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Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, I. Semester. I. Band.

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resscn. Ich kann nicht leugnen, daß die Literatur hier einen harten
Stand hat, allein das liegt in der materiellen und kaufmännischen
Richtung des hiesigen Treibens und wird sich in allen Handelsstädten
wiederholen. Die Lage Triests sowohl, als ganz hauptsachlich die
stark gemischte Bevölkerung weisen die hiesige Literatur auf das Ge¬
biet der literarischen Vermittlung zwischen Deutschland und Italien,
und auch die hiesige Bühne hat bereits diese Ausgabe begriffen und
zu wiederholten Malen zu lösen gesucht, indem sie in den Sommer¬
monaten eine deutsche Schauspielergesellschaft berief, und durcy die
Gastrollen bewährter Künstler vom Hofburgtheater ihren Vorstellungen
einen hohem Reiz verlieh. Von ähnlicher Tendenz ist ein Buch, das
Werkchen "Die literarische Bildung der Jugend" von Zajotti,
der unlängst gestorben, und das der hier lebende Heinrich Stieglitz
bei Favarger in deutscher Sprache erscheinen lies,. Zajotti war ein
geistvoller Jurist und kenntnißreicher Schriftsteller, dessen Feder mehr
zum Verständiß deutscher Poeten in Italien beigetragen hat, als
sämmtliche Übertragungen von Massei u. A. Die von Stieglitz
geschriebene Einleitung, welche die Hälste des Buches einnimmt, giebt
einen vortrefflichen Überblick der literarischen Thätigkeit in der Pe¬
riode von 1548 -- 1840, welche dem deutschen Leser besonders
willkommen sein muß, da dieselbe genaue Detailkemitnisse mit Ge¬
schmack und kritischem Urtheil vereinigt.


VI.
N o t i z e n.

Wahrhafte und erschreckliche Geschichte von der großen Volksversammlung in
Trier. -- Das Deutschthum i" Hamburg. -- Die in Voraus allgelicbte
Landesmutter. -- Der verbotene Shakespeare. -- Prophetischer Scherz. --
Die Kritiker Mosen'ö.

-- Was die Rheinpreußen für ein gefährliches Volk sein müssen!
Obwohl die Landtagsabschiede -- nach einem officiellen Blatt --
allgemein einen guten Eindruck hervorgebracht haben, scheint man
den Leuten am Rhein und der Mosel doch nicht recht zu trauen.
In Trier z. B. pflegten in einem Wirthshäuschen allabendlich einige
Stammgäste zusammcnzukommrn -- stets unter 20 Personen, denn
was drüber, das ist, umgekehrt wie bei den Druckbogen, verboten
und heißt im BundestagSgesctz Volksversammlung -- und was tha¬
ten diese Stammgäste? Nun sie tranken ihr Schöppchen Wein und
plauderten. Aber das Schöppchen Wein war blos ein tückischer
Vorwand, denn was sie dabei, und zwar ohne hochobrigkeitliche Er¬
laubniß, plauderten, das war, erschrecken Sie nicht, meine Herrn
und Damen, das war -- Politik! .... Unglaublich! Ja, eS
gehen Dinge vor zwischen Stallupönen und Buxtehude, von denen.


resscn. Ich kann nicht leugnen, daß die Literatur hier einen harten
Stand hat, allein das liegt in der materiellen und kaufmännischen
Richtung des hiesigen Treibens und wird sich in allen Handelsstädten
wiederholen. Die Lage Triests sowohl, als ganz hauptsachlich die
stark gemischte Bevölkerung weisen die hiesige Literatur auf das Ge¬
biet der literarischen Vermittlung zwischen Deutschland und Italien,
und auch die hiesige Bühne hat bereits diese Ausgabe begriffen und
zu wiederholten Malen zu lösen gesucht, indem sie in den Sommer¬
monaten eine deutsche Schauspielergesellschaft berief, und durcy die
Gastrollen bewährter Künstler vom Hofburgtheater ihren Vorstellungen
einen hohem Reiz verlieh. Von ähnlicher Tendenz ist ein Buch, das
Werkchen „Die literarische Bildung der Jugend" von Zajotti,
der unlängst gestorben, und das der hier lebende Heinrich Stieglitz
bei Favarger in deutscher Sprache erscheinen lies,. Zajotti war ein
geistvoller Jurist und kenntnißreicher Schriftsteller, dessen Feder mehr
zum Verständiß deutscher Poeten in Italien beigetragen hat, als
sämmtliche Übertragungen von Massei u. A. Die von Stieglitz
geschriebene Einleitung, welche die Hälste des Buches einnimmt, giebt
einen vortrefflichen Überblick der literarischen Thätigkeit in der Pe¬
riode von 1548 — 1840, welche dem deutschen Leser besonders
willkommen sein muß, da dieselbe genaue Detailkemitnisse mit Ge¬
schmack und kritischem Urtheil vereinigt.


VI.
N o t i z e n.

Wahrhafte und erschreckliche Geschichte von der großen Volksversammlung in
Trier. — Das Deutschthum i» Hamburg. — Die in Voraus allgelicbte
Landesmutter. — Der verbotene Shakespeare. — Prophetischer Scherz. —
Die Kritiker Mosen'ö.

— Was die Rheinpreußen für ein gefährliches Volk sein müssen!
Obwohl die Landtagsabschiede — nach einem officiellen Blatt —
allgemein einen guten Eindruck hervorgebracht haben, scheint man
den Leuten am Rhein und der Mosel doch nicht recht zu trauen.
In Trier z. B. pflegten in einem Wirthshäuschen allabendlich einige
Stammgäste zusammcnzukommrn — stets unter 20 Personen, denn
was drüber, das ist, umgekehrt wie bei den Druckbogen, verboten
und heißt im BundestagSgesctz Volksversammlung — und was tha¬
ten diese Stammgäste? Nun sie tranken ihr Schöppchen Wein und
plauderten. Aber das Schöppchen Wein war blos ein tückischer
Vorwand, denn was sie dabei, und zwar ohne hochobrigkeitliche Er¬
laubniß, plauderten, das war, erschrecken Sie nicht, meine Herrn
und Damen, das war — Politik! .... Unglaublich! Ja, eS
gehen Dinge vor zwischen Stallupönen und Buxtehude, von denen.


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341550_181809/254>, abgerufen am 29.04.2024.