Die Grenzboten. Jg. 9, 1850, I. Semester. II. Band.Masse neben einander, Ihr sprecht eine Sprache, Ihr schmachtet unter einem Ans Wien. Minister Bach hat die lobenswerthe Gewohnheit, sich bei alten Freunden Masse neben einander, Ihr sprecht eine Sprache, Ihr schmachtet unter einem Ans Wien. Minister Bach hat die lobenswerthe Gewohnheit, sich bei alten Freunden <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0154" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/185490"/> <p xml:id="ID_433" prev="#ID_432"> Masse neben einander, Ihr sprecht eine Sprache, Ihr schmachtet unter einem<lb/> Druck, und seid nicht im Stande, M)0 Mann zusammen zu bringen, zur Ver¬<lb/> theidigung Eurer Rechte und der Rechte Eures väterlichen, Euch wohlwollenden<lb/> Monarchen; ja es gibt auch uoch solche selbstvergesscuc slovakische Seelen unter<lb/> Euch, daß sie in den Reihen unserer Erzfeinde sich blutige Lorbeeren durch Bruder¬<lb/> mord erkämpfe» wollen u. f. w." — Und doch hatte der Redner auch da wenig<lb/> Erfolg. Hurban konnte mit seinein Helfer, dein Grafen Szirmay, kaum ein Ba¬<lb/> taillon, von 12ti) Mann zusammenbringen, und selbst dieses, allerlei zusammengelau-<lb/> fenes Gesindel der Slovakci, flog in der Schlacht beiWaitzen bei dem ersten Kanonen¬<lb/> schuß aus einander, während man in der ungarischen Armee nur wenige Bataillone<lb/> fand, die uicht einige reinslavische Compagnien zählten und so tapfer für die Sache<lb/> der Magyaren fochten, wie ihre magyauschen Rachbarn. Und »richt nnr bei den<lb/> Nordslaven, sondern auch bei den Kroaten ist der Magyarenhaß eine künstliche<lb/> Pflanze, die vor dem Jahre 1840 iwch Niemand kann!e; der kriegerische Charakter<lb/> und das südliche Blut der Kroaten brachten durch w Jahre diesen Haß zu einer<lb/> traurigen Blüthe, aber bei den ruhigen, bedächtigen Nordslaven müßten Jahr¬<lb/> hunderte vergehen, bis sie für einen Vertilgungskrieg ausgebildet wären, höchstens<lb/> sind sie zu einem eigennützigen Haß gegen Gutsherren und Juden zu bringen,<lb/> und davor wird uns die europäische Civilisation, die dem. Nordslaven, so nahe<lb/> liegt, in ihrem unaufhaltsamen Fortschritt nach Osten bewahren. — Hnrban selbst<lb/> spielte seine rühmlose Rolle weiter. Ans der Slovakci war er nach Prag ge¬<lb/> flüchtet, voll dort kehrte er zurück, das kaiserliche Freicorps zu bilden, und<lb/> wurde k. k. Oberst; aber in der erstell Bataille mit den Ungarn wurde sein<lb/> Hausen auseinander gesprengt, seit der Zeit ist er verschollen und bei den kaiser¬<lb/> lichen Offizieren verachtet.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> </div> <div n="1"> <head> Ans Wien.</head><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <p xml:id="ID_434"> Minister Bach hat die lobenswerthe Gewohnheit, sich bei alten Freunden<lb/> fleißig nach dein Wohlsein und den Wünschen des Publikums zu erkundigen, auch<lb/> Minister Schmerling Hort unter vier Allgen gern ein freimüthiges Wort über die<lb/> herrschende Stimmung; tröstende Zusicherungen, liberale Aeußerungen ans dem<lb/> Munde der Regierung, kommen dann unter die Leute , und rasch siud darauf die<lb/> schönsten Lustschlösser aufgebaut. Mail vergißt, daß weder Bach uoch Schmerling<lb/> in der Lage ist, mehr als fromme Wünsche für die Verwirklichung ihrer Reform-<lb/> pläne zu hegen. Sie können den Bauplan der Verfassung bis auf das kleinste<lb/> Erkerchen mit Dinte und Feder vollenden, die Reinigung, die Sicherung und<lb/> Freigebung des Bauplatzes liegt in andern Händen.</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0154]
Masse neben einander, Ihr sprecht eine Sprache, Ihr schmachtet unter einem
Druck, und seid nicht im Stande, M)0 Mann zusammen zu bringen, zur Ver¬
theidigung Eurer Rechte und der Rechte Eures väterlichen, Euch wohlwollenden
Monarchen; ja es gibt auch uoch solche selbstvergesscuc slovakische Seelen unter
Euch, daß sie in den Reihen unserer Erzfeinde sich blutige Lorbeeren durch Bruder¬
mord erkämpfe» wollen u. f. w." — Und doch hatte der Redner auch da wenig
Erfolg. Hurban konnte mit seinein Helfer, dein Grafen Szirmay, kaum ein Ba¬
taillon, von 12ti) Mann zusammenbringen, und selbst dieses, allerlei zusammengelau-
fenes Gesindel der Slovakci, flog in der Schlacht beiWaitzen bei dem ersten Kanonen¬
schuß aus einander, während man in der ungarischen Armee nur wenige Bataillone
fand, die uicht einige reinslavische Compagnien zählten und so tapfer für die Sache
der Magyaren fochten, wie ihre magyauschen Rachbarn. Und »richt nnr bei den
Nordslaven, sondern auch bei den Kroaten ist der Magyarenhaß eine künstliche
Pflanze, die vor dem Jahre 1840 iwch Niemand kann!e; der kriegerische Charakter
und das südliche Blut der Kroaten brachten durch w Jahre diesen Haß zu einer
traurigen Blüthe, aber bei den ruhigen, bedächtigen Nordslaven müßten Jahr¬
hunderte vergehen, bis sie für einen Vertilgungskrieg ausgebildet wären, höchstens
sind sie zu einem eigennützigen Haß gegen Gutsherren und Juden zu bringen,
und davor wird uns die europäische Civilisation, die dem. Nordslaven, so nahe
liegt, in ihrem unaufhaltsamen Fortschritt nach Osten bewahren. — Hnrban selbst
spielte seine rühmlose Rolle weiter. Ans der Slovakci war er nach Prag ge¬
flüchtet, voll dort kehrte er zurück, das kaiserliche Freicorps zu bilden, und
wurde k. k. Oberst; aber in der erstell Bataille mit den Ungarn wurde sein
Hausen auseinander gesprengt, seit der Zeit ist er verschollen und bei den kaiser¬
lichen Offizieren verachtet.
Ans Wien.
Minister Bach hat die lobenswerthe Gewohnheit, sich bei alten Freunden
fleißig nach dein Wohlsein und den Wünschen des Publikums zu erkundigen, auch
Minister Schmerling Hort unter vier Allgen gern ein freimüthiges Wort über die
herrschende Stimmung; tröstende Zusicherungen, liberale Aeußerungen ans dem
Munde der Regierung, kommen dann unter die Leute , und rasch siud darauf die
schönsten Lustschlösser aufgebaut. Mail vergißt, daß weder Bach uoch Schmerling
in der Lage ist, mehr als fromme Wünsche für die Verwirklichung ihrer Reform-
pläne zu hegen. Sie können den Bauplan der Verfassung bis auf das kleinste
Erkerchen mit Dinte und Feder vollenden, die Reinigung, die Sicherung und
Freigebung des Bauplatzes liegt in andern Händen.
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