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Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 4: Spreeland. Berlin, 1882.

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Invaliden irgend welchen Aufschluß erwartete. Sie wußten absolut
nichts von jenem Schlachtfelde, das jahraus jahrein zu ihren
Füßen lag und dessen bestellte Wächter sie waren, und nichts von
jenem Kirchhof, um dessen Besitz einst so heiß gestritten ward.

Und so mag sich denn im Nachstehenden ein Ueberblick über
die damalige politisch-militairische Situation und daran anschließend
eine kurze Beschreibung der "Bataille" geziemen.


Die Schlacht bei Großbeeren.
am 23. August 1813.

Napoleon, als der Waffenstillstand abgelaufen und Oesterreich
dem Bündnisse Rußlands und Preußens beigetreten war, richtete
sein Hauptaugenmerk auf Berlin. Er beschloß, sich desselben zu
bemächtigen und ordnete zu diesem Zwecke die Bildung einer aus
dem 4., 7. und 12. Corps bestehenden Armee an, an deren Spitze
er den Marschall Oudinot stellte. "Sie werden mit einer solchen
Armee", hieß es in einer dem Marschall um die Mitte des August
zugehenden General-Ordre "den Feind rasch zurückdrängen, Berlin
einnehmen, die Einwohner entwaffnen, die Landwehr auflösen und
die Haufen schlechter Truppen zerstreuen." In Folge dieser Ordre
betrat Oudinot's Armee, deren Sammelplatz Luckau gewesen war,
am 19. die Mark, rückte gegen Baruth, und stand am 22. Abends
in dreimeiliger Entfernung von Berlin: das 4. Corps Bertrand
bei Jühnsdorf, das 7. Corps Reynier bei Wietstock, das 12. Corps
Oudinot zwischen Trebbin und Thyrow. Oudinot nämlich, wie
gleich hier hervorgehoben werden mag, hatte nicht blos den Ober-
befehl über das Ganze, sondern auch noch den Specialbefehl über
das letztgenannte 12. Corps.

Am andern Tage sollte der Vormarsch gegen Berlin fort-
gesetzt werden, zu dessen Schutze die vom Kronprinzen von Schweden
(Bernadotte) kommandirte Nordarmee zwischen Ruhlsdorf, Hei-
nersdorf und Blankenfelde Stellung genommen hatte. Der nächste
Tag mußte voraussichtlich einen ernsten, vielleicht sogar den ent-
scheidenden Zusammenstoß bringen.

Und dieser Zusammenstoß fand auch wirklich statt. Eh' ich

Invaliden irgend welchen Aufſchluß erwartete. Sie wußten abſolut
nichts von jenem Schlachtfelde, das jahraus jahrein zu ihren
Füßen lag und deſſen beſtellte Wächter ſie waren, und nichts von
jenem Kirchhof, um deſſen Beſitz einſt ſo heiß geſtritten ward.

Und ſo mag ſich denn im Nachſtehenden ein Ueberblick über
die damalige politiſch-militairiſche Situation und daran anſchließend
eine kurze Beſchreibung der „Bataille“ geziemen.


Die Schlacht bei Großbeeren.
am 23. Auguſt 1813.

Napoleon, als der Waffenſtillſtand abgelaufen und Oeſterreich
dem Bündniſſe Rußlands und Preußens beigetreten war, richtete
ſein Hauptaugenmerk auf Berlin. Er beſchloß, ſich deſſelben zu
bemächtigen und ordnete zu dieſem Zwecke die Bildung einer aus
dem 4., 7. und 12. Corps beſtehenden Armee an, an deren Spitze
er den Marſchall Oudinot ſtellte. „Sie werden mit einer ſolchen
Armee“, hieß es in einer dem Marſchall um die Mitte des Auguſt
zugehenden General-Ordre „den Feind raſch zurückdrängen, Berlin
einnehmen, die Einwohner entwaffnen, die Landwehr auflöſen und
die Haufen ſchlechter Truppen zerſtreuen.“ In Folge dieſer Ordre
betrat Oudinot’s Armee, deren Sammelplatz Luckau geweſen war,
am 19. die Mark, rückte gegen Baruth, und ſtand am 22. Abends
in dreimeiliger Entfernung von Berlin: das 4. Corps Bertrand
bei Jühnsdorf, das 7. Corps Reynier bei Wietſtock, das 12. Corps
Oudinot zwiſchen Trebbin und Thyrow. Oudinot nämlich, wie
gleich hier hervorgehoben werden mag, hatte nicht blos den Ober-
befehl über das Ganze, ſondern auch noch den Specialbefehl über
das letztgenannte 12. Corps.

Am andern Tage ſollte der Vormarſch gegen Berlin fort-
geſetzt werden, zu deſſen Schutze die vom Kronprinzen von Schweden
(Bernadotte) kommandirte Nordarmee zwiſchen Ruhlsdorf, Hei-
nersdorf und Blankenfelde Stellung genommen hatte. Der nächſte
Tag mußte vorausſichtlich einen ernſten, vielleicht ſogar den ent-
ſcheidenden Zuſammenſtoß bringen.

Und dieſer Zuſammenſtoß fand auch wirklich ſtatt. Eh’ ich

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[292/0308] Invaliden irgend welchen Aufſchluß erwartete. Sie wußten abſolut nichts von jenem Schlachtfelde, das jahraus jahrein zu ihren Füßen lag und deſſen beſtellte Wächter ſie waren, und nichts von jenem Kirchhof, um deſſen Beſitz einſt ſo heiß geſtritten ward. Und ſo mag ſich denn im Nachſtehenden ein Ueberblick über die damalige politiſch-militairiſche Situation und daran anſchließend eine kurze Beſchreibung der „Bataille“ geziemen. Die Schlacht bei Großbeeren. am 23. Auguſt 1813. Napoleon, als der Waffenſtillſtand abgelaufen und Oeſterreich dem Bündniſſe Rußlands und Preußens beigetreten war, richtete ſein Hauptaugenmerk auf Berlin. Er beſchloß, ſich deſſelben zu bemächtigen und ordnete zu dieſem Zwecke die Bildung einer aus dem 4., 7. und 12. Corps beſtehenden Armee an, an deren Spitze er den Marſchall Oudinot ſtellte. „Sie werden mit einer ſolchen Armee“, hieß es in einer dem Marſchall um die Mitte des Auguſt zugehenden General-Ordre „den Feind raſch zurückdrängen, Berlin einnehmen, die Einwohner entwaffnen, die Landwehr auflöſen und die Haufen ſchlechter Truppen zerſtreuen.“ In Folge dieſer Ordre betrat Oudinot’s Armee, deren Sammelplatz Luckau geweſen war, am 19. die Mark, rückte gegen Baruth, und ſtand am 22. Abends in dreimeiliger Entfernung von Berlin: das 4. Corps Bertrand bei Jühnsdorf, das 7. Corps Reynier bei Wietſtock, das 12. Corps Oudinot zwiſchen Trebbin und Thyrow. Oudinot nämlich, wie gleich hier hervorgehoben werden mag, hatte nicht blos den Ober- befehl über das Ganze, ſondern auch noch den Specialbefehl über das letztgenannte 12. Corps. Am andern Tage ſollte der Vormarſch gegen Berlin fort- geſetzt werden, zu deſſen Schutze die vom Kronprinzen von Schweden (Bernadotte) kommandirte Nordarmee zwiſchen Ruhlsdorf, Hei- nersdorf und Blankenfelde Stellung genommen hatte. Der nächſte Tag mußte vorausſichtlich einen ernſten, vielleicht ſogar den ent- ſcheidenden Zuſammenſtoß bringen. Und dieſer Zuſammenſtoß fand auch wirklich ſtatt. Eh’ ich

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 4: Spreeland. Berlin, 1882, S. 292. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg04_1882/308>, abgerufen am 26.04.2024.