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Die Grenzboten. Jg. 10, 1851, II. Semester. III. Band.

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Bilder aus Algier.
ii.

Ein buntes Gemisch Arabischer und Europäischer Sitten herrscht in der
Stadt Algier. Man glaubt oft sich in Marseille, oder einer andern südlichen
Hafenstadt zu befinden, so Europäisch sind die äußern Umgebungen, zwischen
denen man umhergeht, die Menschen, mit denen man verkehrt. Kaum einige
Schritte davon ist man plötzlich wieder in einer > echt Arabischen Welt. Ich kann
nicht läugnen, daß gerade dieser bunte Wechsel manchen Reiz für mich hatte.
Schon das Gasthaus, in dem ich wohnte, zeigte diesen Verein von Europa
"ut Afrika. Das Haus war früher die Wohnung eiues höhern Officiers des
Dey's gewesen, und daher ganz nach Orientalischer Weise erbaut. Durch eine
enge, steile, krumme, schmuzige Straße, wie man solche, mit wenigen Ausnahmen,
fast durchgängig in Algier findet, gelangte man an eine hohe, kahle, weißge¬
tünchte Mauer. Ein großes sestgeschlossenes Thor, über dem das Schild des
Gasthauses in Französischer Sprache hing, war die einzige Oeffnung, welche die
ganze Länge dieser Mauer unterbrach. Ein Schellenzug uach Europäischer Art
öffnet den mächtigen Thorflügel, und ein alter Türke mit schneeweißem Bart empfing
mich mit würdevoller Verbeugung. Es war der Portier des Hauses, der Tag
"ut Nacht in einer kleinen dunklen Zelle neben dem Thorweg sich aufhielt. In
gebrochenem Französisch frug er, ob ich eine Wohnung wünsche, und geleitete mich
dann durch den engen Thorweg in einen geräumigen Hof. Hohe Arcaden von
zierlichen Säulen unterbrochen umgäbe" die vier Seiten desselben; ein bunter
Marmorboden, mit weißen und rothen Marmorfliescu in hübschen Mustern belegt,
diente als Pflaster; ein schäumender Springbrunnen spritzte in der Mitte des
geräumigen Hofes seiue kühlenden Wasser, in die Luft, üppige Orangenbäume, mit
goldene,) Früchten bedeckt, standen süßduftend in weißen Kübeln um diesen Brun¬
nen. Unter den Arcaden waren größere und kleinere Tische, elegant nach Fran¬
zösischer Art gedeckt, zum Speise" der Gäste aufgestellt. Ein Glockenzug des


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Bilder aus Algier.
ii.

Ein buntes Gemisch Arabischer und Europäischer Sitten herrscht in der
Stadt Algier. Man glaubt oft sich in Marseille, oder einer andern südlichen
Hafenstadt zu befinden, so Europäisch sind die äußern Umgebungen, zwischen
denen man umhergeht, die Menschen, mit denen man verkehrt. Kaum einige
Schritte davon ist man plötzlich wieder in einer > echt Arabischen Welt. Ich kann
nicht läugnen, daß gerade dieser bunte Wechsel manchen Reiz für mich hatte.
Schon das Gasthaus, in dem ich wohnte, zeigte diesen Verein von Europa
»ut Afrika. Das Haus war früher die Wohnung eiues höhern Officiers des
Dey's gewesen, und daher ganz nach Orientalischer Weise erbaut. Durch eine
enge, steile, krumme, schmuzige Straße, wie man solche, mit wenigen Ausnahmen,
fast durchgängig in Algier findet, gelangte man an eine hohe, kahle, weißge¬
tünchte Mauer. Ein großes sestgeschlossenes Thor, über dem das Schild des
Gasthauses in Französischer Sprache hing, war die einzige Oeffnung, welche die
ganze Länge dieser Mauer unterbrach. Ein Schellenzug uach Europäischer Art
öffnet den mächtigen Thorflügel, und ein alter Türke mit schneeweißem Bart empfing
mich mit würdevoller Verbeugung. Es war der Portier des Hauses, der Tag
"ut Nacht in einer kleinen dunklen Zelle neben dem Thorweg sich aufhielt. In
gebrochenem Französisch frug er, ob ich eine Wohnung wünsche, und geleitete mich
dann durch den engen Thorweg in einen geräumigen Hof. Hohe Arcaden von
zierlichen Säulen unterbrochen umgäbe» die vier Seiten desselben; ein bunter
Marmorboden, mit weißen und rothen Marmorfliescu in hübschen Mustern belegt,
diente als Pflaster; ein schäumender Springbrunnen spritzte in der Mitte des
geräumigen Hofes seiue kühlenden Wasser, in die Luft, üppige Orangenbäume, mit
goldene,) Früchten bedeckt, standen süßduftend in weißen Kübeln um diesen Brun¬
nen. Unter den Arcaden waren größere und kleinere Tische, elegant nach Fran¬
zösischer Art gedeckt, zum Speise» der Gäste aufgestellt. Ein Glockenzug des


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[0369] Bilder aus Algier. ii. Ein buntes Gemisch Arabischer und Europäischer Sitten herrscht in der Stadt Algier. Man glaubt oft sich in Marseille, oder einer andern südlichen Hafenstadt zu befinden, so Europäisch sind die äußern Umgebungen, zwischen denen man umhergeht, die Menschen, mit denen man verkehrt. Kaum einige Schritte davon ist man plötzlich wieder in einer > echt Arabischen Welt. Ich kann nicht läugnen, daß gerade dieser bunte Wechsel manchen Reiz für mich hatte. Schon das Gasthaus, in dem ich wohnte, zeigte diesen Verein von Europa »ut Afrika. Das Haus war früher die Wohnung eiues höhern Officiers des Dey's gewesen, und daher ganz nach Orientalischer Weise erbaut. Durch eine enge, steile, krumme, schmuzige Straße, wie man solche, mit wenigen Ausnahmen, fast durchgängig in Algier findet, gelangte man an eine hohe, kahle, weißge¬ tünchte Mauer. Ein großes sestgeschlossenes Thor, über dem das Schild des Gasthauses in Französischer Sprache hing, war die einzige Oeffnung, welche die ganze Länge dieser Mauer unterbrach. Ein Schellenzug uach Europäischer Art öffnet den mächtigen Thorflügel, und ein alter Türke mit schneeweißem Bart empfing mich mit würdevoller Verbeugung. Es war der Portier des Hauses, der Tag "ut Nacht in einer kleinen dunklen Zelle neben dem Thorweg sich aufhielt. In gebrochenem Französisch frug er, ob ich eine Wohnung wünsche, und geleitete mich dann durch den engen Thorweg in einen geräumigen Hof. Hohe Arcaden von zierlichen Säulen unterbrochen umgäbe» die vier Seiten desselben; ein bunter Marmorboden, mit weißen und rothen Marmorfliescu in hübschen Mustern belegt, diente als Pflaster; ein schäumender Springbrunnen spritzte in der Mitte des geräumigen Hofes seiue kühlenden Wasser, in die Luft, üppige Orangenbäume, mit goldene,) Früchten bedeckt, standen süßduftend in weißen Kübeln um diesen Brun¬ nen. Unter den Arcaden waren größere und kleinere Tische, elegant nach Fran¬ zösischer Art gedeckt, zum Speise» der Gäste aufgestellt. Ein Glockenzug des Gnnzbvten. M. ->et!U. 46

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 10, 1851, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341570_280086/369>, abgerufen am 03.05.2024.