Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Geßner, Salomon]: Idyllen. Zürich, 1756.

Bild:
<< vorherige Seite
CHLOE.

IHr freundlichen Nymphen, die ihr in diesem
stillen Felsen wohnet, ihr habt dichtes Gesträuch
vor die kühle Oefnung hingepflanzt, dass stille
Ruhe und sanfter Schatten euch erquike; die ihr
diese klare Quelle aus euern Urnen giesst, wenn
ihr nicht izt im dichten Hain mit den Waldgöt-
tern euch freut, oder auf dem nahen Hügel, oder
wenn ihr auf euern Urnen schlummert, o dann
stöhre meine Stimme nicht eure Ruhe! Aber hö-
ret meine Klagen, freundliche Nymphen, wenn
ihr wachet! Ich liebe - - ach! - - ich liebe
den Lycas mit dem gelben Haar! habt ihr den
jungen Hirten nicht gesehn, wenn er seine gefle-
keten Kühe und die hüpfenden Kälber hier vor-
über treibt, und hinter ihnen hergehend auf seiner
Flöte dem Wiederhall ruft? habt ihr seine blauen
Augen, sein sanftes Lächeln nicht gesehn? oder

E 5
CHLOE.

IHr freundlichen Nymphen, die ihr in dieſem
ſtillen Felſen wohnet, ihr habt dichtes Geſträuch
vor die kühle Oefnung hingepflanzt, daſs ſtille
Ruhe und ſanfter Schatten euch erquike; die ihr
dieſe klare Quelle aus euern Urnen gieſst, wenn
ihr nicht izt im dichten Hain mit den Waldgöt-
tern euch freut, oder auf dem nahen Hügel, oder
wenn ihr auf euern Urnen ſchlummert, o dann
ſtöhre meine Stimme nicht eure Ruhe! Aber hö-
ret meine Klagen, freundliche Nymphen, wenn
ihr wachet! Ich liebe ‒ ‒ ach! ‒ ‒ ich liebe
den Lycas mit dem gelben Haar! habt ihr den
jungen Hirten nicht geſehn, wenn er ſeine gefle-
keten Kühe und die hüpfenden Kälber hier vor-
über treibt, und hinter ihnen hergehend auf ſeiner
Flöte dem Wiederhall ruft? habt ihr ſeine blauen
Augen, ſein ſanftes Lächeln nicht geſehn? oder

E 5
<TEI>
  <text>
    <body>
      <pb facs="#f0078" n="73"/>
      <div n="1">
        <head> <hi rendition="#b"> <hi rendition="#g">CHLOE.</hi> </hi> </head><lb/>
        <p><hi rendition="#in">I</hi>Hr freundlichen Nymphen, die ihr in die&#x017F;em<lb/>
&#x017F;tillen Fel&#x017F;en wohnet, ihr habt dichtes Ge&#x017F;träuch<lb/>
vor die kühle Oefnung hingepflanzt, da&#x017F;s &#x017F;tille<lb/>
Ruhe und &#x017F;anfter Schatten euch erquike; die ihr<lb/>
die&#x017F;e klare Quelle aus euern Urnen gie&#x017F;st, wenn<lb/>
ihr nicht izt im dichten Hain mit den Waldgöt-<lb/>
tern euch freut, oder auf dem nahen Hügel, oder<lb/>
wenn ihr auf euern Urnen &#x017F;chlummert, o dann<lb/>
&#x017F;töhre meine Stimme nicht eure Ruhe! Aber hö-<lb/>
ret meine Klagen, freundliche Nymphen, wenn<lb/>
ihr wachet! Ich liebe &#x2012; &#x2012; ach! &#x2012; &#x2012; ich liebe<lb/>
den Lycas mit dem gelben Haar! habt ihr den<lb/>
jungen Hirten nicht ge&#x017F;ehn, wenn er &#x017F;eine gefle-<lb/>
keten Kühe und die hüpfenden Kälber hier vor-<lb/>
über treibt, und hinter ihnen hergehend auf &#x017F;einer<lb/>
Flöte dem Wiederhall ruft? habt ihr &#x017F;eine blauen<lb/>
Augen, &#x017F;ein &#x017F;anftes Lächeln nicht ge&#x017F;ehn? oder<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">E 5</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[73/0078] CHLOE. IHr freundlichen Nymphen, die ihr in dieſem ſtillen Felſen wohnet, ihr habt dichtes Geſträuch vor die kühle Oefnung hingepflanzt, daſs ſtille Ruhe und ſanfter Schatten euch erquike; die ihr dieſe klare Quelle aus euern Urnen gieſst, wenn ihr nicht izt im dichten Hain mit den Waldgöt- tern euch freut, oder auf dem nahen Hügel, oder wenn ihr auf euern Urnen ſchlummert, o dann ſtöhre meine Stimme nicht eure Ruhe! Aber hö- ret meine Klagen, freundliche Nymphen, wenn ihr wachet! Ich liebe ‒ ‒ ach! ‒ ‒ ich liebe den Lycas mit dem gelben Haar! habt ihr den jungen Hirten nicht geſehn, wenn er ſeine gefle- keten Kühe und die hüpfenden Kälber hier vor- über treibt, und hinter ihnen hergehend auf ſeiner Flöte dem Wiederhall ruft? habt ihr ſeine blauen Augen, ſein ſanftes Lächeln nicht geſehn? oder E 5

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gessner_idyllen_1756
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gessner_idyllen_1756/78
Zitationshilfe: [Geßner, Salomon]: Idyllen. Zürich, 1756, S. 73. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gessner_idyllen_1756/78>, abgerufen am 26.04.2024.