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Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 1. Leipzig, 1830.

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gelmäßig genug scheint, und wenigstens der tiefe Barometerstand
nicht in den Gegenden am auffallendsten ist, wo die Erdbeben und
die vulcanischen Ausbrüche statt finden*).

Ungleichheit der Variationen in verschiedenen
Gegenden
.

Im Allgemeinen nehmen die Ungleichheiten im Barometer-
stande desto mehr zu, je mehr man sich vom Aequator entfernt, in-
deß würde man sich irren, wenn man gradezu nach der geographi-
schen Breite beurtheilen wollte, ob an einem Orte die Variationen
des Barometers größer, als an einem andern Orte, sind. So viel
ich aus den von mir verglichenen Beobachtungen schließen kann, sind
sie mitten im Lande im Allgemeinen geringer, als an den Ufern
des Meeres, und einige Orte scheinen sich durch ungewöhnlich tiefe
Barometerstände vor andern auszuzeichnen. So zum Beispiel fällt
das Barometer mitten in Deutschland selten über 14 oder höchstens
16 Linien unter dem Mittel, in 50 bis 51 Gr. geogr. Breite, statt
daß es an den Ufern der Normandie in eben der geographischen
Breite bis 221/2 Linie unter der Mittelhöhe sinken kann; -- eine
Tiefe, die es selbst in Preußen unter 55 Gr. Breite nie zu erreichen
scheint. Kämß hat diejenigen Orte, welche gleiche Variationen
des Barometers haben, durch Linien mit einander zu verbinden und
die Gesetze, nach welchen die Lage dieser Orte von den Parallelkreisen
abweicht, zu bestimmen gesucht; aber die Beobachtungen sind noch
nicht ausgedehnt genug an vielen Orten der Erde angestellt, um
sichre Schlüsse darauf zu gründen.

Merkwürdig ist ferner noch der Umstand, daß die höchsten Ba-
rometerstände sich lange nicht so hoch über die Mittelhöhe erheben,
als die tiefen Barometerstände unter derselben zurückbleiben, indem
z. B. die in Abo am 25. Febr. 1825 beobachtete Barometerhöhe,
größer als man sie seit 50 Jahren beobachtet hatte, doch kaum
101/2 Linie über dem Mittel betrug, statt daß es am 3. Febr. eben
des Jahres 21 Linien unter dem Mittel stand. Diese ungleiche
Entfernung der wahren mittlern Barometerhöhe von dem höchsten

*) Merkwürdig bleibt es jedoch, daß ziemlich oft beide Ereignisse
nahe zusammen eingetroffen sind.

gelmaͤßig genug ſcheint, und wenigſtens der tiefe Barometerſtand
nicht in den Gegenden am auffallendſten iſt, wo die Erdbeben und
die vulcaniſchen Ausbruͤche ſtatt finden*).

Ungleichheit der Variationen in verſchiedenen
Gegenden
.

Im Allgemeinen nehmen die Ungleichheiten im Barometer-
ſtande deſto mehr zu, je mehr man ſich vom Aequator entfernt, in-
deß wuͤrde man ſich irren, wenn man gradezu nach der geographi-
ſchen Breite beurtheilen wollte, ob an einem Orte die Variationen
des Barometers groͤßer, als an einem andern Orte, ſind. So viel
ich aus den von mir verglichenen Beobachtungen ſchließen kann, ſind
ſie mitten im Lande im Allgemeinen geringer, als an den Ufern
des Meeres, und einige Orte ſcheinen ſich durch ungewoͤhnlich tiefe
Barometerſtaͤnde vor andern auszuzeichnen. So zum Beiſpiel faͤllt
das Barometer mitten in Deutſchland ſelten uͤber 14 oder hoͤchſtens
16 Linien unter dem Mittel, in 50 bis 51 Gr. geogr. Breite, ſtatt
daß es an den Ufern der Normandie in eben der geographiſchen
Breite bis 22½ Linie unter der Mittelhoͤhe ſinken kann; — eine
Tiefe, die es ſelbſt in Preußen unter 55 Gr. Breite nie zu erreichen
ſcheint. Kaͤmß hat diejenigen Orte, welche gleiche Variationen
des Barometers haben, durch Linien mit einander zu verbinden und
die Geſetze, nach welchen die Lage dieſer Orte von den Parallelkreiſen
abweicht, zu beſtimmen geſucht; aber die Beobachtungen ſind noch
nicht ausgedehnt genug an vielen Orten der Erde angeſtellt, um
ſichre Schluͤſſe darauf zu gruͤnden.

Merkwuͤrdig iſt ferner noch der Umſtand, daß die hoͤchſten Ba-
rometerſtaͤnde ſich lange nicht ſo hoch uͤber die Mittelhoͤhe erheben,
als die tiefen Barometerſtaͤnde unter derſelben zuruͤckbleiben, indem
z. B. die in Åbo am 25. Febr. 1825 beobachtete Barometerhoͤhe,
groͤßer als man ſie ſeit 50 Jahren beobachtet hatte, doch kaum
10½ Linie uͤber dem Mittel betrug, ſtatt daß es am 3. Febr. eben
des Jahres 21 Linien unter dem Mittel ſtand. Dieſe ungleiche
Entfernung der wahren mittlern Barometerhoͤhe von dem hoͤchſten

*) Merkwuͤrdig bleibt es jedoch, daß ziemlich oft beide Ereigniſſe
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[230/0252] gelmaͤßig genug ſcheint, und wenigſtens der tiefe Barometerſtand nicht in den Gegenden am auffallendſten iſt, wo die Erdbeben und die vulcaniſchen Ausbruͤche ſtatt finden *). Ungleichheit der Variationen in verſchiedenen Gegenden. Im Allgemeinen nehmen die Ungleichheiten im Barometer- ſtande deſto mehr zu, je mehr man ſich vom Aequator entfernt, in- deß wuͤrde man ſich irren, wenn man gradezu nach der geographi- ſchen Breite beurtheilen wollte, ob an einem Orte die Variationen des Barometers groͤßer, als an einem andern Orte, ſind. So viel ich aus den von mir verglichenen Beobachtungen ſchließen kann, ſind ſie mitten im Lande im Allgemeinen geringer, als an den Ufern des Meeres, und einige Orte ſcheinen ſich durch ungewoͤhnlich tiefe Barometerſtaͤnde vor andern auszuzeichnen. So zum Beiſpiel faͤllt das Barometer mitten in Deutſchland ſelten uͤber 14 oder hoͤchſtens 16 Linien unter dem Mittel, in 50 bis 51 Gr. geogr. Breite, ſtatt daß es an den Ufern der Normandie in eben der geographiſchen Breite bis 22½ Linie unter der Mittelhoͤhe ſinken kann; — eine Tiefe, die es ſelbſt in Preußen unter 55 Gr. Breite nie zu erreichen ſcheint. Kaͤmß hat diejenigen Orte, welche gleiche Variationen des Barometers haben, durch Linien mit einander zu verbinden und die Geſetze, nach welchen die Lage dieſer Orte von den Parallelkreiſen abweicht, zu beſtimmen geſucht; aber die Beobachtungen ſind noch nicht ausgedehnt genug an vielen Orten der Erde angeſtellt, um ſichre Schluͤſſe darauf zu gruͤnden. Merkwuͤrdig iſt ferner noch der Umſtand, daß die hoͤchſten Ba- rometerſtaͤnde ſich lange nicht ſo hoch uͤber die Mittelhoͤhe erheben, als die tiefen Barometerſtaͤnde unter derſelben zuruͤckbleiben, indem z. B. die in Åbo am 25. Febr. 1825 beobachtete Barometerhoͤhe, groͤßer als man ſie ſeit 50 Jahren beobachtet hatte, doch kaum 10½ Linie uͤber dem Mittel betrug, ſtatt daß es am 3. Febr. eben des Jahres 21 Linien unter dem Mittel ſtand. Dieſe ungleiche Entfernung der wahren mittlern Barometerhoͤhe von dem hoͤchſten *) Merkwuͤrdig bleibt es jedoch, daß ziemlich oft beide Ereigniſſe nahe zuſammen eingetroffen ſind.

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Zitationshilfe: Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 1. Leipzig, 1830, S. 230. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre01_1830/252>, abgerufen am 26.04.2024.