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Gerber, Carl Friedrich von: Grundzüge eines Systems des deutschen Staatsrecht. Leipzig, 1865.

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Zweiter Abschnitt.
halte des Rechts der deutschen Fürsten ist, so hat es
doch damit die Festigkeit eines historischen Individual-
rechts nicht verloren; ein ursprüngliches eigenes Recht
hat, der politischen Entwickelung des Volks, mit der es
verbunden ist, folgend, eine tief greifende Veränderung
an sich selbst vollziehen lassen, aber es hat damit den
Rechtsgrund seiner Existenz nicht aufgegeben.2 Auch
innerhalb des neuen Staatswesens bewahrt das Recht
der deutschen Monarchen die Weihe und Ehrwürdigkeit
altangestammten Fürstenrechts.3

2. Erwerb des Monarchenrechts (Thronfolge).
a) Berufung zur Thronfolge.
§. 29.

Die deutschen monarchischen Staaten sind Erb-
monarchieen, d. h. solche, bei welchen die Thronfolge
in den Formen des Erbrechts vermittelt wird.1 Da aber
der zum rechtlichen Organismus consolidirte Staat ein
untheilbares Ganze mit einer monarchischen Institution
bildet, so kann auch die Thronfolgeordnung nur so ge-

2 Das Monarchenrecht ist also nicht erst eine Schöpfung der
neueren Verfassungen. Die Bedeutung dieser Wahrheit hat na-
mentlich Stahl (z. B. Rechts- und Staatslehre 2. Abth. S. 278) mit
Recht geltend gemacht.
3 Damit ist gesagt, dass, wenn auch der Inhalt des Monarchen-
rechts an der Entwickelung des Staatswesens Theil nimmt und
sich mit ihr verändert, seine Existenz selbst doch niemals unter
dem Vorwande einer staatlichen Fortbildung rechtlich in Frage
kommen kann.
1 Das ältere deutsche Staatsrecht kannte noch die Wahl als
Erwerbsgrund des Monarchenrechts; dann die kaiserliche Ver-
leihung und die privatrechtlichen Erwerbsgeschäfte jener Zeit.

Zweiter Abschnitt.
halte des Rechts der deutschen Fürsten ist, so hat es
doch damit die Festigkeit eines historischen Individual-
rechts nicht verloren; ein ursprüngliches eigenes Recht
hat, der politischen Entwickelung des Volks, mit der es
verbunden ist, folgend, eine tief greifende Veränderung
an sich selbst vollziehen lassen, aber es hat damit den
Rechtsgrund seiner Existenz nicht aufgegeben.2 Auch
innerhalb des neuen Staatswesens bewahrt das Recht
der deutschen Monarchen die Weihe und Ehrwürdigkeit
altangestammten Fürstenrechts.3

2. Erwerb des Monarchenrechts (Thronfolge).
a) Berufung zur Thronfolge.
§. 29.

Die deutschen monarchischen Staaten sind Erb-
monarchieen, d. h. solche, bei welchen die Thronfolge
in den Formen des Erbrechts vermittelt wird.1 Da aber
der zum rechtlichen Organismus consolidirte Staat ein
untheilbares Ganze mit einer monarchischen Institution
bildet, so kann auch die Thronfolgeordnung nur so ge-

2 Das Monarchenrecht ist also nicht erst eine Schöpfung der
neueren Verfassungen. Die Bedeutung dieser Wahrheit hat na-
mentlich Stahl (z. B. Rechts- und Staatslehre 2. Abth. S. 278) mit
Recht geltend gemacht.
3 Damit ist gesagt, dass, wenn auch der Inhalt des Monarchen-
rechts an der Entwickelung des Staatswesens Theil nimmt und
sich mit ihr verändert, seine Existenz selbst doch niemals unter
dem Vorwande einer staatlichen Fortbildung rechtlich in Frage
kommen kann.
1 Das ältere deutsche Staatsrecht kannte noch die Wahl als
Erwerbsgrund des Monarchenrechts; dann die kaiserliche Ver-
leihung und die privatrechtlichen Erwerbsgeschäfte jener Zeit.
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[82/0100] Zweiter Abschnitt. halte des Rechts der deutschen Fürsten ist, so hat es doch damit die Festigkeit eines historischen Individual- rechts nicht verloren; ein ursprüngliches eigenes Recht hat, der politischen Entwickelung des Volks, mit der es verbunden ist, folgend, eine tief greifende Veränderung an sich selbst vollziehen lassen, aber es hat damit den Rechtsgrund seiner Existenz nicht aufgegeben. 2 Auch innerhalb des neuen Staatswesens bewahrt das Recht der deutschen Monarchen die Weihe und Ehrwürdigkeit altangestammten Fürstenrechts. 3 2. Erwerb des Monarchenrechts (Thronfolge). a) Berufung zur Thronfolge. §. 29. Die deutschen monarchischen Staaten sind Erb- monarchieen, d. h. solche, bei welchen die Thronfolge in den Formen des Erbrechts vermittelt wird. 1 Da aber der zum rechtlichen Organismus consolidirte Staat ein untheilbares Ganze mit einer monarchischen Institution bildet, so kann auch die Thronfolgeordnung nur so ge- 2 Das Monarchenrecht ist also nicht erst eine Schöpfung der neueren Verfassungen. Die Bedeutung dieser Wahrheit hat na- mentlich Stahl (z. B. Rechts- und Staatslehre 2. Abth. S. 278) mit Recht geltend gemacht. 3 Damit ist gesagt, dass, wenn auch der Inhalt des Monarchen- rechts an der Entwickelung des Staatswesens Theil nimmt und sich mit ihr verändert, seine Existenz selbst doch niemals unter dem Vorwande einer staatlichen Fortbildung rechtlich in Frage kommen kann. 1 Das ältere deutsche Staatsrecht kannte noch die Wahl als Erwerbsgrund des Monarchenrechts; dann die kaiserliche Ver- leihung und die privatrechtlichen Erwerbsgeschäfte jener Zeit.

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Zitationshilfe: Gerber, Carl Friedrich von: Grundzüge eines Systems des deutschen Staatsrecht. Leipzig, 1865, S. 82. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gerber_staatsrecht_1865/100>, abgerufen am 26.04.2024.