Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 1. Tübingen, 1810.

Bild:
<< vorherige Seite

uns die Sonne mehr oder weniger rubinroth; und ob
man gleich diese Erscheinung der schwarzbraunen Farbe
des Rußes zuschreiben könnte, so kann man sich doch
überzeugen, daß hier ein trübes Mittel wirke, wenn
man ein solches mäßig angerauchtes Glas, auf der vor-
dern Seite durch die Sonne erleuchtet, vor einen dunk-
len Gegenstand hält, da wir denn einen blaulichen
Schein gewahr werden.

170.

Mit Pergamentblättern läßt sich in der dunkeln
Kammer ein auffallender Versuch anstellen. Wenn man
vor die Oeffnung des eben von der Sonne beschienenen
Fensterladens ein Stück Pergament befestigt, so wird
es weißlich erscheinen; fügt man ein zweytes hinzu,
so entsteht eine gelbliche Farbe, die immer zunimmt
und endlich bis ins Rothe übergeht, je mehr man Blät-
ter nach und nach hinzufügt.

171.

Einer solchen Wirkung der getrübten Krystalllinse
beym grauen Staar ist schon oben gedacht. (131.)

172.

Sind wir nun auf diesem Wege schon bis zu der
Wirkung eines kaum noch durchscheinenden Trüben ge-
langt; so bleibt uns noch übrig, einer wunderbaren Er-
scheinung augenblicklicher Trübe zu gedenken.

Das Portrait eines angesehenen Theologen war
von einem Künstler, welcher praktisch besonders gut
mit der Farbe umzugehen wußte, vor mehrern Jahren,

uns die Sonne mehr oder weniger rubinroth; und ob
man gleich dieſe Erſcheinung der ſchwarzbraunen Farbe
des Rußes zuſchreiben koͤnnte, ſo kann man ſich doch
uͤberzeugen, daß hier ein truͤbes Mittel wirke, wenn
man ein ſolches maͤßig angerauchtes Glas, auf der vor-
dern Seite durch die Sonne erleuchtet, vor einen dunk-
len Gegenſtand haͤlt, da wir denn einen blaulichen
Schein gewahr werden.

170.

Mit Pergamentblaͤttern laͤßt ſich in der dunkeln
Kammer ein auffallender Verſuch anſtellen. Wenn man
vor die Oeffnung des eben von der Sonne beſchienenen
Fenſterladens ein Stuͤck Pergament befeſtigt, ſo wird
es weißlich erſcheinen; fuͤgt man ein zweytes hinzu,
ſo entſteht eine gelbliche Farbe, die immer zunimmt
und endlich bis ins Rothe uͤbergeht, je mehr man Blaͤt-
ter nach und nach hinzufuͤgt.

171.

Einer ſolchen Wirkung der getruͤbten Kryſtalllinſe
beym grauen Staar iſt ſchon oben gedacht. (131.)

172.

Sind wir nun auf dieſem Wege ſchon bis zu der
Wirkung eines kaum noch durchſcheinenden Truͤben ge-
langt; ſo bleibt uns noch uͤbrig, einer wunderbaren Er-
ſcheinung augenblicklicher Truͤbe zu gedenken.

Das Portrait eines angeſehenen Theologen war
von einem Kuͤnſtler, welcher praktiſch beſonders gut
mit der Farbe umzugehen wußte, vor mehrern Jahren,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0117" n="63"/>
uns die Sonne mehr oder weniger rubinroth; und ob<lb/>
man gleich die&#x017F;e Er&#x017F;cheinung der &#x017F;chwarzbraunen Farbe<lb/>
des Rußes zu&#x017F;chreiben ko&#x0364;nnte, &#x017F;o kann man &#x017F;ich doch<lb/>
u&#x0364;berzeugen, daß hier ein tru&#x0364;bes Mittel wirke, wenn<lb/>
man ein &#x017F;olches ma&#x0364;ßig angerauchtes Glas, auf der vor-<lb/>
dern Seite durch die Sonne erleuchtet, vor einen dunk-<lb/>
len Gegen&#x017F;tand ha&#x0364;lt, da wir denn einen blaulichen<lb/>
Schein gewahr werden.</p>
            </div><lb/>
            <div n="4">
              <head>170.</head><lb/>
              <p>Mit Pergamentbla&#x0364;ttern la&#x0364;ßt &#x017F;ich in der dunkeln<lb/>
Kammer ein auffallender Ver&#x017F;uch an&#x017F;tellen. Wenn man<lb/>
vor die Oeffnung des eben von der Sonne be&#x017F;chienenen<lb/>
Fen&#x017F;terladens ein Stu&#x0364;ck Pergament befe&#x017F;tigt, &#x017F;o wird<lb/>
es weißlich er&#x017F;cheinen; fu&#x0364;gt man ein zweytes hinzu,<lb/>
&#x017F;o ent&#x017F;teht eine gelbliche Farbe, die immer zunimmt<lb/>
und endlich bis ins Rothe u&#x0364;bergeht, je mehr man Bla&#x0364;t-<lb/>
ter nach und nach hinzufu&#x0364;gt.</p>
            </div><lb/>
            <div n="4">
              <head>171.</head><lb/>
              <p>Einer &#x017F;olchen Wirkung der getru&#x0364;bten Kry&#x017F;talllin&#x017F;e<lb/>
beym grauen Staar i&#x017F;t &#x017F;chon oben gedacht. (131.)</p>
            </div><lb/>
            <div n="4">
              <head>172.</head><lb/>
              <p>Sind wir nun auf die&#x017F;em Wege &#x017F;chon bis zu der<lb/>
Wirkung eines kaum noch durch&#x017F;cheinenden Tru&#x0364;ben ge-<lb/>
langt; &#x017F;o bleibt uns noch u&#x0364;brig, einer wunderbaren Er-<lb/>
&#x017F;cheinung augenblicklicher Tru&#x0364;be zu gedenken.</p><lb/>
              <p>Das Portrait eines ange&#x017F;ehenen Theologen war<lb/>
von einem Ku&#x0364;n&#x017F;tler, welcher prakti&#x017F;ch be&#x017F;onders gut<lb/>
mit der Farbe umzugehen wußte, vor mehrern Jahren,<lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[63/0117] uns die Sonne mehr oder weniger rubinroth; und ob man gleich dieſe Erſcheinung der ſchwarzbraunen Farbe des Rußes zuſchreiben koͤnnte, ſo kann man ſich doch uͤberzeugen, daß hier ein truͤbes Mittel wirke, wenn man ein ſolches maͤßig angerauchtes Glas, auf der vor- dern Seite durch die Sonne erleuchtet, vor einen dunk- len Gegenſtand haͤlt, da wir denn einen blaulichen Schein gewahr werden. 170. Mit Pergamentblaͤttern laͤßt ſich in der dunkeln Kammer ein auffallender Verſuch anſtellen. Wenn man vor die Oeffnung des eben von der Sonne beſchienenen Fenſterladens ein Stuͤck Pergament befeſtigt, ſo wird es weißlich erſcheinen; fuͤgt man ein zweytes hinzu, ſo entſteht eine gelbliche Farbe, die immer zunimmt und endlich bis ins Rothe uͤbergeht, je mehr man Blaͤt- ter nach und nach hinzufuͤgt. 171. Einer ſolchen Wirkung der getruͤbten Kryſtalllinſe beym grauen Staar iſt ſchon oben gedacht. (131.) 172. Sind wir nun auf dieſem Wege ſchon bis zu der Wirkung eines kaum noch durchſcheinenden Truͤben ge- langt; ſo bleibt uns noch uͤbrig, einer wunderbaren Er- ſcheinung augenblicklicher Truͤbe zu gedenken. Das Portrait eines angeſehenen Theologen war von einem Kuͤnſtler, welcher praktiſch beſonders gut mit der Farbe umzugehen wußte, vor mehrern Jahren,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_farbenlehre01_1810
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_farbenlehre01_1810/117
Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 1. Tübingen, 1810, S. 63. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_farbenlehre01_1810/117>, abgerufen am 26.04.2024.