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Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 2. Tübingen, 1810.

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ders aber der Londner Societät, ward inzwischen das
Interesse immer allgemeiner. Das Publicum wollte
nun auch sehen und unterrichtet seyn. Die Versuche
sollten zu jeder Zeit auf eines Jeden Erfordern wieder
dargestellt werden, und man fand nun, daß Experi-
mentiren ein Metier werden müsse.

Dieß ward es zuerst durch Hawksby. Er machte
in London öffentliche Versuche der Electricität, Hydro-
statik und Luftlehre, und enthielt sich vielleicht am
reinsten von allem Theoretischen. Keil ward sein Schü-
ler und Nochfolger. Dieser erklärte sich aber schon für
Newtons Theorie. Hätte er die Farbenlehre behan-
delt, wie Hawksby die Lehre von der Electricität; so
würde alles ein anderes Ansehen gewonnen haben. Er
wirkte in Oxford bis 1710.

Auf Keil folgte Desaguliers, der von ihm, sei-
nem Meister, die Fertigkeit Newtonische Experimente
receptgemäß nachzubilden, so wie die Neigung zu die-
ser Theorie geerbt hatte, und dessen Kunstfertigkeit man
anrief, wenn man Versuche sichten, durch Versuche et-
was beweisen wollte.

Desaguliers ward berühmt durch sein Geschick zu
experimentiren. s'Gravesand sagt von ihm: cujus
peritia in instituendis experimentis nota est.
Er
hatte hinreichende mathematische Kenntnisse, so wie
auch genugsame Einsicht in das was man damals Natur-
philosophie nannte.


ders aber der Londner Societaͤt, ward inzwiſchen das
Intereſſe immer allgemeiner. Das Publicum wollte
nun auch ſehen und unterrichtet ſeyn. Die Verſuche
ſollten zu jeder Zeit auf eines Jeden Erfordern wieder
dargeſtellt werden, und man fand nun, daß Experi-
mentiren ein Metier werden muͤſſe.

Dieß ward es zuerſt durch Hawksby. Er machte
in London oͤffentliche Verſuche der Electricitaͤt, Hydro-
ſtatik und Luftlehre, und enthielt ſich vielleicht am
reinſten von allem Theoretiſchen. Keil ward ſein Schuͤ-
ler und Nochfolger. Dieſer erklaͤrte ſich aber ſchon fuͤr
Newtons Theorie. Haͤtte er die Farbenlehre behan-
delt, wie Hawksby die Lehre von der Electricitaͤt; ſo
wuͤrde alles ein anderes Anſehen gewonnen haben. Er
wirkte in Oxford bis 1710.

Auf Keil folgte Desaguliers, der von ihm, ſei-
nem Meiſter, die Fertigkeit Newtoniſche Experimente
receptgemaͤß nachzubilden, ſo wie die Neigung zu die-
ſer Theorie geerbt hatte, und deſſen Kunſtfertigkeit man
anrief, wenn man Verſuche ſichten, durch Verſuche et-
was beweiſen wollte.

Desaguliers ward beruͤhmt durch ſein Geſchick zu
experimentiren. s’Graveſand ſagt von ihm: cujus
peritia in instituendis experimentis nota est.
Er
hatte hinreichende mathematiſche Kenntniſſe, ſo wie
auch genugſame Einſicht in das was man damals Natur-
philoſophie nannte.


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[455/0489] ders aber der Londner Societaͤt, ward inzwiſchen das Intereſſe immer allgemeiner. Das Publicum wollte nun auch ſehen und unterrichtet ſeyn. Die Verſuche ſollten zu jeder Zeit auf eines Jeden Erfordern wieder dargeſtellt werden, und man fand nun, daß Experi- mentiren ein Metier werden muͤſſe. Dieß ward es zuerſt durch Hawksby. Er machte in London oͤffentliche Verſuche der Electricitaͤt, Hydro- ſtatik und Luftlehre, und enthielt ſich vielleicht am reinſten von allem Theoretiſchen. Keil ward ſein Schuͤ- ler und Nochfolger. Dieſer erklaͤrte ſich aber ſchon fuͤr Newtons Theorie. Haͤtte er die Farbenlehre behan- delt, wie Hawksby die Lehre von der Electricitaͤt; ſo wuͤrde alles ein anderes Anſehen gewonnen haben. Er wirkte in Oxford bis 1710. Auf Keil folgte Desaguliers, der von ihm, ſei- nem Meiſter, die Fertigkeit Newtoniſche Experimente receptgemaͤß nachzubilden, ſo wie die Neigung zu die- ſer Theorie geerbt hatte, und deſſen Kunſtfertigkeit man anrief, wenn man Verſuche ſichten, durch Verſuche et- was beweiſen wollte. Desaguliers ward beruͤhmt durch ſein Geſchick zu experimentiren. s’Graveſand ſagt von ihm: cujus peritia in instituendis experimentis nota est. Er hatte hinreichende mathematiſche Kenntniſſe, ſo wie auch genugſame Einſicht in das was man damals Natur- philoſophie nannte.

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 2. Tübingen, 1810, S. 455. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_farbenlehre02_1810/489>, abgerufen am 26.04.2024.