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Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 2: Das Oderland. Berlin, 1863.

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Privathäusern. In der Mitte der Facade und in Höhe des ersten Stocks
bemerkt man einen eigenthümlich geformten, kunstreich gegliederten Bal-
kon
. In Höhe des Erdgeschosses zieht sich an der ganzen Front hin eine
Colonnade, nach Art der noch jetzt existirenden Stechbahn. Diese Co-
lonnade ist von röthlichem Stein; der Rest des Bildes zeigt einen grauen
Ton. -- König Friedrich Wilhelm IV., als er bei seinem Besuche in Tamsel
(etwa 1845) dies Bild sah, nahm das größte Interesse daran und ließ
eine Copie anfertigen, die sich jetzt im Berliner Schloß befindet. Das Ori-
ginal wurde vor etwa 25 Jahren nur durch einen glücklichen Zufall vom
Untergange gerettet; man fand es verstaubt, geschwärzt, zerrissen auf einem
Boden oder Seitengelaß des Schlosses.

Im Ahnensaal.

Unter den verschiednen Porträts, die sich hier vorfinden, sind die fol-
genden die wichtigsten:

1) Hans Adam von Schoening, der Türkenbesieger. Großes Bild,
9 Fuß hoch, 10 Fuß breit. Hans Adam sitzt zu Pferde und trägt (wie
es scheint) einen gelbledernen Waffenrock, rothe Gamaschen, eine kurze
braune Perrücke, Dreimaster mit weißen Straußenfedern und Galanterie-
Degen. Die rothe Satteldecke ist reich mit Gold und Silber gestickt.

2) Die Gemahlin Hans Adams von Schoening. Das Pendant
zum vorigen Bilde, also ebenso groß. -- Die Feldmarschallin ist noch
jung, mit weißgepuderten Locken und Perlen darin. Sie trägt ein weißes
Atlaskleid mit Goldstickerei; eben solche Schuhe. Vier Kinder spielen um
sie her, ein fünftes ruht auf ihrem Schooß. Das älteste der Kinder, ein
junges Mädchen, ist im Diana-Kostüm, ein Windspiel ihr zur Seite; ein
andres Kind trägt ein Füllhorn, ein drittes spielt mit einem Lamm; da-
zwischen Windspiele und Bologneserhündchen. Links in der Ecke des Bildes
Genien mit Kränzen und Palmen. Im Hintergrunde Schloß Tamsel
vor 1686.

3), 4), 5) Drei Bilder des Generals von Wreech, des Gemahls
der schönen Luise Eleonore.

6) und 7) Die Bilder des Ministers von Brandt (wahrscheinlich
des bekannten Eusebius von Brandt) und seiner Gemahlin.

8) Frau von Wreech (Luise Eleonore). Kniestück. Sie ist auf die-
sem Bilde 28 bis 30 Jahr alt, also ein Bild, das noch zu Lebzeiten ihres
Gemahls gemalt wurde. Sie ist noch sehr hübsch, frisch, üppig, die Augen
voll Leben und Klugheit. Sie trägt ein weißes Brokatkleid, mit natürli-
chen Blumen aufgesteckt, dazu eine hellblaue, silber- oder weißgestickte Ueber-
jacke; Granatblumen im weißgepuderten natürlichen Haar und Perlen-
Ohrgehänge.

9) Frau von Wreich im Witwenkleide; halbe Figur. Sie ist auf
diesem Bilde etwa 38 bis 40 Jahr alt. Sie trägt ein schwarzes Kleid, und
über dem schönen Nacken einen weißen, durchsichtigen Tüllkragen, mit einer

Privathäuſern. In der Mitte der Façade und in Höhe des erſten Stocks
bemerkt man einen eigenthümlich geformten, kunſtreich gegliederten Bal-
kon
. In Höhe des Erdgeſchoſſes zieht ſich an der ganzen Front hin eine
Colonnade, nach Art der noch jetzt exiſtirenden Stechbahn. Dieſe Co-
lonnade iſt von röthlichem Stein; der Reſt des Bildes zeigt einen grauen
Ton. — König Friedrich Wilhelm IV., als er bei ſeinem Beſuche in Tamſel
(etwa 1845) dies Bild ſah, nahm das größte Intereſſe daran und ließ
eine Copie anfertigen, die ſich jetzt im Berliner Schloß befindet. Das Ori-
ginal wurde vor etwa 25 Jahren nur durch einen glücklichen Zufall vom
Untergange gerettet; man fand es verſtaubt, geſchwärzt, zerriſſen auf einem
Boden oder Seitengelaß des Schloſſes.

Im Ahnenſaal.

Unter den verſchiednen Porträts, die ſich hier vorfinden, ſind die fol-
genden die wichtigſten:

1) Hans Adam von Schoening, der Türkenbeſieger. Großes Bild,
9 Fuß hoch, 10 Fuß breit. Hans Adam ſitzt zu Pferde und trägt (wie
es ſcheint) einen gelbledernen Waffenrock, rothe Gamaſchen, eine kurze
braune Perrücke, Dreimaſter mit weißen Straußenfedern und Galanterie-
Degen. Die rothe Satteldecke iſt reich mit Gold und Silber geſtickt.

2) Die Gemahlin Hans Adams von Schoening. Das Pendant
zum vorigen Bilde, alſo ebenſo groß. — Die Feldmarſchallin iſt noch
jung, mit weißgepuderten Locken und Perlen darin. Sie trägt ein weißes
Atlaskleid mit Goldſtickerei; eben ſolche Schuhe. Vier Kinder ſpielen um
ſie her, ein fünftes ruht auf ihrem Schooß. Das älteſte der Kinder, ein
junges Mädchen, iſt im Diana-Koſtüm, ein Windſpiel ihr zur Seite; ein
andres Kind trägt ein Füllhorn, ein drittes ſpielt mit einem Lamm; da-
zwiſchen Windſpiele und Bologneſerhündchen. Links in der Ecke des Bildes
Genien mit Kränzen und Palmen. Im Hintergrunde Schloß Tamſel
vor 1686.

3), 4), 5) Drei Bilder des Generals von Wreech, des Gemahls
der ſchönen Luiſe Eleonore.

6) und 7) Die Bilder des Miniſters von Brandt (wahrſcheinlich
des bekannten Euſebius von Brandt) und ſeiner Gemahlin.

8) Frau von Wreech (Luiſe Eleonore). Knieſtück. Sie iſt auf die-
ſem Bilde 28 bis 30 Jahr alt, alſo ein Bild, das noch zu Lebzeiten ihres
Gemahls gemalt wurde. Sie iſt noch ſehr hübſch, friſch, üppig, die Augen
voll Leben und Klugheit. Sie trägt ein weißes Brokatkleid, mit natürli-
chen Blumen aufgeſteckt, dazu eine hellblaue, ſilber- oder weißgeſtickte Ueber-
jacke; Granatblumen im weißgepuderten natürlichen Haar und Perlen-
Ohrgehänge.

9) Frau von Wreich im Witwenkleide; halbe Figur. Sie iſt auf
dieſem Bilde etwa 38 bis 40 Jahr alt. Sie trägt ein ſchwarzes Kleid, und
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[510/0522] Privathäuſern. In der Mitte der Façade und in Höhe des erſten Stocks bemerkt man einen eigenthümlich geformten, kunſtreich gegliederten Bal- kon. In Höhe des Erdgeſchoſſes zieht ſich an der ganzen Front hin eine Colonnade, nach Art der noch jetzt exiſtirenden Stechbahn. Dieſe Co- lonnade iſt von röthlichem Stein; der Reſt des Bildes zeigt einen grauen Ton. — König Friedrich Wilhelm IV., als er bei ſeinem Beſuche in Tamſel (etwa 1845) dies Bild ſah, nahm das größte Intereſſe daran und ließ eine Copie anfertigen, die ſich jetzt im Berliner Schloß befindet. Das Ori- ginal wurde vor etwa 25 Jahren nur durch einen glücklichen Zufall vom Untergange gerettet; man fand es verſtaubt, geſchwärzt, zerriſſen auf einem Boden oder Seitengelaß des Schloſſes. Im Ahnenſaal. Unter den verſchiednen Porträts, die ſich hier vorfinden, ſind die fol- genden die wichtigſten: 1) Hans Adam von Schoening, der Türkenbeſieger. Großes Bild, 9 Fuß hoch, 10 Fuß breit. Hans Adam ſitzt zu Pferde und trägt (wie es ſcheint) einen gelbledernen Waffenrock, rothe Gamaſchen, eine kurze braune Perrücke, Dreimaſter mit weißen Straußenfedern und Galanterie- Degen. Die rothe Satteldecke iſt reich mit Gold und Silber geſtickt. 2) Die Gemahlin Hans Adams von Schoening. Das Pendant zum vorigen Bilde, alſo ebenſo groß. — Die Feldmarſchallin iſt noch jung, mit weißgepuderten Locken und Perlen darin. Sie trägt ein weißes Atlaskleid mit Goldſtickerei; eben ſolche Schuhe. Vier Kinder ſpielen um ſie her, ein fünftes ruht auf ihrem Schooß. Das älteſte der Kinder, ein junges Mädchen, iſt im Diana-Koſtüm, ein Windſpiel ihr zur Seite; ein andres Kind trägt ein Füllhorn, ein drittes ſpielt mit einem Lamm; da- zwiſchen Windſpiele und Bologneſerhündchen. Links in der Ecke des Bildes Genien mit Kränzen und Palmen. Im Hintergrunde Schloß Tamſel vor 1686. 3), 4), 5) Drei Bilder des Generals von Wreech, des Gemahls der ſchönen Luiſe Eleonore. 6) und 7) Die Bilder des Miniſters von Brandt (wahrſcheinlich des bekannten Euſebius von Brandt) und ſeiner Gemahlin. 8) Frau von Wreech (Luiſe Eleonore). Knieſtück. Sie iſt auf die- ſem Bilde 28 bis 30 Jahr alt, alſo ein Bild, das noch zu Lebzeiten ihres Gemahls gemalt wurde. Sie iſt noch ſehr hübſch, friſch, üppig, die Augen voll Leben und Klugheit. Sie trägt ein weißes Brokatkleid, mit natürli- chen Blumen aufgeſteckt, dazu eine hellblaue, ſilber- oder weißgeſtickte Ueber- jacke; Granatblumen im weißgepuderten natürlichen Haar und Perlen- Ohrgehänge. 9) Frau von Wreich im Witwenkleide; halbe Figur. Sie iſt auf dieſem Bilde etwa 38 bis 40 Jahr alt. Sie trägt ein ſchwarzes Kleid, und über dem ſchönen Nacken einen weißen, durchſichtigen Tüllkragen, mit einer

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Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 2: Das Oderland. Berlin, 1863, S. 510. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg02_1863/522>, abgerufen am 26.04.2024.