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Glück, Christian Friedrich von: Versuch einer ausführlichen Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld ein Commentar für meine Zuhörer. Erlangen, 1791.

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1. Buch. 7. Tit. §. 158.
lassen, sondern dem Vater wieder verkaufen wollte 43).
Die Formel hiervon war: Ego vero hunc filium meum
tibi mancupo, ea conditione, ut mihi remancupes, ut inter
bonos bene agier oportet, ne propter te tuamve fidem frau-
der.
Hiervon bekam der Käufer des Sohns den Namen
pater fiduciarius. Die Absicht dieses Vertrags war, da-
mit der Vater selbst das Patronatrecht erhielte, und ver-
möge desselben seinen Sohn beerben konnte. Vermöge
dieses Vertrags manumittirte nun also der Vater seinen
Sohn selbst, wobey er sich einer Ruthe (vindicta) be-
diente, wie bey der Manumission der Sclaven gewöhn-
lich war. So ward der Sohn sui iuris, der Vater
aber desselben Patron, obwohl er nicht in allen Stücken
wie der Patron eines ehemaligen Sclaven angesehen
wurde 44).

Die Wirkung dieser alten Emancipation war, daß
die Kinder dadurch in eine Art von Sclaverey geriethen,
die zwar nur erdichtet, (causa servilis imaginaria) aber
doch mit nachtheiligen Folgen für die Kinder verknüpft
war. Denn sie hob die Familien- und Agnationsrechte
auf 45); und die von dem Emancipirten gezeugte Enkel,
die bey desselben Emancipirung in des Großvaters Ge-
walt geblieben, fielen nach dem Tode desselben nicht in

des
43) Franc. Car. conradi Diss. I. et II. de pacto fiduciae.
Helmst. 1732. et
1733.
44) gaius lib. XV. ad Edictum provinciale sagt nach L. 2. D.
Si a parente quis manumissus sit
folgendes hierüber: Non
usque adeo exaequandus est patrono parens, ut etiam Faviana
aut Calvisiana actio ei detur: quia iniquum est, ingenuis ho-
minibus non esse liberam rerum suarum alienationem
.
Man
vergleiche hierbey Ant. faber in Iurispr. Papinian. Tit. XI.
Pr. X. Illat.
4.
45) L. 3. §. 1. D. de capite minut. L. ult. Cod. de adopt.

1. Buch. 7. Tit. §. 158.
laſſen, ſondern dem Vater wieder verkaufen wollte 43).
Die Formel hiervon war: Ego vero hunc filium meum
tibi mancupo, ea conditione, ut mihi remancupes, ut inter
bonos bene agier oportet, ne propter te tuamve fidem frau-
der.
Hiervon bekam der Kaͤufer des Sohns den Namen
pater fiduciarius. Die Abſicht dieſes Vertrags war, da-
mit der Vater ſelbſt das Patronatrecht erhielte, und ver-
moͤge deſſelben ſeinen Sohn beerben konnte. Vermoͤge
dieſes Vertrags manumittirte nun alſo der Vater ſeinen
Sohn ſelbſt, wobey er ſich einer Ruthe (vindicta) be-
diente, wie bey der Manumiſſion der Sclaven gewoͤhn-
lich war. So ward der Sohn ſui iuris, der Vater
aber deſſelben Patron, obwohl er nicht in allen Stuͤcken
wie der Patron eines ehemaligen Sclaven angeſehen
wurde 44).

Die Wirkung dieſer alten Emancipation war, daß
die Kinder dadurch in eine Art von Sclaverey geriethen,
die zwar nur erdichtet, (cauſa ſervilis imaginaria) aber
doch mit nachtheiligen Folgen fuͤr die Kinder verknuͤpft
war. Denn ſie hob die Familien- und Agnationsrechte
auf 45); und die von dem Emancipirten gezeugte Enkel,
die bey deſſelben Emancipirung in des Großvaters Ge-
walt geblieben, fielen nach dem Tode deſſelben nicht in

des
43) Franc. Car. conradi Diſſ. I. et II. de pacto fiduciae.
Helmſt. 1732. et
1733.
44) gaius lib. XV. ad Edictum provinciale ſagt nach L. 2. D.
Si a parente quis manumiſſus ſit
folgendes hieruͤber: Non
usque adeo exaequandus eſt patrono parens, ut etiam Faviana
aut Calviſiana actio ei detur: quia iniquum eſt, ingenuis ho-
minibus non eſſe liberam rerum ſuarum alienationem
.
Man
vergleiche hierbey Ant. faber in Iurispr. Papinian. Tit. XI.
Pr. X. Illat.
4.
45) L. 3. §. 1. D. de capite minut. L. ult. Cod. de adopt.
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[352/0366] 1. Buch. 7. Tit. §. 158. laſſen, ſondern dem Vater wieder verkaufen wollte 43). Die Formel hiervon war: Ego vero hunc filium meum tibi mancupo, ea conditione, ut mihi remancupes, ut inter bonos bene agier oportet, ne propter te tuamve fidem frau- der. Hiervon bekam der Kaͤufer des Sohns den Namen pater fiduciarius. Die Abſicht dieſes Vertrags war, da- mit der Vater ſelbſt das Patronatrecht erhielte, und ver- moͤge deſſelben ſeinen Sohn beerben konnte. Vermoͤge dieſes Vertrags manumittirte nun alſo der Vater ſeinen Sohn ſelbſt, wobey er ſich einer Ruthe (vindicta) be- diente, wie bey der Manumiſſion der Sclaven gewoͤhn- lich war. So ward der Sohn ſui iuris, der Vater aber deſſelben Patron, obwohl er nicht in allen Stuͤcken wie der Patron eines ehemaligen Sclaven angeſehen wurde 44). Die Wirkung dieſer alten Emancipation war, daß die Kinder dadurch in eine Art von Sclaverey geriethen, die zwar nur erdichtet, (cauſa ſervilis imaginaria) aber doch mit nachtheiligen Folgen fuͤr die Kinder verknuͤpft war. Denn ſie hob die Familien- und Agnationsrechte auf 45); und die von dem Emancipirten gezeugte Enkel, die bey deſſelben Emancipirung in des Großvaters Ge- walt geblieben, fielen nach dem Tode deſſelben nicht in des 43) Franc. Car. conradi Diſſ. I. et II. de pacto fiduciae. Helmſt. 1732. et 1733. 44) gaius lib. XV. ad Edictum provinciale ſagt nach L. 2. D. Si a parente quis manumiſſus ſit folgendes hieruͤber: Non usque adeo exaequandus eſt patrono parens, ut etiam Faviana aut Calviſiana actio ei detur: quia iniquum eſt, ingenuis ho- minibus non eſſe liberam rerum ſuarum alienationem. Man vergleiche hierbey Ant. faber in Iurispr. Papinian. Tit. XI. Pr. X. Illat. 4. 45) L. 3. §. 1. D. de capite minut. L. ult. Cod. de adopt.

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Zitationshilfe: Glück, Christian Friedrich von: Versuch einer ausführlichen Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld ein Commentar für meine Zuhörer. Erlangen, 1791, S. 352. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/glueck_pandecten02_1791/366>, abgerufen am 26.04.2024.