zu kommen und auch des gräßlichen Staubes wegen,
war ſie ausgeſtiegen und auf einem Fußwege durch
die Felder ins Dorf gegangen, aber ſie traf doch
wieder auf der Dorfſtraße die Geſellſchaft und hatte
mitten im Gedränge der Zuſchauer die allerliebſten
Kinder, die offenbar von guten Eltern waren, be¬
merkt. Da war es ihr wie durchs Herz geſchoſſen,
daß die Kleinen ſich verlieren und den Reitern nach¬
laufen könnten, und einer der Reiter hatte die Clara
gefragt, ob ſie zu ihm aufs Pferd wollte, und da
hätte ſie es für Gewiſſenspflicht gehalten, das Kind
an ſich zu reißen und die anderen auch, um ſie nach ihren
Eltern zu fragen, und da ſie's erfahren, hätte ſie
dem lieben Gott gedankt, daß ſie noch zu rechter Zeit
hinzugekommen, um die Kinder vor der Gefahr zu
retten und ihren lieben Angehörigen zuzuführen.

Die Kleinen aber ſchienen anderer Anſicht. Der
jüngſte Knabe namentlich zankte mit dem hübſchen
jungen Mädchen, welches ihn an der Hand noch
immer feſthielt und ſchrie, er wollte zu den Affen.

Der Kriegsrath hatte ſich von ſeinem Schreck
erholt und freute ſich, daß es weiter nichts auf
ſich habe.

„Ach, mein ſehr geehrter Herr, den ich noch
nicht die Ehre habe zu kennen, ſagte die Dame, aber
gewiß ſind Sie ein Patriot, denn das ſehe ich an
den Weingläſern, und wer unſeres guten Königs

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[149/0163] des Dorfes die ihr ſchon ſonſt bekannte Reiterbande getroffen. Um nicht mit ſolchen Menſchen zuſammen zu kommen und auch des gräßlichen Staubes wegen, war ſie ausgeſtiegen und auf einem Fußwege durch die Felder ins Dorf gegangen, aber ſie traf doch wieder auf der Dorfſtraße die Geſellſchaft und hatte mitten im Gedränge der Zuſchauer die allerliebſten Kinder, die offenbar von guten Eltern waren, be¬ merkt. Da war es ihr wie durchs Herz geſchoſſen, daß die Kleinen ſich verlieren und den Reitern nach¬ laufen könnten, und einer der Reiter hatte die Clara gefragt, ob ſie zu ihm aufs Pferd wollte, und da hätte ſie es für Gewiſſenspflicht gehalten, das Kind an ſich zu reißen und die anderen auch, um ſie nach ihren Eltern zu fragen, und da ſie's erfahren, hätte ſie dem lieben Gott gedankt, daß ſie noch zu rechter Zeit hinzugekommen, um die Kinder vor der Gefahr zu retten und ihren lieben Angehörigen zuzuführen. Die Kleinen aber ſchienen anderer Anſicht. Der jüngſte Knabe namentlich zankte mit dem hübſchen jungen Mädchen, welches ihn an der Hand noch immer feſthielt und ſchrie, er wollte zu den Affen. Der Kriegsrath hatte ſich von ſeinem Schreck erholt und freute ſich, daß es weiter nichts auf ſich habe. „Ach, mein ſehr geehrter Herr, den ich noch nicht die Ehre habe zu kennen, ſagte die Dame, aber gewiß ſind Sie ein Patriot, denn das ſehe ich an den Weingläſern, und wer unſeres guten Königs

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Zitationshilfe: Alexis, Willibald: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht oder Vor fünfzig Jahren. Bd. 1. Berlin, 1852, S. 149. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/alexis_ruhe01_1852/163>, abgerufen am 26.04.2024.