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[Raspe, Rudolf Erich]: Wunderbare Reisen [...] des Freyherrn von Münchhausen [...]. London [i. e. Göttingen], 1786.

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Constantinopel entfernt seyn mochte, sah
ich einen kleinlichen schmächtigen Men-
schen mit großer Schnelligkeit queerfeld-
ein daher laufen, und gleichwohl trug das
Männchen an jedem Beine ein bleyernes
Gewicht, an die funfzig Pfund schwehr.
Verwunderungsvoll über diesen Anblick
rief ich ihn an und fragte: Wohin, wo
hin so schnell, mein Freund? Und
warum erschwehrst du dir deinen Lauf
durch eine solche Last?" -- "Ich lief,
versetzte der Läufer, seit einer halben
Stunde aus Wien, wo ich bisher bey
einer vornehmen Herrschaft in Diensten
stand, und heute meinen Abschied nahm.
Ich gedenke nach Constantinopel, um
daselbst wieder anzukommen. Durch die
Gewichte an meinen Beinen habe ich
meine Schnelligkeit, die jetzt nicht nöthig
ist, ein wenig mindern wollen. Denn
moderata durant, pflegte weiland mein
Präceptor zu sagen." -- Dieser Asa-
hel gefiel mir nicht übel; ich fragte ihn,
ob er bey mir in Dienste treten wollte,

und

Conſtantinopel entfernt ſeyn mochte, ſah
ich einen kleinlichen ſchmaͤchtigen Men-
ſchen mit großer Schnelligkeit queerfeld-
ein daher laufen, und gleichwohl trug das
Maͤnnchen an jedem Beine ein bleyernes
Gewicht, an die funfzig Pfund ſchwehr.
Verwunderungsvoll uͤber dieſen Anblick
rief ich ihn an und fragte: Wohin, wo
hin ſo ſchnell, mein Freund? Und
warum erſchwehrſt du dir deinen Lauf
durch eine ſolche Laſt?〟 — 〟Ich lief,
verſetzte der Laͤufer, ſeit einer halben
Stunde aus Wien, wo ich bisher bey
einer vornehmen Herrſchaft in Dienſten
ſtand, und heute meinen Abſchied nahm.
Ich gedenke nach Conſtantinopel, um
daſelbſt wieder anzukommen. Durch die
Gewichte an meinen Beinen habe ich
meine Schnelligkeit, die jetzt nicht noͤthig
iſt, ein wenig mindern wollen. Denn
moderata durant, pflegte weiland mein
Praͤceptor zu ſagen.〟 — Dieſer Aſa-
hel gefiel mir nicht uͤbel; ich fragte ihn,
ob er bey mir in Dienſte treten wollte,

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[82/0103] Conſtantinopel entfernt ſeyn mochte, ſah ich einen kleinlichen ſchmaͤchtigen Men- ſchen mit großer Schnelligkeit queerfeld- ein daher laufen, und gleichwohl trug das Maͤnnchen an jedem Beine ein bleyernes Gewicht, an die funfzig Pfund ſchwehr. Verwunderungsvoll uͤber dieſen Anblick rief ich ihn an und fragte: Wohin, wo hin ſo ſchnell, mein Freund? Und warum erſchwehrſt du dir deinen Lauf durch eine ſolche Laſt?〟 — 〟Ich lief, verſetzte der Laͤufer, ſeit einer halben Stunde aus Wien, wo ich bisher bey einer vornehmen Herrſchaft in Dienſten ſtand, und heute meinen Abſchied nahm. Ich gedenke nach Conſtantinopel, um daſelbſt wieder anzukommen. Durch die Gewichte an meinen Beinen habe ich meine Schnelligkeit, die jetzt nicht noͤthig iſt, ein wenig mindern wollen. Denn moderata durant, pflegte weiland mein Praͤceptor zu ſagen.〟 — Dieſer Aſa- hel gefiel mir nicht uͤbel; ich fragte ihn, ob er bey mir in Dienſte treten wollte, und

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Zitationshilfe: [Raspe, Rudolf Erich]: Wunderbare Reisen [...] des Freyherrn von Münchhausen [...]. London [i. e. Göttingen], 1786, S. 82. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buerger_muenchhausen_1786/103>, abgerufen am 27.04.2024.